Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

auf Verdienste meiner Vorfahren, die mir abgehen,
aber ich darf mit Ruhm sagen, daß seine Confituren
am Hofe des nachmaligen König Friedrich im besten
Renommee standen. Sonst wäre er auch nicht auf
kurfürstliche Durchlaucht Befehl mit nach Königsberg
beordert worden."

"Er ward mit zur Krönung befohlen!"

"Und mit zur Tafel gezogen?" fragte der Arrestat.

"Allerdings. Die große Pastete an der Krönungs¬
tafel war sein Werk. Sie nimmt in der Geschichte
keinen unrühmlichen Platz ein. Wir besitzen in der
Familie eine Abbildung davon. Wenn es den Herren
gefällig wäre, sie zu sehen, stehe ich immer zu
Diensten."

"Und in die Pastete hat Ihr Urgroßvater seinen
Adel eingebacken?"

"Wie Sie's nehmen wollen, Herr Capitain. Als
sie aufgeschnitten ward, kam der bekannte Zwerg
heraus. Mein Ahnherr ward gerufen, mit Lob über¬
schüttet. Ihre Majestät, die geistreiche Königin So¬
phie Charlotte setzte ihm eigenhändig einen kleinen
Lorbeerkranz auf. Leibnitz erwähnt seiner und der
Pastete in einer Epistel; Gundling schrieb später eine
Abhandlung darüber, auch Morgenstern."

"Und für diese Verdienste --"

"Ward er persönlich von der Perrückensteuer
befreit."

"Man muß gestehen, Ihre Familie hat eine
historische Entree in unserm Staat gemacht."

14 *

auf Verdienſte meiner Vorfahren, die mir abgehen,
aber ich darf mit Ruhm ſagen, daß ſeine Confituren
am Hofe des nachmaligen König Friedrich im beſten
Renommee ſtanden. Sonſt wäre er auch nicht auf
kurfürſtliche Durchlaucht Befehl mit nach Königsberg
beordert worden.“

„Er ward mit zur Krönung befohlen!“

„Und mit zur Tafel gezogen?“ fragte der Arreſtat.

„Allerdings. Die große Paſtete an der Krönungs¬
tafel war ſein Werk. Sie nimmt in der Geſchichte
keinen unrühmlichen Platz ein. Wir beſitzen in der
Familie eine Abbildung davon. Wenn es den Herren
gefällig wäre, ſie zu ſehen, ſtehe ich immer zu
Dienſten.“

„Und in die Paſtete hat Ihr Urgroßvater ſeinen
Adel eingebacken?“

„Wie Sie's nehmen wollen, Herr Capitain. Als
ſie aufgeſchnitten ward, kam der bekannte Zwerg
heraus. Mein Ahnherr ward gerufen, mit Lob über¬
ſchüttet. Ihre Majeſtät, die geiſtreiche Königin So¬
phie Charlotte ſetzte ihm eigenhändig einen kleinen
Lorbeerkranz auf. Leibnitz erwähnt ſeiner und der
Paſtete in einer Epiſtel; Gundling ſchrieb ſpäter eine
Abhandlung darüber, auch Morgenſtern.“

„Und für dieſe Verdienſte —“

„Ward er perſönlich von der Perrückenſteuer
befreit.“

„Man muß geſtehen, Ihre Familie hat eine
hiſtoriſche Entrée in unſerm Staat gemacht.“

14 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0221" n="211"/>
auf Verdien&#x017F;te meiner Vorfahren, die mir abgehen,<lb/>
aber ich darf mit Ruhm &#x017F;agen, daß &#x017F;eine Confituren<lb/>
am Hofe des nachmaligen König Friedrich im be&#x017F;ten<lb/>
Renommee &#x017F;tanden. Son&#x017F;t wäre er auch nicht auf<lb/>
kurfür&#x017F;tliche Durchlaucht Befehl mit nach Königsberg<lb/>
beordert worden.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er ward mit zur Krönung befohlen!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und mit zur Tafel gezogen?&#x201C; fragte der Arre&#x017F;tat.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Allerdings. Die große Pa&#x017F;tete an der Krönungs¬<lb/>
tafel war &#x017F;ein Werk. Sie nimmt in der Ge&#x017F;chichte<lb/>
keinen unrühmlichen Platz ein. Wir be&#x017F;itzen in der<lb/>
Familie eine Abbildung davon. Wenn es den Herren<lb/>
gefällig wäre, &#x017F;ie zu &#x017F;ehen, &#x017F;tehe ich immer zu<lb/>
Dien&#x017F;ten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und in die Pa&#x017F;tete hat Ihr Urgroßvater &#x017F;einen<lb/>
Adel eingebacken?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wie Sie's nehmen wollen, Herr Capitain. Als<lb/>
&#x017F;ie aufge&#x017F;chnitten ward, kam der bekannte Zwerg<lb/>
heraus. Mein Ahnherr ward gerufen, mit Lob über¬<lb/>
&#x017F;chüttet. Ihre Maje&#x017F;tät, die gei&#x017F;treiche Königin So¬<lb/>
phie Charlotte &#x017F;etzte ihm eigenhändig einen kleinen<lb/>
Lorbeerkranz auf. Leibnitz erwähnt &#x017F;einer und der<lb/>
Pa&#x017F;tete in einer Epi&#x017F;tel; Gundling &#x017F;chrieb &#x017F;päter eine<lb/>
Abhandlung darüber, auch Morgen&#x017F;tern.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und für die&#x017F;e Verdien&#x017F;te &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ward er per&#x017F;önlich von der Perrücken&#x017F;teuer<lb/>
befreit.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Man muß ge&#x017F;tehen, Ihre Familie hat eine<lb/>
hi&#x017F;tori&#x017F;che Entr<hi rendition="#aq">é</hi>e in un&#x017F;erm Staat gemacht.&#x201C;</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">14 *<lb/></fw>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[211/0221] auf Verdienſte meiner Vorfahren, die mir abgehen, aber ich darf mit Ruhm ſagen, daß ſeine Confituren am Hofe des nachmaligen König Friedrich im beſten Renommee ſtanden. Sonſt wäre er auch nicht auf kurfürſtliche Durchlaucht Befehl mit nach Königsberg beordert worden.“ „Er ward mit zur Krönung befohlen!“ „Und mit zur Tafel gezogen?“ fragte der Arreſtat. „Allerdings. Die große Paſtete an der Krönungs¬ tafel war ſein Werk. Sie nimmt in der Geſchichte keinen unrühmlichen Platz ein. Wir beſitzen in der Familie eine Abbildung davon. Wenn es den Herren gefällig wäre, ſie zu ſehen, ſtehe ich immer zu Dienſten.“ „Und in die Paſtete hat Ihr Urgroßvater ſeinen Adel eingebacken?“ „Wie Sie's nehmen wollen, Herr Capitain. Als ſie aufgeſchnitten ward, kam der bekannte Zwerg heraus. Mein Ahnherr ward gerufen, mit Lob über¬ ſchüttet. Ihre Majeſtät, die geiſtreiche Königin So¬ phie Charlotte ſetzte ihm eigenhändig einen kleinen Lorbeerkranz auf. Leibnitz erwähnt ſeiner und der Paſtete in einer Epiſtel; Gundling ſchrieb ſpäter eine Abhandlung darüber, auch Morgenſtern.“ „Und für dieſe Verdienſte —“ „Ward er perſönlich von der Perrückenſteuer befreit.“ „Man muß geſtehen, Ihre Familie hat eine hiſtoriſche Entrée in unſerm Staat gemacht.“ 14 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/221
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/221>, abgerufen am 30.11.2024.