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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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Und wenn es stehen geblieben, kein andres geworden
wäre, so wärs ein abgestandener Wein, eine ekle Wieder¬
holung. Und des Daseins Losung bleibt doch --
weiter! Bis -- und da hoffentlich auch weiter."

In seiner Stube fand er zwei versiegelte Briefe.
Ein verächtliches Lächeln schwebte über seine Lippen,
als er den ersten durchflog. Er zerriß ihn: "Dacht
ichs doch!" Er öffnete den zweiten, ihm widerfuhr
dasselbe Schicksal: "Eine Copie! Süße Harmonie
edler Seelen! Sie hätten das doppelte Schreiben
sparen können."

Seine beiden Secundanten, die endlich zugesagt,
nachdem er vergebens bei andern angefragt, mußten
mit dem größten Bedauern sich wieder lossagen, der
Eine wegen einer unvermeidlichen Dienstreise, dem
Andern war eine zärtlich geliebte Schwester erkrankt.

"O diese zärtlichen und pflichteifrigen Menschen!
Könnten sie nicht auch aus Diensteifer für das Ge¬
meinwohl, aus Zärtlichkeit für unsern zartpulsirenden
Staat, Hülfe leisten wollen, wo ein verrufener Rauf¬
bold aus dieser harmonischen Gesellschaft ausgestoßen
werden soll! Zittern sie vor Angst, daß man sie für
meine Freunde hält! -- Jülli hat Recht, es giebt
Momente, wo man noch Freunde braucht -- zum
Sterben. Sonst -- er wog seine Pistolen in der
Hand -- sind das die zuverlässigsten Freunde, und
einen von uns beiden, wenn nicht beide, liefern sie
ins Jenseits ohne viele Umstände. Aber auch dazu
fordert man Umstände!"

Und wenn es ſtehen geblieben, kein andres geworden
wäre, ſo wärs ein abgeſtandener Wein, eine ekle Wieder¬
holung. Und des Daſeins Loſung bleibt doch —
weiter! Bis — und da hoffentlich auch weiter.“

In ſeiner Stube fand er zwei verſiegelte Briefe.
Ein verächtliches Lächeln ſchwebte über ſeine Lippen,
als er den erſten durchflog. Er zerriß ihn: „Dacht
ichs doch!“ Er öffnete den zweiten, ihm widerfuhr
daſſelbe Schickſal: „Eine Copie! Süße Harmonie
edler Seelen! Sie hätten das doppelte Schreiben
ſparen können.“

Seine beiden Secundanten, die endlich zugeſagt,
nachdem er vergebens bei andern angefragt, mußten
mit dem größten Bedauern ſich wieder losſagen, der
Eine wegen einer unvermeidlichen Dienſtreiſe, dem
Andern war eine zärtlich geliebte Schweſter erkrankt.

„O dieſe zärtlichen und pflichteifrigen Menſchen!
Könnten ſie nicht auch aus Dienſteifer für das Ge¬
meinwohl, aus Zärtlichkeit für unſern zartpulſirenden
Staat, Hülfe leiſten wollen, wo ein verrufener Rauf¬
bold aus dieſer harmoniſchen Geſellſchaft ausgeſtoßen
werden ſoll! Zittern ſie vor Angſt, daß man ſie für
meine Freunde hält! — Jülli hat Recht, es giebt
Momente, wo man noch Freunde braucht — zum
Sterben. Sonſt — er wog ſeine Piſtolen in der
Hand — ſind das die zuverläſſigſten Freunde, und
einen von uns beiden, wenn nicht beide, liefern ſie
ins Jenſeits ohne viele Umſtände. Aber auch dazu
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[173/0183] Und wenn es ſtehen geblieben, kein andres geworden wäre, ſo wärs ein abgeſtandener Wein, eine ekle Wieder¬ holung. Und des Daſeins Loſung bleibt doch — weiter! Bis — und da hoffentlich auch weiter.“ In ſeiner Stube fand er zwei verſiegelte Briefe. Ein verächtliches Lächeln ſchwebte über ſeine Lippen, als er den erſten durchflog. Er zerriß ihn: „Dacht ichs doch!“ Er öffnete den zweiten, ihm widerfuhr daſſelbe Schickſal: „Eine Copie! Süße Harmonie edler Seelen! Sie hätten das doppelte Schreiben ſparen können.“ Seine beiden Secundanten, die endlich zugeſagt, nachdem er vergebens bei andern angefragt, mußten mit dem größten Bedauern ſich wieder losſagen, der Eine wegen einer unvermeidlichen Dienſtreiſe, dem Andern war eine zärtlich geliebte Schweſter erkrankt. „O dieſe zärtlichen und pflichteifrigen Menſchen! Könnten ſie nicht auch aus Dienſteifer für das Ge¬ meinwohl, aus Zärtlichkeit für unſern zartpulſirenden Staat, Hülfe leiſten wollen, wo ein verrufener Rauf¬ bold aus dieſer harmoniſchen Geſellſchaft ausgeſtoßen werden ſoll! Zittern ſie vor Angſt, daß man ſie für meine Freunde hält! — Jülli hat Recht, es giebt Momente, wo man noch Freunde braucht — zum Sterben. Sonſt — er wog ſeine Piſtolen in der Hand — ſind das die zuverläſſigſten Freunde, und einen von uns beiden, wenn nicht beide, liefern ſie ins Jenſeits ohne viele Umſtände. Aber auch dazu fordert man Umſtände!“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/183>, abgerufen am 26.11.2024.