habe Alles zwischen uns vergessen und rede wie zu einem, der mir gleich ist. Dieser Courier bringt uns nichts Neues. Verstehe mich wohl, wir sahen, was jetzt geschehen ist, seit Wochen voraus. Es konnte nicht anders kommen. Seit acht Tagen er¬ warteten wir jede Stunde, daß es geschehen wird. Wir waren darum nicht müßig. Der weise Vorschlag, daß unser Staat, was er nicht ändern konnte, frei¬ willig zugebe, die Erlaubniß des Durchmarsches für alle kriegführenden Mächte, scheiterte leider. Wir sannen auf anders. Ehe das Auskunftsmittel ge¬ funden ward, ist das Uebel eingetreten --"
"Das zum Himmel schreit."
"Die Diplomatie hat Mittel, die Schreier stumm zu machen. Nur weil die Hitzigen hier das Ober¬ wasser hatten, ward die Ausgleichung verspätet. Wir haben noch nichts an unsrer Ehre verloren, wenn Bernadottes Einbruch von Napoleon als ein Mi߬ verständniß desavouirt wird. An der Bereitwilligkeit dazu wird es ihm nicht fehlen, denn mit dem Siege an der Oberdonau hat er weder Oestreich noch Ru߬ land vernichtet. Es kann ihm nicht gleichgültig sein, wenn Preußen mit seiner ganzen Kriegsmacht hinter den Verbündeten grollend ihm im Rücken steht. Ja, wir wissen, er wird Alles thun, dem bösen Schritt einen guten Schein zu geben. Laforest erwartet schon einen außerordentlichen Gesandten. Napoleon opfert auch Bernadotte, wenn es sein muß. Nur muß er wissen, daß wir bereit sind, auch die Hand zu reichen,
habe Alles zwiſchen uns vergeſſen und rede wie zu einem, der mir gleich iſt. Dieſer Courier bringt uns nichts Neues. Verſtehe mich wohl, wir ſahen, was jetzt geſchehen iſt, ſeit Wochen voraus. Es konnte nicht anders kommen. Seit acht Tagen er¬ warteten wir jede Stunde, daß es geſchehen wird. Wir waren darum nicht müßig. Der weiſe Vorſchlag, daß unſer Staat, was er nicht ändern konnte, frei¬ willig zugebe, die Erlaubniß des Durchmarſches für alle kriegführenden Mächte, ſcheiterte leider. Wir ſannen auf anders. Ehe das Auskunftsmittel ge¬ funden ward, iſt das Uebel eingetreten —“
„Das zum Himmel ſchreit.“
„Die Diplomatie hat Mittel, die Schreier ſtumm zu machen. Nur weil die Hitzigen hier das Ober¬ waſſer hatten, ward die Ausgleichung verſpätet. Wir haben noch nichts an unſrer Ehre verloren, wenn Bernadottes Einbruch von Napoleon als ein Mi߬ verſtändniß desavouirt wird. An der Bereitwilligkeit dazu wird es ihm nicht fehlen, denn mit dem Siege an der Oberdonau hat er weder Oeſtreich noch Ru߬ land vernichtet. Es kann ihm nicht gleichgültig ſein, wenn Preußen mit ſeiner ganzen Kriegsmacht hinter den Verbündeten grollend ihm im Rücken ſteht. Ja, wir wiſſen, er wird Alles thun, dem böſen Schritt einen guten Schein zu geben. Laforeſt erwartet ſchon einen außerordentlichen Geſandten. Napoleon opfert auch Bernadotte, wenn es ſein muß. Nur muß er wiſſen, daß wir bereit ſind, auch die Hand zu reichen,
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habe Alles zwiſchen uns vergeſſen und rede wie zu
einem, der mir gleich iſt. Dieſer Courier bringt
uns nichts Neues. Verſtehe mich wohl, wir ſahen,
was jetzt geſchehen iſt, ſeit Wochen voraus. Es
konnte nicht anders kommen. Seit acht Tagen er¬
warteten wir jede Stunde, daß es geſchehen wird.
Wir waren darum nicht müßig. Der weiſe Vorſchlag,
daß unſer Staat, was er nicht ändern konnte, frei¬
willig zugebe, die Erlaubniß des Durchmarſches für
alle kriegführenden Mächte, ſcheiterte leider. Wir
ſannen auf anders. Ehe das Auskunftsmittel ge¬
funden ward, iſt das Uebel eingetreten —“
„Das zum Himmel ſchreit.“
„Die Diplomatie hat Mittel, die Schreier ſtumm
zu machen. Nur weil die Hitzigen hier das Ober¬
waſſer hatten, ward die Ausgleichung verſpätet. Wir
haben noch nichts an unſrer Ehre verloren, wenn
Bernadottes Einbruch von Napoleon als ein Mi߬
verſtändniß desavouirt wird. An der Bereitwilligkeit
dazu wird es ihm nicht fehlen, denn mit dem Siege
an der Oberdonau hat er weder Oeſtreich noch Ru߬
land vernichtet. Es kann ihm nicht gleichgültig ſein,
wenn Preußen mit ſeiner ganzen Kriegsmacht hinter
den Verbündeten grollend ihm im Rücken ſteht. Ja,
wir wiſſen, er wird Alles thun, dem böſen Schritt
einen guten Schein zu geben. Laforeſt erwartet ſchon
einen außerordentlichen Geſandten. Napoleon opfert
auch Bernadotte, wenn es ſein muß. Nur muß er
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/341>, abgerufen am 05.12.2024.
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