Hand gleiten und sanft auf den Boden fallen ließ, während der Kammerherr ihn mit Bemerkungen über das Wetter und Anekdoten aus der kleinen Hofge¬ schichte unterhielt. Dann aber ließ er den Stock etwas stärker auf das Parquet fallen und faßte den Kammerherrn am Knopfe: "Hören Sie mal, Baron, sagen Sie Ihrer Königlichen Hoheit, ich will erst zum Scharfrichter Brand vors Hamburger Thor. Da wird die Kindesmörderin secirt, ein prächtiger Cadaver. Wenn ich zurück bin, wird die Prinzessin wohl fertig sein." Es verging keine Minute, so ward Heym vorgelassen. Wir wissen nicht, ob er auch hier eine Krankheitsgeschichte hören mußte; aber er brauchte seitdem nie mehr in der Antichambre zu warten.
Wir führen lieber unsere Leser in die Wohnung und die Geschäftszimmer des vornehmen Mannes, dessen flüchtige Bekanntschaft wir in der Gesellschaft gemacht. In seinem Hause, unter seinen Untergebe¬ nen, war der wirkliche Geheimrath ein andrer Mann. Man könnte sagen, er sei um einige Zoll gewachsen; der von den vielen huldreichen Verbeugungen ge¬ krümmte Rücken war hier grade geworden. Er war aber um deswillen kein großer und auch kein grader Mann.
Im Vorzimmer warteten Expectanten. Die trü¬ ben Mienen verriethen, daß nicht jeder Hoffnung hatte, vorgelassen zu werden. Sie wandten sich an die durchpassirenden Beamten. Wie viele große
Hand gleiten und ſanft auf den Boden fallen ließ, während der Kammerherr ihn mit Bemerkungen über das Wetter und Anekdoten aus der kleinen Hofge¬ ſchichte unterhielt. Dann aber ließ er den Stock etwas ſtärker auf das Parquet fallen und faßte den Kammerherrn am Knopfe: „Hören Sie mal, Baron, ſagen Sie Ihrer Königlichen Hoheit, ich will erſt zum Scharfrichter Brand vors Hamburger Thor. Da wird die Kindesmörderin ſecirt, ein prächtiger Cadaver. Wenn ich zurück bin, wird die Prinzeſſin wohl fertig ſein.“ Es verging keine Minute, ſo ward Heym vorgelaſſen. Wir wiſſen nicht, ob er auch hier eine Krankheitsgeſchichte hören mußte; aber er brauchte ſeitdem nie mehr in der Antichambre zu warten.
Wir führen lieber unſere Leſer in die Wohnung und die Geſchäftszimmer des vornehmen Mannes, deſſen flüchtige Bekanntſchaft wir in der Geſellſchaft gemacht. In ſeinem Hauſe, unter ſeinen Untergebe¬ nen, war der wirkliche Geheimrath ein andrer Mann. Man könnte ſagen, er ſei um einige Zoll gewachſen; der von den vielen huldreichen Verbeugungen ge¬ krümmte Rücken war hier grade geworden. Er war aber um deswillen kein großer und auch kein grader Mann.
Im Vorzimmer warteten Expectanten. Die trü¬ ben Mienen verriethen, daß nicht jeder Hoffnung hatte, vorgelaſſen zu werden. Sie wandten ſich an die durchpaſſirenden Beamten. Wie viele große
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Hand gleiten und ſanft auf den Boden fallen ließ,
während der Kammerherr ihn mit Bemerkungen über
das Wetter und Anekdoten aus der kleinen Hofge¬
ſchichte unterhielt. Dann aber ließ er den Stock
etwas ſtärker auf das Parquet fallen und faßte den
Kammerherrn am Knopfe: „Hören Sie mal, Baron,
ſagen Sie Ihrer Königlichen Hoheit, ich will erſt
zum Scharfrichter Brand vors Hamburger Thor.
Da wird die Kindesmörderin ſecirt, ein prächtiger
Cadaver. Wenn ich zurück bin, wird die Prinzeſſin
wohl fertig ſein.“ Es verging keine Minute, ſo
ward Heym vorgelaſſen. Wir wiſſen nicht, ob er
auch hier eine Krankheitsgeſchichte hören mußte; aber
er brauchte ſeitdem nie mehr in der Antichambre zu
warten.
Wir führen lieber unſere Leſer in die Wohnung
und die Geſchäftszimmer des vornehmen Mannes,
deſſen flüchtige Bekanntſchaft wir in der Geſellſchaft
gemacht. In ſeinem Hauſe, unter ſeinen Untergebe¬
nen, war der wirkliche Geheimrath ein andrer Mann.
Man könnte ſagen, er ſei um einige Zoll gewachſen;
der von den vielen huldreichen Verbeugungen ge¬
krümmte Rücken war hier grade geworden. Er war
aber um deswillen kein großer und auch kein grader
Mann.
Im Vorzimmer warteten Expectanten. Die trü¬
ben Mienen verriethen, daß nicht jeder Hoffnung
hatte, vorgelaſſen zu werden. Sie wandten ſich an
die durchpaſſirenden Beamten. Wie viele große
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/92>, abgerufen am 23.11.2024.
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