Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Friedrich mehr, und die Constellationen sind furcht¬
bar, Herr Geheimrath!"

"Und der alte Lupinus weiß nichts davon! Nicht
wahr?" Der Geheimrath nahm mit großem Wohl¬
gefallen eine lange Prise. "Der Mortier, oder wie
sein General heißt, hat Hannover mir nichts dir
nichts besetzt, ohne uns zu fragen, und wir hatten
es doch so halbweges, noch vom Baseler Frieden
her, garantirt. Und er hat es gethan, um uns mit
England aneinander zu bringen. Er sperrt die Flu߬
häfen gegen die Colonialwaaren, und die Engländer
sperren sie uns, daß wir unser Holz und unsre Leinwand
nicht rausschicken können. Das giebt nun viel Jammer
und Geschrei, aber das ist alles nichts als das Stroh¬
feuer, womit man die Bienen aus dem Baume und
die Fische aus dem Wasser lockt. Die ganze deutsche
Nation hat auf uns gewartet, daß wir doch nun los¬
schlagen würden. Man kann's in allen Zeitungen
lesen, daß alle Biedermänner auf uns warten. Aber
es giebt noch viel ungeduldigere Leute. Der Schweden¬
könig ist wie toll umhergelaufen, und hat überall
angeklingelt: Macht doch Krieg! Der russische Kaiser
rüstet: Krieg partout! ruft er. Und ganz in der
Stille rüstet Oestreich. Darum sollen wir auch in
die Falle gehn und auch rüsten. Aber wir gehn nicht
in die Falle, und rüsten nicht. Denn rüsten kostet
Geld, und der Krieg bringt nichts ein, und was
gehts uns an. Sehn Sie, der alte Lupinus hat
doch auch etwas in die Zeitungen geguckt."

Friedrich mehr, und die Conſtellationen ſind furcht¬
bar, Herr Geheimrath!“

„Und der alte Lupinus weiß nichts davon! Nicht
wahr?“ Der Geheimrath nahm mit großem Wohl¬
gefallen eine lange Priſe. „Der Mortier, oder wie
ſein General heißt, hat Hannover mir nichts dir
nichts beſetzt, ohne uns zu fragen, und wir hatten
es doch ſo halbweges, noch vom Baſeler Frieden
her, garantirt. Und er hat es gethan, um uns mit
England aneinander zu bringen. Er ſperrt die Flu߬
häfen gegen die Colonialwaaren, und die Engländer
ſperren ſie uns, daß wir unſer Holz und unſre Leinwand
nicht rausſchicken können. Das giebt nun viel Jammer
und Geſchrei, aber das iſt alles nichts als das Stroh¬
feuer, womit man die Bienen aus dem Baume und
die Fiſche aus dem Waſſer lockt. Die ganze deutſche
Nation hat auf uns gewartet, daß wir doch nun los¬
ſchlagen würden. Man kann's in allen Zeitungen
leſen, daß alle Biedermänner auf uns warten. Aber
es giebt noch viel ungeduldigere Leute. Der Schweden¬
könig iſt wie toll umhergelaufen, und hat überall
angeklingelt: Macht doch Krieg! Der ruſſiſche Kaiſer
rüſtet: Krieg partout! ruft er. Und ganz in der
Stille rüſtet Oeſtreich. Darum ſollen wir auch in
die Falle gehn und auch rüſten. Aber wir gehn nicht
in die Falle, und rüſten nicht. Denn rüſten koſtet
Geld, und der Krieg bringt nichts ein, und was
gehts uns an. Sehn Sie, der alte Lupinus hat
doch auch etwas in die Zeitungen geguckt.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0020" n="10"/>
Friedrich mehr, und die Con&#x017F;tellationen &#x017F;ind furcht¬<lb/>
bar, Herr Geheimrath!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und der alte Lupinus weiß nichts davon! Nicht<lb/>
wahr?&#x201C; Der Geheimrath nahm mit großem Wohl¬<lb/>
gefallen eine lange Pri&#x017F;e. &#x201E;Der Mortier, oder wie<lb/>
&#x017F;ein General heißt, hat Hannover mir nichts dir<lb/>
nichts be&#x017F;etzt, ohne uns zu fragen, und wir hatten<lb/>
es doch &#x017F;o halbweges, noch vom <hi rendition="#g">Ba&#x017F;eler</hi> Frieden<lb/>
her, garantirt. Und er hat es gethan, um uns mit<lb/>
England aneinander zu bringen. Er &#x017F;perrt die Flu߬<lb/>
häfen gegen die Colonialwaaren, und die Engländer<lb/>
&#x017F;perren &#x017F;ie uns, daß wir un&#x017F;er Holz und un&#x017F;re Leinwand<lb/>
nicht raus&#x017F;chicken können. Das giebt nun viel Jammer<lb/>
und Ge&#x017F;chrei, aber das i&#x017F;t alles nichts als das Stroh¬<lb/>
feuer, womit man die Bienen aus dem Baume und<lb/>
die Fi&#x017F;che aus dem Wa&#x017F;&#x017F;er lockt. Die ganze deut&#x017F;che<lb/>
Nation hat auf uns gewartet, daß wir doch nun los¬<lb/>
&#x017F;chlagen würden. Man kann's in allen Zeitungen<lb/>
le&#x017F;en, daß alle Biedermänner auf uns warten. Aber<lb/>
es giebt noch viel ungeduldigere Leute. Der Schweden¬<lb/>
könig i&#x017F;t wie toll umhergelaufen, und hat überall<lb/>
angeklingelt: Macht doch Krieg! Der ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che Kai&#x017F;er<lb/>&#x017F;tet: Krieg <hi rendition="#aq">partout</hi>! ruft er. Und ganz in der<lb/>
Stille rü&#x017F;tet Oe&#x017F;treich. Darum &#x017F;ollen wir auch in<lb/>
die Falle gehn und auch rü&#x017F;ten. Aber wir gehn nicht<lb/>
in die Falle, und rü&#x017F;ten nicht. Denn rü&#x017F;ten ko&#x017F;tet<lb/>
Geld, und der Krieg bringt nichts ein, und was<lb/>
gehts uns an. Sehn Sie, der alte Lupinus hat<lb/>
doch auch etwas in die Zeitungen geguckt.&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0020] Friedrich mehr, und die Conſtellationen ſind furcht¬ bar, Herr Geheimrath!“ „Und der alte Lupinus weiß nichts davon! Nicht wahr?“ Der Geheimrath nahm mit großem Wohl¬ gefallen eine lange Priſe. „Der Mortier, oder wie ſein General heißt, hat Hannover mir nichts dir nichts beſetzt, ohne uns zu fragen, und wir hatten es doch ſo halbweges, noch vom Baſeler Frieden her, garantirt. Und er hat es gethan, um uns mit England aneinander zu bringen. Er ſperrt die Flu߬ häfen gegen die Colonialwaaren, und die Engländer ſperren ſie uns, daß wir unſer Holz und unſre Leinwand nicht rausſchicken können. Das giebt nun viel Jammer und Geſchrei, aber das iſt alles nichts als das Stroh¬ feuer, womit man die Bienen aus dem Baume und die Fiſche aus dem Waſſer lockt. Die ganze deutſche Nation hat auf uns gewartet, daß wir doch nun los¬ ſchlagen würden. Man kann's in allen Zeitungen leſen, daß alle Biedermänner auf uns warten. Aber es giebt noch viel ungeduldigere Leute. Der Schweden¬ könig iſt wie toll umhergelaufen, und hat überall angeklingelt: Macht doch Krieg! Der ruſſiſche Kaiſer rüſtet: Krieg partout! ruft er. Und ganz in der Stille rüſtet Oeſtreich. Darum ſollen wir auch in die Falle gehn und auch rüſten. Aber wir gehn nicht in die Falle, und rüſten nicht. Denn rüſten koſtet Geld, und der Krieg bringt nichts ein, und was gehts uns an. Sehn Sie, der alte Lupinus hat doch auch etwas in die Zeitungen geguckt.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/20
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/20>, abgerufen am 23.11.2024.