Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Hydra der Revolution niedergetreten hatte. Da sollten
wir andern mit ihnen hüpfen und springen vor Ent¬
zücken, denn sie sagten uns, er wäre ein Messias
der neuen Weltordnung. Sehn Sie mal, wir thaten
das nun nicht, denn wir entsannen uns, daß dieselben
spring- und hüpflustigen jungen und alten Herren
ein Zehn Jahr vorher ebenso gesprungen und gesun¬
gen hatten, als diese Hydra in Paris den Kopf erhob,
und sie hatten damals auch darin einen neuen Messias
und Weltbeglücker, und wer weiß was, entdeckt. Wir
sprangen nicht, weil wir mit König Salomo wissen,
es giebt nichts Neues unter der Sonne, aber wir
ließen sie springen, weil wir wußten, sie werden
schon müde werden. -- Es ist mancher müde geworden,
mehr als müde. Da ich nun nicht in Verzückungen
gerathen bin, nicht damals bei der ersten, und nicht
damals bei der zweiten Menschenbeglückung, warum
soll ich denn jetzt in Ravissements des Zorns oder
Patriotismus gerathen, weil diese selben Herren in
ihrem Götzen nun plötzlich das Thier der Apokalypse
entdeckt haben! Was kümmert mich Hannover. Im
siebenjährigen Kriege waren die französischen Mar¬
schälle oft darin und brandschatzten, aber gerade nur
so lange, als der große Friedrich besseres zu thun
hatte. Und wenn sie's ihm zu arg machten und er
verdrießlich wurde, schickte er seinen Seydlitz oder
einen Braunschweiger hinüber, und ließ sie wieder
fortjagen."

"Es sind andere Zeiten. Wir haben keinen

Hydra der Revolution niedergetreten hatte. Da ſollten
wir andern mit ihnen hüpfen und ſpringen vor Ent¬
zücken, denn ſie ſagten uns, er wäre ein Meſſias
der neuen Weltordnung. Sehn Sie mal, wir thaten
das nun nicht, denn wir entſannen uns, daß dieſelben
ſpring- und hüpfluſtigen jungen und alten Herren
ein Zehn Jahr vorher ebenſo geſprungen und geſun¬
gen hatten, als dieſe Hydra in Paris den Kopf erhob,
und ſie hatten damals auch darin einen neuen Meſſias
und Weltbeglücker, und wer weiß was, entdeckt. Wir
ſprangen nicht, weil wir mit König Salomo wiſſen,
es giebt nichts Neues unter der Sonne, aber wir
ließen ſie ſpringen, weil wir wußten, ſie werden
ſchon müde werden. — Es iſt mancher müde geworden,
mehr als müde. Da ich nun nicht in Verzückungen
gerathen bin, nicht damals bei der erſten, und nicht
damals bei der zweiten Menſchenbeglückung, warum
ſoll ich denn jetzt in Raviſſements des Zorns oder
Patriotismus gerathen, weil dieſe ſelben Herren in
ihrem Götzen nun plötzlich das Thier der Apokalypſe
entdeckt haben! Was kümmert mich Hannover. Im
ſiebenjährigen Kriege waren die franzöſiſchen Mar¬
ſchälle oft darin und brandſchatzten, aber gerade nur
ſo lange, als der große Friedrich beſſeres zu thun
hatte. Und wenn ſie's ihm zu arg machten und er
verdrießlich wurde, ſchickte er ſeinen Seydlitz oder
einen Braunſchweiger hinüber, und ließ ſie wieder
fortjagen.“

„Es ſind andere Zeiten. Wir haben keinen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0019" n="9"/>
Hydra der Revolution niedergetreten hatte. Da &#x017F;ollten<lb/>
wir andern mit ihnen hüpfen und &#x017F;pringen vor Ent¬<lb/>
zücken, denn &#x017F;ie &#x017F;agten uns, er wäre ein Me&#x017F;&#x017F;ias<lb/>
der neuen Weltordnung. Sehn Sie mal, wir thaten<lb/>
das nun nicht, denn wir ent&#x017F;annen uns, daß die&#x017F;elben<lb/>
&#x017F;pring- und hüpflu&#x017F;tigen jungen und alten Herren<lb/>
ein Zehn Jahr vorher eben&#x017F;o ge&#x017F;prungen und ge&#x017F;un¬<lb/>
gen hatten, als die&#x017F;e Hydra in Paris den Kopf erhob,<lb/>
und &#x017F;ie hatten damals auch darin einen neuen Me&#x017F;&#x017F;ias<lb/>
und Weltbeglücker, und wer weiß was, entdeckt. Wir<lb/>
&#x017F;prangen nicht, weil wir mit König Salomo wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
es giebt nichts Neues unter der Sonne, aber wir<lb/>
ließen &#x017F;ie &#x017F;pringen, weil wir wußten, &#x017F;ie werden<lb/>
&#x017F;chon müde werden. &#x2014; Es i&#x017F;t mancher müde geworden,<lb/>
mehr als müde. Da ich nun nicht in Verzückungen<lb/>
gerathen bin, nicht damals bei der er&#x017F;ten, und nicht<lb/>
damals bei der zweiten Men&#x017F;chenbeglückung, warum<lb/>
&#x017F;oll ich denn jetzt in Ravi&#x017F;&#x017F;ements des Zorns oder<lb/>
Patriotismus gerathen, weil die&#x017F;e &#x017F;elben Herren in<lb/>
ihrem Götzen nun plötzlich das Thier der Apokalyp&#x017F;e<lb/>
entdeckt haben! Was kümmert mich Hannover. Im<lb/>
&#x017F;iebenjährigen Kriege waren die franzö&#x017F;i&#x017F;chen Mar¬<lb/>
&#x017F;chälle oft darin und brand&#x017F;chatzten, aber gerade nur<lb/>
&#x017F;o lange, als der große Friedrich be&#x017F;&#x017F;eres zu thun<lb/>
hatte. Und wenn &#x017F;ie's ihm zu arg machten und er<lb/>
verdrießlich wurde, &#x017F;chickte er &#x017F;einen Seydlitz oder<lb/>
einen Braun&#x017F;chweiger hinüber, und ließ &#x017F;ie wieder<lb/>
fortjagen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Es &#x017F;ind andere Zeiten. Wir haben keinen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0019] Hydra der Revolution niedergetreten hatte. Da ſollten wir andern mit ihnen hüpfen und ſpringen vor Ent¬ zücken, denn ſie ſagten uns, er wäre ein Meſſias der neuen Weltordnung. Sehn Sie mal, wir thaten das nun nicht, denn wir entſannen uns, daß dieſelben ſpring- und hüpfluſtigen jungen und alten Herren ein Zehn Jahr vorher ebenſo geſprungen und geſun¬ gen hatten, als dieſe Hydra in Paris den Kopf erhob, und ſie hatten damals auch darin einen neuen Meſſias und Weltbeglücker, und wer weiß was, entdeckt. Wir ſprangen nicht, weil wir mit König Salomo wiſſen, es giebt nichts Neues unter der Sonne, aber wir ließen ſie ſpringen, weil wir wußten, ſie werden ſchon müde werden. — Es iſt mancher müde geworden, mehr als müde. Da ich nun nicht in Verzückungen gerathen bin, nicht damals bei der erſten, und nicht damals bei der zweiten Menſchenbeglückung, warum ſoll ich denn jetzt in Raviſſements des Zorns oder Patriotismus gerathen, weil dieſe ſelben Herren in ihrem Götzen nun plötzlich das Thier der Apokalypſe entdeckt haben! Was kümmert mich Hannover. Im ſiebenjährigen Kriege waren die franzöſiſchen Mar¬ ſchälle oft darin und brandſchatzten, aber gerade nur ſo lange, als der große Friedrich beſſeres zu thun hatte. Und wenn ſie's ihm zu arg machten und er verdrießlich wurde, ſchickte er ſeinen Seydlitz oder einen Braunſchweiger hinüber, und ließ ſie wieder fortjagen.“ „Es ſind andere Zeiten. Wir haben keinen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/19
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/19>, abgerufen am 23.11.2024.