"Weil der unverschämte Mensch forderte, er solle Lombard für etwas belohnen, wofür --"
"Sie und ich ihm einen andern Lohn gönnen, fiel der Gesandte ein. Indessen hatte Lombard nichts gethan, als was Seine Majestät billigen mußten, er hatte Haugwitz während dessen Abwesenheit ver¬ theidigt, das heißt, den Vertrag, den der König selbst ratificirt hat."
"Die Patrioten hätten Lombard in Stücke zerrissen, wenn man ihn noch decorirte und be¬ schenkte."
"Seine Majestät hörten auf die Stimme des Volkes, aber auch auf die Ausfälle des Moniteur. Um Napoleon zu genügen, hat man den Baron Hardenberg entlassen."
"Kämmerchen vermiethen," warf der Minister hin.
"Excellenz, nichts desto weniger muß ich Ihnen bekennen, daß mein Cabinet grade dies am wenigsten versteht. Und wenn mein Cabinet, das englische Volk begreift es nicht."
"Giebt die Diplomatie niemals mit der einen Hand, um mit der andern, zu nehmen?"
"Nicht in Krisen, wo man nicht weiß, ob man noch Zeit hat, den ausgestreckten Arm zurück¬ zuziehen."
Der Minister, der eine Weile vor sich hinge¬ blickt, zückte mit den Achseln: "Und doch irren Sie, Mylord, die Uhren auf dem Continent gehen lang¬ sam. Die Stunde ist noch nicht so weit vorgerückt."
„Weil der unverſchämte Menſch forderte, er ſolle Lombard für etwas belohnen, wofür —“
„Sie und ich ihm einen andern Lohn gönnen, fiel der Geſandte ein. Indeſſen hatte Lombard nichts gethan, als was Seine Majeſtät billigen mußten, er hatte Haugwitz während deſſen Abweſenheit ver¬ theidigt, das heißt, den Vertrag, den der König ſelbſt ratificirt hat.“
„Die Patrioten hätten Lombard in Stücke zerriſſen, wenn man ihn noch decorirte und be¬ ſchenkte.“
„Seine Majeſtät hörten auf die Stimme des Volkes, aber auch auf die Ausfälle des Moniteur. Um Napoleon zu genügen, hat man den Baron Hardenberg entlaſſen.“
„Kämmerchen vermiethen,“ warf der Miniſter hin.
„Excellenz, nichts deſto weniger muß ich Ihnen bekennen, daß mein Cabinet grade dies am wenigſten verſteht. Und wenn mein Cabinet, das engliſche Volk begreift es nicht.“
„Giebt die Diplomatie niemals mit der einen Hand, um mit der andern, zu nehmen?“
„Nicht in Kriſen, wo man nicht weiß, ob man noch Zeit hat, den ausgeſtreckten Arm zurück¬ zuziehen.“
Der Miniſter, der eine Weile vor ſich hinge¬ blickt, zückte mit den Achſeln: „Und doch irren Sie, Mylord, die Uhren auf dem Continent gehen lang¬ ſam. Die Stunde iſt noch nicht ſo weit vorgerückt.“
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„Weil der unverſchämte Menſch forderte, er
ſolle Lombard für etwas belohnen, wofür —“
„Sie und ich ihm einen andern Lohn gönnen,
fiel der Geſandte ein. Indeſſen hatte Lombard nichts
gethan, als was Seine Majeſtät billigen mußten, er
hatte Haugwitz während deſſen Abweſenheit ver¬
theidigt, das heißt, den Vertrag, den der König
ſelbſt ratificirt hat.“
„Die Patrioten hätten Lombard in Stücke
zerriſſen, wenn man ihn noch decorirte und be¬
ſchenkte.“
„Seine Majeſtät hörten auf die Stimme des
Volkes, aber auch auf die Ausfälle des Moniteur.
Um Napoleon zu genügen, hat man den Baron
Hardenberg entlaſſen.“
„Kämmerchen vermiethen,“ warf der Miniſter hin.
„Excellenz, nichts deſto weniger muß ich Ihnen
bekennen, daß mein Cabinet grade dies am wenigſten
verſteht. Und wenn mein Cabinet, das engliſche
Volk begreift es nicht.“
„Giebt die Diplomatie niemals mit der einen
Hand, um mit der andern, zu nehmen?“
„Nicht in Kriſen, wo man nicht weiß, ob
man noch Zeit hat, den ausgeſtreckten Arm zurück¬
zuziehen.“
Der Miniſter, der eine Weile vor ſich hinge¬
blickt, zückte mit den Achſeln: „Und doch irren Sie,
Mylord, die Uhren auf dem Continent gehen lang¬
ſam. Die Stunde iſt noch nicht ſo weit vorgerückt.“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/183>, abgerufen am 16.02.2025.
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