unser Neuigkeitsbote hat seinen Sack noch nicht aus¬ geschüttet. Was sagt die Falte auf Ihrer Stirn?"
Der Legationsrath zuckte die Achseln: "Ich weiß nicht, ob ich die frohe Stimmung hier stören darf."
Eine Anforderung zum in ihn dringen.
"Die Oesterreicher sind total geschlagen. Der Courier kam schon heut Morgen an. Man hielt die Nachricht zurück, um den Jubel beim Durchmarsch der Truppen nicht zu dämpfen."
"Bei Günzburg brach er über die Donau, das war schon ehegestern bekannt, sagte Jemand. Damit ist das Schicksal der Hauptmacht nicht entschieden."
"Ich bedaure Ihnen sagen zu müssen, daß sie es ist. Bei Werdingen ward der Succurs aus Vorarlberg vernichtet, darauf Mack, gänzlich um¬ zingelt, in Ulm eingeschlossen, und nach den blutigsten Gefechten zur Capitulation gezwungen. Sechzigtau¬ send Mann fielen oder streckten die Gewehre, hun¬ dert Kanonen und ein unermeßliches Kriegsmaterial sind verloren. Es existirt keine österreichische Armee an der Donau mehr, denn auch das Corps, was der Erzherzog zurückführen wollte, ist unterweges so gut wie aufgerieben."
Eine stumme Pause folgte. Die Janitscharen¬ musik eines neu vorüberziehenden Bataillons bildete dazu einen üblen Contrast.
"Adieu Deutschland!" seufzte Fuchsius.
"Victoria! rief der Major. Das geht ans Leder. Die Haut läßt man sich nicht ruhig abziehen."
unſer Neuigkeitsbote hat ſeinen Sack noch nicht aus¬ geſchüttet. Was ſagt die Falte auf Ihrer Stirn?“
Der Legationsrath zuckte die Achſeln: „Ich weiß nicht, ob ich die frohe Stimmung hier ſtören darf.“
Eine Anforderung zum in ihn dringen.
„Die Oeſterreicher ſind total geſchlagen. Der Courier kam ſchon heut Morgen an. Man hielt die Nachricht zurück, um den Jubel beim Durchmarſch der Truppen nicht zu dämpfen.“
„Bei Günzburg brach er über die Donau, das war ſchon ehegeſtern bekannt, ſagte Jemand. Damit iſt das Schickſal der Hauptmacht nicht entſchieden.“
„Ich bedaure Ihnen ſagen zu müſſen, daß ſie es iſt. Bei Werdingen ward der Succurs aus Vorarlberg vernichtet, darauf Mack, gänzlich um¬ zingelt, in Ulm eingeſchloſſen, und nach den blutigſten Gefechten zur Capitulation gezwungen. Sechzigtau¬ ſend Mann fielen oder ſtreckten die Gewehre, hun¬ dert Kanonen und ein unermeßliches Kriegsmaterial ſind verloren. Es exiſtirt keine öſterreichiſche Armee an der Donau mehr, denn auch das Corps, was der Erzherzog zurückführen wollte, iſt unterweges ſo gut wie aufgerieben.“
Eine ſtumme Pauſe folgte. Die Janitſcharen¬ muſik eines neu vorüberziehenden Bataillons bildete dazu einen üblen Contraſt.
„Adieu Deutſchland!“ ſeufzte Fuchſius.
„Victoria! rief der Major. Das geht ans Leder. Die Haut läßt man ſich nicht ruhig abziehen.“
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unſer Neuigkeitsbote hat ſeinen Sack noch nicht aus¬
geſchüttet. Was ſagt die Falte auf Ihrer Stirn?“
Der Legationsrath zuckte die Achſeln: „Ich weiß
nicht, ob ich die frohe Stimmung hier ſtören darf.“
Eine Anforderung zum in ihn dringen.
„Die Oeſterreicher ſind total geſchlagen. Der
Courier kam ſchon heut Morgen an. Man hielt
die Nachricht zurück, um den Jubel beim Durchmarſch
der Truppen nicht zu dämpfen.“
„Bei Günzburg brach er über die Donau, das
war ſchon ehegeſtern bekannt, ſagte Jemand. Damit
iſt das Schickſal der Hauptmacht nicht entſchieden.“
„Ich bedaure Ihnen ſagen zu müſſen, daß ſie
es iſt. Bei Werdingen ward der Succurs aus
Vorarlberg vernichtet, darauf Mack, gänzlich um¬
zingelt, in Ulm eingeſchloſſen, und nach den blutigſten
Gefechten zur Capitulation gezwungen. Sechzigtau¬
ſend Mann fielen oder ſtreckten die Gewehre, hun¬
dert Kanonen und ein unermeßliches Kriegsmaterial
ſind verloren. Es exiſtirt keine öſterreichiſche Armee an
der Donau mehr, denn auch das Corps, was der
Erzherzog zurückführen wollte, iſt unterweges ſo gut
wie aufgerieben.“
Eine ſtumme Pauſe folgte. Die Janitſcharen¬
muſik eines neu vorüberziehenden Bataillons bildete
dazu einen üblen Contraſt.
„Adieu Deutſchland!“ ſeufzte Fuchſius.
„Victoria! rief der Major. Das geht ans Leder.
Die Haut läßt man ſich nicht ruhig abziehen.“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/31>, abgerufen am 08.07.2024.
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