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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

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Walter wollte nichts davon hören, aber die
Frau wollte noch reden. Sie achtete sein abwehrendes
Zeichen nicht.

"Nein, Herr van Asten, von dieser grade ist's
ausverschämt. Sie hat dazumal hinten im Stübchen
auf dem Hofe gewohnt, das ihr der gnädige Herr
chambregarnirt hatte. Gott weiß, was er für einen
Narren an ihr gefressen. Sie ließen zwar mal
fallen, das Mädchen hätte Ihnen das Leben gerettet.
Na, was das sein wird, kennt man schon. Ein
paar Ritze hat sie allerdings an der Schulter.
I Gott, solche Mädchen lassen sich auch nicht gleich
für Einen todtstechen. Ich kenne sie ja. Ist's nicht
der, so ist's ein Anderer."

Waltern durchzückte eine Erinnerung. Erst später
hatte er den Zusammenhang der Geschichte gehört.
Da war es, wo Louis Adelheid zuerst gesehen! Mit
einem Seufzer, den die Frau nicht hören sollte,
warf er sich auf das Kanape. Die gute Frau hatte
ihn aber doch gehört.

"Sie haben schon Recht, über solche Undank¬
barkeit muß man seufzen. Er hatte sie von Kopf
bis Fuß gekleidet. Sie hatte ja keinen ganzen
Strumpf auf dem Leibe, als sie aus dem Prison
kam. Und dann, wie's nu genug war, hat er ihr
Geld auf den Weg mitgegeben, ich will gar nicht
sagen, wie viel, denn ich weiß es nicht; aber wenig
war's nicht, denn das Halsband von der seligen Frau
Mutter und die emaillirte Uhr gingen drum zum

16*

Walter wollte nichts davon hören, aber die
Frau wollte noch reden. Sie achtete ſein abwehrendes
Zeichen nicht.

„Nein, Herr van Aſten, von dieſer grade iſt's
ausverſchämt. Sie hat dazumal hinten im Stübchen
auf dem Hofe gewohnt, das ihr der gnädige Herr
chambregarnirt hatte. Gott weiß, was er für einen
Narren an ihr gefreſſen. Sie ließen zwar mal
fallen, das Mädchen hätte Ihnen das Leben gerettet.
Na, was das ſein wird, kennt man ſchon. Ein
paar Ritze hat ſie allerdings an der Schulter.
I Gott, ſolche Mädchen laſſen ſich auch nicht gleich
für Einen todtſtechen. Ich kenne ſie ja. Iſt's nicht
der, ſo iſt's ein Anderer.“

Waltern durchzückte eine Erinnerung. Erſt ſpäter
hatte er den Zuſammenhang der Geſchichte gehört.
Da war es, wo Louis Adelheid zuerſt geſehen! Mit
einem Seufzer, den die Frau nicht hören ſollte,
warf er ſich auf das Kanapé. Die gute Frau hatte
ihn aber doch gehört.

„Sie haben ſchon Recht, über ſolche Undank¬
barkeit muß man ſeufzen. Er hatte ſie von Kopf
bis Fuß gekleidet. Sie hatte ja keinen ganzen
Strumpf auf dem Leibe, als ſie aus dem Priſon
kam. Und dann, wie's nu genug war, hat er ihr
Geld auf den Weg mitgegeben, ich will gar nicht
ſagen, wie viel, denn ich weiß es nicht; aber wenig
war's nicht, denn das Halsband von der ſeligen Frau
Mutter und die emaillirte Uhr gingen drum zum

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[243/0253] Walter wollte nichts davon hören, aber die Frau wollte noch reden. Sie achtete ſein abwehrendes Zeichen nicht. „Nein, Herr van Aſten, von dieſer grade iſt's ausverſchämt. Sie hat dazumal hinten im Stübchen auf dem Hofe gewohnt, das ihr der gnädige Herr chambregarnirt hatte. Gott weiß, was er für einen Narren an ihr gefreſſen. Sie ließen zwar mal fallen, das Mädchen hätte Ihnen das Leben gerettet. Na, was das ſein wird, kennt man ſchon. Ein paar Ritze hat ſie allerdings an der Schulter. I Gott, ſolche Mädchen laſſen ſich auch nicht gleich für Einen todtſtechen. Ich kenne ſie ja. Iſt's nicht der, ſo iſt's ein Anderer.“ Waltern durchzückte eine Erinnerung. Erſt ſpäter hatte er den Zuſammenhang der Geſchichte gehört. Da war es, wo Louis Adelheid zuerſt geſehen! Mit einem Seufzer, den die Frau nicht hören ſollte, warf er ſich auf das Kanapé. Die gute Frau hatte ihn aber doch gehört. „Sie haben ſchon Recht, über ſolche Undank¬ barkeit muß man ſeufzen. Er hatte ſie von Kopf bis Fuß gekleidet. Sie hatte ja keinen ganzen Strumpf auf dem Leibe, als ſie aus dem Priſon kam. Und dann, wie's nu genug war, hat er ihr Geld auf den Weg mitgegeben, ich will gar nicht ſagen, wie viel, denn ich weiß es nicht; aber wenig war's nicht, denn das Halsband von der ſeligen Frau Mutter und die emaillirte Uhr gingen drum zum 16*

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/253>, abgerufen am 22.11.2024.