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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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Deiner Schwelle schlafen, wenn Du mich mit Füßen
trätest, wenn Du mich todt trätest, und nur dabei
sprächest: ich thue es aus Liebe, das wäre ein seliger
Tod. Aber ich habe etwas gesehen, Louis, ehe Du
mich raus warfst, und darum warfst Du mich raus
-- Du putztest Pistolen auf dem Tische."

"Was kümmert's Dich!"

"Louis! Geh' nicht allein aus der Welt. Wenn
Du gehst, nimm mich mit."

"Ich denke einen mitzunehmen, sprach er vor
sich hin. Im Uebrigen sei ruhig, Mädchen, die
Pistolen sind nicht für mich geladen."

"Das ist nicht wahr. Für wen denn? -- Ich
lasse Dich nicht so fort. Willst Du in den Krieg?
Es ist ja kein Krieg. Sie sagen, wir behalten
Frieden."

"Krieg! Alles ist in Krieg mit einander, Tu¬
gend und Vernunft, Wahnsinn und Laster; Alles be¬
trügt sich, schlägt sich ein Bein, kuppelt, stiehlt, spielt
falsch; nur die Schurken und Memmen leben in Frie¬
den und Eintracht, und wenn sie in der Stille den
Sündenbecher der Niederträchtigkeit geleert, wenn sie
satt sind, predigen sie uns Honnetität."

"Sprich nicht so häßlich. Ich kann's nicht leiden.
Spaße lieber. Sag's mir im Spaß, daß Du mich
nicht mehr magst, daß ich Dir unausstehlich bin, daß
Du das Geld nur giebst, um mich los zu werden,
hörst Du, Louis, sag's im Spaß, und thu's dann
im Ernst. Aber sag' es mir ja nicht vorher. Lache

Deiner Schwelle ſchlafen, wenn Du mich mit Füßen
träteſt, wenn Du mich todt träteſt, und nur dabei
ſprächeſt: ich thue es aus Liebe, das wäre ein ſeliger
Tod. Aber ich habe etwas geſehen, Louis, ehe Du
mich raus warfſt, und darum warfſt Du mich raus
— Du putzteſt Piſtolen auf dem Tiſche.“

„Was kümmert's Dich!“

„Louis! Geh' nicht allein aus der Welt. Wenn
Du gehſt, nimm mich mit.“

„Ich denke einen mitzunehmen, ſprach er vor
ſich hin. Im Uebrigen ſei ruhig, Mädchen, die
Piſtolen ſind nicht für mich geladen.“

„Das iſt nicht wahr. Für wen denn? — Ich
laſſe Dich nicht ſo fort. Willſt Du in den Krieg?
Es iſt ja kein Krieg. Sie ſagen, wir behalten
Frieden.“

„Krieg! Alles iſt in Krieg mit einander, Tu¬
gend und Vernunft, Wahnſinn und Laſter; Alles be¬
trügt ſich, ſchlägt ſich ein Bein, kuppelt, ſtiehlt, ſpielt
falſch; nur die Schurken und Memmen leben in Frie¬
den und Eintracht, und wenn ſie in der Stille den
Sündenbecher der Niederträchtigkeit geleert, wenn ſie
ſatt ſind, predigen ſie uns Honnetität.“

„Sprich nicht ſo häßlich. Ich kann's nicht leiden.
Spaße lieber. Sag's mir im Spaß, daß Du mich
nicht mehr magſt, daß ich Dir unausſtehlich bin, daß
Du das Geld nur giebſt, um mich los zu werden,
hörſt Du, Louis, ſag's im Spaß, und thu's dann
im Ernſt. Aber ſag' es mir ja nicht vorher. Lache

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[168/0178] Deiner Schwelle ſchlafen, wenn Du mich mit Füßen träteſt, wenn Du mich todt träteſt, und nur dabei ſprächeſt: ich thue es aus Liebe, das wäre ein ſeliger Tod. Aber ich habe etwas geſehen, Louis, ehe Du mich raus warfſt, und darum warfſt Du mich raus — Du putzteſt Piſtolen auf dem Tiſche.“ „Was kümmert's Dich!“ „Louis! Geh' nicht allein aus der Welt. Wenn Du gehſt, nimm mich mit.“ „Ich denke einen mitzunehmen, ſprach er vor ſich hin. Im Uebrigen ſei ruhig, Mädchen, die Piſtolen ſind nicht für mich geladen.“ „Das iſt nicht wahr. Für wen denn? — Ich laſſe Dich nicht ſo fort. Willſt Du in den Krieg? Es iſt ja kein Krieg. Sie ſagen, wir behalten Frieden.“ „Krieg! Alles iſt in Krieg mit einander, Tu¬ gend und Vernunft, Wahnſinn und Laſter; Alles be¬ trügt ſich, ſchlägt ſich ein Bein, kuppelt, ſtiehlt, ſpielt falſch; nur die Schurken und Memmen leben in Frie¬ den und Eintracht, und wenn ſie in der Stille den Sündenbecher der Niederträchtigkeit geleert, wenn ſie ſatt ſind, predigen ſie uns Honnetität.“ „Sprich nicht ſo häßlich. Ich kann's nicht leiden. Spaße lieber. Sag's mir im Spaß, daß Du mich nicht mehr magſt, daß ich Dir unausſtehlich bin, daß Du das Geld nur giebſt, um mich los zu werden, hörſt Du, Louis, ſag's im Spaß, und thu's dann im Ernſt. Aber ſag' es mir ja nicht vorher. Lache

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/178>, abgerufen am 26.11.2024.