um das Mißverständniß zu constatiren. Siegen aber in diesem Augenblick bei uns die Feuerköpfe, so ist Alles verloren; und wenn im Schrecken der Nacht ein Ministerrath gehalten wird, weiß wer, ob ein Schlaftrunkener nicht die Fackel ins Pulverfaß wirft."
"Haben Sie mir noch mehr zu sagen, mein Vater?"
"Dein Herzenswunsch ist es, und Dir verzeih ich's und den jungen Leuten und patriotischen Frauen, die keinen Blick in unsre Verhältnisse haben, und ob wir können, was wir wollen."
"Wenn der Eroberer schon mit Angst uns auf¬ marschirt in seinem Rücken erblickt!"
"So wird er Kehrt machen, wenn er uns in die Zähne sieht, meinst Du!" -- Der Geheimrath blickte sich um, wie wenn er einen Lauscher fürchtete. Mit gedämpfter Stimme sprach er: -- "Wir sind nicht gerüstet, da hast Du die Wahrheit, die man nicht aussprechen darf. Die Schulden der Rhein¬ campagne sind noch nicht ganz gedeckt, die Mobil¬ machung nach der Weichsel hat ein neues Loch in den Schatz gefressen. Wir haben kein Geld, auf keine Subsidien zu rechnen, da wir mit England blank stehen, es sieht so schlimm in unserer Kasse aus, daß Herr von Stein drauf dringt, Papier¬ geld zu machen. Wer wird das in Zahlung an¬ nehmen?"
"Die Millionen, Vater, die unser Kriegswesen jährlich -- "
um das Mißverſtändniß zu conſtatiren. Siegen aber in dieſem Augenblick bei uns die Feuerköpfe, ſo iſt Alles verloren; und wenn im Schrecken der Nacht ein Miniſterrath gehalten wird, weiß wer, ob ein Schlaftrunkener nicht die Fackel ins Pulverfaß wirft.“
„Haben Sie mir noch mehr zu ſagen, mein Vater?“
„Dein Herzenswunſch iſt es, und Dir verzeih ich's und den jungen Leuten und patriotiſchen Frauen, die keinen Blick in unſre Verhältniſſe haben, und ob wir können, was wir wollen.“
„Wenn der Eroberer ſchon mit Angſt uns auf¬ marſchirt in ſeinem Rücken erblickt!“
„So wird er Kehrt machen, wenn er uns in die Zähne ſieht, meinſt Du!“ — Der Geheimrath blickte ſich um, wie wenn er einen Lauſcher fürchtete. Mit gedämpfter Stimme ſprach er: — „Wir ſind nicht gerüſtet, da haſt Du die Wahrheit, die man nicht ausſprechen darf. Die Schulden der Rhein¬ campagne ſind noch nicht ganz gedeckt, die Mobil¬ machung nach der Weichſel hat ein neues Loch in den Schatz gefreſſen. Wir haben kein Geld, auf keine Subſidien zu rechnen, da wir mit England blank ſtehen, es ſieht ſo ſchlimm in unſerer Kaſſe aus, daß Herr von Stein drauf dringt, Papier¬ geld zu machen. Wer wird das in Zahlung an¬ nehmen?“
„Die Millionen, Vater, die unſer Kriegsweſen jährlich — “
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0342"n="332"/>
um das Mißverſtändniß zu conſtatiren. Siegen aber<lb/>
in dieſem Augenblick bei uns die Feuerköpfe, ſo iſt<lb/>
Alles verloren; und wenn im Schrecken der Nacht<lb/>
ein Miniſterrath gehalten wird, weiß wer, ob ein<lb/>
Schlaftrunkener nicht die Fackel ins Pulverfaß wirft.“</p><lb/><p>„Haben Sie mir noch mehr zu ſagen, mein<lb/>
Vater?“</p><lb/><p>„Dein Herzenswunſch iſt es, und Dir verzeih<lb/>
ich's und den jungen Leuten und patriotiſchen Frauen,<lb/>
die keinen Blick in unſre Verhältniſſe haben, und ob<lb/>
wir können, was wir wollen.“</p><lb/><p>„Wenn der Eroberer ſchon mit Angſt uns auf¬<lb/>
marſchirt in ſeinem Rücken erblickt!“</p><lb/><p>„So wird er Kehrt machen, wenn er uns in<lb/>
die Zähne ſieht, meinſt Du!“— Der Geheimrath<lb/>
blickte ſich um, wie wenn er einen Lauſcher fürchtete.<lb/>
Mit gedämpfter Stimme ſprach er: —„Wir ſind<lb/>
nicht gerüſtet, da haſt Du die Wahrheit, die man<lb/>
nicht ausſprechen darf. Die Schulden der Rhein¬<lb/>
campagne ſind noch nicht ganz gedeckt, die Mobil¬<lb/>
machung nach der Weichſel hat ein neues Loch in<lb/>
den Schatz gefreſſen. Wir haben kein Geld, auf<lb/>
keine Subſidien zu rechnen, da wir mit England<lb/>
blank ſtehen, es ſieht ſo ſchlimm in unſerer Kaſſe<lb/>
aus, daß Herr von Stein drauf dringt, Papier¬<lb/>
geld zu machen. Wer wird das in Zahlung an¬<lb/>
nehmen?“</p><lb/><p>„Die Millionen, Vater, die unſer Kriegsweſen<lb/>
jährlich —“</p><lb/></div></body></text></TEI>
[332/0342]
um das Mißverſtändniß zu conſtatiren. Siegen aber
in dieſem Augenblick bei uns die Feuerköpfe, ſo iſt
Alles verloren; und wenn im Schrecken der Nacht
ein Miniſterrath gehalten wird, weiß wer, ob ein
Schlaftrunkener nicht die Fackel ins Pulverfaß wirft.“
„Haben Sie mir noch mehr zu ſagen, mein
Vater?“
„Dein Herzenswunſch iſt es, und Dir verzeih
ich's und den jungen Leuten und patriotiſchen Frauen,
die keinen Blick in unſre Verhältniſſe haben, und ob
wir können, was wir wollen.“
„Wenn der Eroberer ſchon mit Angſt uns auf¬
marſchirt in ſeinem Rücken erblickt!“
„So wird er Kehrt machen, wenn er uns in
die Zähne ſieht, meinſt Du!“ — Der Geheimrath
blickte ſich um, wie wenn er einen Lauſcher fürchtete.
Mit gedämpfter Stimme ſprach er: — „Wir ſind
nicht gerüſtet, da haſt Du die Wahrheit, die man
nicht ausſprechen darf. Die Schulden der Rhein¬
campagne ſind noch nicht ganz gedeckt, die Mobil¬
machung nach der Weichſel hat ein neues Loch in
den Schatz gefreſſen. Wir haben kein Geld, auf
keine Subſidien zu rechnen, da wir mit England
blank ſtehen, es ſieht ſo ſchlimm in unſerer Kaſſe
aus, daß Herr von Stein drauf dringt, Papier¬
geld zu machen. Wer wird das in Zahlung an¬
nehmen?“
„Die Millionen, Vater, die unſer Kriegsweſen
jährlich — “
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/342>, abgerufen am 12.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.