Es ist keine unedle Natur, meine ich, fuhr die Lu¬ pinus nach einer Pause fort, die den Drang in sich fühlt, sich selbst einem verehrten Mann zum Opfer zu bringen. Aber das Mädchen ist krank. Das ist die Krankheit der Resignation. Ja wir, in unseren Jahren, -- aber wenn junge Mädchen die Blüthe ihrer Empfindung auf dem Altar der Pflicht -- Was lachen Sie so häßlich?"
"Daß Sie ein armes junges Mädchen anklagen um die Krankheit, welche Theologen, Dichter, Philo¬ sophen, um die Wette unserm Geschlecht einimpften! Um das Siechthum unsrer Staaten, unsrer Bildung, daß wir aus uns hinaus uns denken, schwärmen, speculiren, statt zu rechnen. Dies Infusorium des Universums will mit dem bischen Kraft, Talent, das die Natur in seine Wiege als Pathengeschenk legte, den Sternenlauf reguliren, statt für sich selbst zu sorgen, da wo sein höchstes Ziel nur sein kann, sich erträglich und behaglich über dem Strom zu erhalten, der es täglich zu verschlingen droht. Welcher Hoch¬ muth in dieser Tugend, eine Welt um sich beglücken zu wollen, um stolz dann sich selbst die Märtyrkrone aufzudrücken!"
"Das kann doch nicht ganz Ihre Ansicht sein?"
"Erst sich selbst -- Ich verstehe natürlich darunter, daß zwei, die sich verstehen, sich als eine Einheit betrachten. Wer sie errungen hat, die Höhe, die er erreichen kann, ja dann, meine Freundin, dann mag er ein Gott sein, der goldnen Regen um sich sprenkelt,
Es iſt keine unedle Natur, meine ich, fuhr die Lu¬ pinus nach einer Pauſe fort, die den Drang in ſich fühlt, ſich ſelbſt einem verehrten Mann zum Opfer zu bringen. Aber das Mädchen iſt krank. Das iſt die Krankheit der Reſignation. Ja wir, in unſeren Jahren, — aber wenn junge Mädchen die Blüthe ihrer Empfindung auf dem Altar der Pflicht — Was lachen Sie ſo häßlich?“
„Daß Sie ein armes junges Mädchen anklagen um die Krankheit, welche Theologen, Dichter, Philo¬ ſophen, um die Wette unſerm Geſchlecht einimpften! Um das Siechthum unſrer Staaten, unſrer Bildung, daß wir aus uns hinaus uns denken, ſchwärmen, ſpeculiren, ſtatt zu rechnen. Dies Infuſorium des Univerſums will mit dem bischen Kraft, Talent, das die Natur in ſeine Wiege als Pathengeſchenk legte, den Sternenlauf reguliren, ſtatt für ſich ſelbſt zu ſorgen, da wo ſein höchſtes Ziel nur ſein kann, ſich erträglich und behaglich über dem Strom zu erhalten, der es täglich zu verſchlingen droht. Welcher Hoch¬ muth in dieſer Tugend, eine Welt um ſich beglücken zu wollen, um ſtolz dann ſich ſelbſt die Märtyrkrone aufzudrücken!“
„Das kann doch nicht ganz Ihre Anſicht ſein?“
„Erſt ſich ſelbſt — Ich verſtehe natürlich darunter, daß zwei, die ſich verſtehen, ſich als eine Einheit betrachten. Wer ſie errungen hat, die Höhe, die er erreichen kann, ja dann, meine Freundin, dann mag er ein Gott ſein, der goldnen Regen um ſich ſprenkelt,
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Es iſt keine unedle Natur, meine ich, fuhr die Lu¬
pinus nach einer Pauſe fort, die den Drang in ſich
fühlt, ſich ſelbſt einem verehrten Mann zum Opfer
zu bringen. Aber das Mädchen iſt krank. Das iſt
die Krankheit der Reſignation. Ja wir, in unſeren
Jahren, — aber wenn junge Mädchen die Blüthe
ihrer Empfindung auf dem Altar der Pflicht — Was
lachen Sie ſo häßlich?“
„Daß Sie ein armes junges Mädchen anklagen
um die Krankheit, welche Theologen, Dichter, Philo¬
ſophen, um die Wette unſerm Geſchlecht einimpften!
Um das Siechthum unſrer Staaten, unſrer Bildung,
daß wir aus uns hinaus uns denken, ſchwärmen,
ſpeculiren, ſtatt zu rechnen. Dies Infuſorium des
Univerſums will mit dem bischen Kraft, Talent, das
die Natur in ſeine Wiege als Pathengeſchenk legte,
den Sternenlauf reguliren, ſtatt für ſich ſelbſt zu
ſorgen, da wo ſein höchſtes Ziel nur ſein kann, ſich
erträglich und behaglich über dem Strom zu erhalten,
der es täglich zu verſchlingen droht. Welcher Hoch¬
muth in dieſer Tugend, eine Welt um ſich beglücken
zu wollen, um ſtolz dann ſich ſelbſt die Märtyrkrone
aufzudrücken!“
„Das kann doch nicht ganz Ihre Anſicht ſein?“
„Erſt ſich ſelbſt — Ich verſtehe natürlich darunter,
daß zwei, die ſich verſtehen, ſich als eine Einheit
betrachten. Wer ſie errungen hat, die Höhe, die er
erreichen kann, ja dann, meine Freundin, dann mag
er ein Gott ſein, der goldnen Regen um ſich ſprenkelt,
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/54>, abgerufen am 08.07.2024.
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