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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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der Anker, an den seine letzte, schmerzliche, krampf¬
hafte Hoffnung sich klammert."

"Hat man es Ihnen draußen anders geschildert?"

"Nein! Aber der Tand, das Spiel und die Ei¬
telkeit hielt ich für die Maske, unter der der männ¬
liche Entschluß, die Vorbereitung zur That, sich ver¬
birgt. Der blonde Arminius ließ auch die schönen
Römerinnen lange mit seinen Locken spielen. Mit
dieser Selbsttäuschung reiste ich durch Ihre Pro¬
vinzen. Es sieht knöchern aus, überall ausge¬
wachsene Kleider, schlotternde Glieder, eine Maschine,
die klappert. Der Geist nur kann das zusammen
halten, tröstete ich mich; der Nimbus um Friedrichs
Thron flimmert noch in so wunderbarem Flammen¬
glanz von fern gesehen. Und nun hier zur Stelle!
Aus Kreisen in Kreise, aus Gesellschaften in Gesell¬
schaften werde ich geschleppt. Irgendwo hoffe ich
wird ein Vorhang sich lüften, die Stimme von Sais
ertönen. Aber ein Vorhang nach dem andern reißt --"

"Und Sie sehen nur Draht, Stricke und Ku¬
lissenschieber, der Dirigent fehlt."

"Sie haben doch einen König, der nüchtern blieb
unter den Taumelnden, der nicht blasirt ist, ein schar¬
fes Auge hat für das Unziemliche, der nicht den
Esprit fort spielen will um seine Frivolität zu ent¬
schuldigen und seine Unwissenheit zu verbergen. Er
will das Gute --"

"Gewiß! Und es überkommt ihn oft ein Schauer,
in mancher Morgenstunde fühlt er, es kann so nicht

der Anker, an den ſeine letzte, ſchmerzliche, krampf¬
hafte Hoffnung ſich klammert.“

„Hat man es Ihnen draußen anders geſchildert?“

„Nein! Aber der Tand, das Spiel und die Ei¬
telkeit hielt ich für die Maske, unter der der männ¬
liche Entſchluß, die Vorbereitung zur That, ſich ver¬
birgt. Der blonde Arminius ließ auch die ſchönen
Römerinnen lange mit ſeinen Locken ſpielen. Mit
dieſer Selbſttäuſchung reiſte ich durch Ihre Pro¬
vinzen. Es ſieht knöchern aus, überall ausge¬
wachſene Kleider, ſchlotternde Glieder, eine Maſchine,
die klappert. Der Geiſt nur kann das zuſammen
halten, tröſtete ich mich; der Nimbus um Friedrichs
Thron flimmert noch in ſo wunderbarem Flammen¬
glanz von fern geſehen. Und nun hier zur Stelle!
Aus Kreiſen in Kreiſe, aus Geſellſchaften in Geſell¬
ſchaften werde ich geſchleppt. Irgendwo hoffe ich
wird ein Vorhang ſich lüften, die Stimme von Sais
ertönen. Aber ein Vorhang nach dem andern reißt —“

„Und Sie ſehen nur Draht, Stricke und Ku¬
liſſenſchieber, der Dirigent fehlt.“

„Sie haben doch einen König, der nüchtern blieb
unter den Taumelnden, der nicht blaſirt iſt, ein ſchar¬
fes Auge hat für das Unziemliche, der nicht den
Esprit fort ſpielen will um ſeine Frivolität zu ent¬
ſchuldigen und ſeine Unwiſſenheit zu verbergen. Er
will das Gute —“

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[91/0101] der Anker, an den ſeine letzte, ſchmerzliche, krampf¬ hafte Hoffnung ſich klammert.“ „Hat man es Ihnen draußen anders geſchildert?“ „Nein! Aber der Tand, das Spiel und die Ei¬ telkeit hielt ich für die Maske, unter der der männ¬ liche Entſchluß, die Vorbereitung zur That, ſich ver¬ birgt. Der blonde Arminius ließ auch die ſchönen Römerinnen lange mit ſeinen Locken ſpielen. Mit dieſer Selbſttäuſchung reiſte ich durch Ihre Pro¬ vinzen. Es ſieht knöchern aus, überall ausge¬ wachſene Kleider, ſchlotternde Glieder, eine Maſchine, die klappert. Der Geiſt nur kann das zuſammen halten, tröſtete ich mich; der Nimbus um Friedrichs Thron flimmert noch in ſo wunderbarem Flammen¬ glanz von fern geſehen. Und nun hier zur Stelle! Aus Kreiſen in Kreiſe, aus Geſellſchaften in Geſell¬ ſchaften werde ich geſchleppt. Irgendwo hoffe ich wird ein Vorhang ſich lüften, die Stimme von Sais ertönen. Aber ein Vorhang nach dem andern reißt —“ „Und Sie ſehen nur Draht, Stricke und Ku¬ liſſenſchieber, der Dirigent fehlt.“ „Sie haben doch einen König, der nüchtern blieb unter den Taumelnden, der nicht blaſirt iſt, ein ſchar¬ fes Auge hat für das Unziemliche, der nicht den Esprit fort ſpielen will um ſeine Frivolität zu ent¬ ſchuldigen und ſeine Unwiſſenheit zu verbergen. Er will das Gute —“ „Gewiß! Und es überkommt ihn oft ein Schauer, in mancher Morgenſtunde fühlt er, es kann ſo nicht

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/101>, abgerufen am 23.11.2024.