entgegnete die Eitelbach? Als wie eine Komödie, wo jeder anders aussieht und anders spricht als ihm zu Muth ist. Uns werfen sie vor, daß wir uns putzen und schnüren und auflegen und ausstopfen -- Ihr Herren mögt immer laut lachen, ich seh's doch, wie Ihr's innerlich thut. Das genirt mich gar nicht, denn die Männer spielen mehr Komödie als wir. Ach Gott, wenn sie sich präpariren, liebenswürdig zu scheinen, um Einer die Cour zu machen, wo sie's gar nicht so meinen. Und wenn Einer vornehm thut, als hätte er eine Elle verschluckt, oder gelehrt redet, als wär's ein Buch, da möchte ich ihn immer fragen: warum quälst du dich denn? Wenn du 'raus bist, stöhnst du doch auf und schlenkerst mit den Armen, als wenn du den engen Rock aufreißen wolltest, und denkst: Gott sei Dank, daß es aus ist. Warum hast du denn angefangen, warum bist du nicht gekommen, wie du bist, und hast gesprochen, wie dir der Schnabel gewachsen ist."
Der Baron Eitelbach rieb sich vergnügt die Hände: "Was sagen Sie zu meiner Frau, Frau Staatsräthin?"
"Sie wird doch Ausnahmen machen. Sie ist nicht so grausam, uns alle zu verdammen."
"Da ist Einer wie der Andre. Jetzt merk ich's nur erst, aber ich habe es längst gewußt."
"Ihren Herrn Gemahl werden Sie wenigstens ausnehmen?"
Die Baronin schien sich zu besinnen, indem sie
8 *
entgegnete die Eitelbach? Als wie eine Komödie, wo jeder anders ausſieht und anders ſpricht als ihm zu Muth iſt. Uns werfen ſie vor, daß wir uns putzen und ſchnüren und auflegen und ausſtopfen — Ihr Herren mögt immer laut lachen, ich ſeh's doch, wie Ihr's innerlich thut. Das genirt mich gar nicht, denn die Männer ſpielen mehr Komödie als wir. Ach Gott, wenn ſie ſich präpariren, liebenswürdig zu ſcheinen, um Einer die Cour zu machen, wo ſie's gar nicht ſo meinen. Und wenn Einer vornehm thut, als hätte er eine Elle verſchluckt, oder gelehrt redet, als wär's ein Buch, da möchte ich ihn immer fragen: warum quälſt du dich denn? Wenn du 'raus biſt, ſtöhnſt du doch auf und ſchlenkerſt mit den Armen, als wenn du den engen Rock aufreißen wollteſt, und denkſt: Gott ſei Dank, daß es aus iſt. Warum haſt du denn angefangen, warum biſt du nicht gekommen, wie du biſt, und haſt geſprochen, wie dir der Schnabel gewachſen iſt.“
Der Baron Eitelbach rieb ſich vergnügt die Hände: „Was ſagen Sie zu meiner Frau, Frau Staatsräthin?“
„Sie wird doch Ausnahmen machen. Sie iſt nicht ſo grauſam, uns alle zu verdammen.“
„Da iſt Einer wie der Andre. Jetzt merk ich's nur erſt, aber ich habe es längſt gewußt.“
„Ihren Herrn Gemahl werden Sie wenigſtens ausnehmen?“
Die Baronin ſchien ſich zu beſinnen, indem ſie
8 *
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0125"n="115"/>
entgegnete die Eitelbach? Als wie eine Komödie, wo<lb/>
jeder anders ausſieht und anders ſpricht als ihm zu<lb/>
Muth iſt. <hirendition="#g">Uns</hi> werfen ſie vor, daß wir uns putzen<lb/>
und ſchnüren und auflegen und ausſtopfen — Ihr<lb/>
Herren mögt immer laut lachen, ich ſeh's doch, wie<lb/>
Ihr's innerlich thut. Das genirt mich gar nicht,<lb/>
denn die Männer ſpielen mehr Komödie als wir.<lb/>
Ach Gott, wenn ſie ſich präpariren, liebenswürdig zu<lb/>ſcheinen, um Einer die Cour zu machen, wo ſie's<lb/>
gar nicht ſo meinen. Und wenn Einer vornehm thut,<lb/>
als hätte er eine Elle verſchluckt, oder gelehrt redet,<lb/>
als wär's ein Buch, da möchte ich ihn immer fragen:<lb/>
warum quälſt du dich denn? Wenn du 'raus biſt,<lb/>ſtöhnſt du doch auf und ſchlenkerſt mit den Armen,<lb/>
als wenn du den engen Rock aufreißen wollteſt, und<lb/>
denkſt: Gott ſei Dank, daß es aus iſt. Warum haſt<lb/>
du denn angefangen, warum biſt du nicht gekommen,<lb/>
wie du biſt, und haſt geſprochen, wie dir der Schnabel<lb/>
gewachſen iſt.“</p><lb/><p>Der Baron Eitelbach rieb ſich vergnügt die<lb/>
Hände: „Was ſagen Sie zu meiner Frau, Frau<lb/>
Staatsräthin?“</p><lb/><p>„Sie wird doch Ausnahmen machen. Sie iſt<lb/>
nicht ſo grauſam, uns alle zu verdammen.“</p><lb/><p>„Da iſt Einer wie der Andre. Jetzt merk ich's<lb/>
nur erſt, aber ich habe es längſt gewußt.“</p><lb/><p>„Ihren Herrn Gemahl werden Sie wenigſtens<lb/>
ausnehmen?“</p><lb/><p>Die Baronin ſchien ſich zu beſinnen, indem ſie<lb/><fwplace="bottom"type="sig">8 *<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[115/0125]
entgegnete die Eitelbach? Als wie eine Komödie, wo
jeder anders ausſieht und anders ſpricht als ihm zu
Muth iſt. Uns werfen ſie vor, daß wir uns putzen
und ſchnüren und auflegen und ausſtopfen — Ihr
Herren mögt immer laut lachen, ich ſeh's doch, wie
Ihr's innerlich thut. Das genirt mich gar nicht,
denn die Männer ſpielen mehr Komödie als wir.
Ach Gott, wenn ſie ſich präpariren, liebenswürdig zu
ſcheinen, um Einer die Cour zu machen, wo ſie's
gar nicht ſo meinen. Und wenn Einer vornehm thut,
als hätte er eine Elle verſchluckt, oder gelehrt redet,
als wär's ein Buch, da möchte ich ihn immer fragen:
warum quälſt du dich denn? Wenn du 'raus biſt,
ſtöhnſt du doch auf und ſchlenkerſt mit den Armen,
als wenn du den engen Rock aufreißen wollteſt, und
denkſt: Gott ſei Dank, daß es aus iſt. Warum haſt
du denn angefangen, warum biſt du nicht gekommen,
wie du biſt, und haſt geſprochen, wie dir der Schnabel
gewachſen iſt.“
Der Baron Eitelbach rieb ſich vergnügt die
Hände: „Was ſagen Sie zu meiner Frau, Frau
Staatsräthin?“
„Sie wird doch Ausnahmen machen. Sie iſt
nicht ſo grauſam, uns alle zu verdammen.“
„Da iſt Einer wie der Andre. Jetzt merk ich's
nur erſt, aber ich habe es längſt gewußt.“
„Ihren Herrn Gemahl werden Sie wenigſtens
ausnehmen?“
Die Baronin ſchien ſich zu beſinnen, indem ſie
8 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/125>, abgerufen am 05.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.