Wir überlassen die Geheimräthin Lupinus und den Hofrath Heym ihrem tete-a-tete, welches für den letztern minder interessant gewesen sein muß, als für die erstere, denn schon nach zehn Minuten nahm er seinen Stock -- den Hut ließ er immer im Wagen zurück -- und sagte: "Hören Sie mal, Frau Ge¬ heimräthin, Ihre Krankengeschichte erzählen Sie mir wohl ein ander Mal; denn hohl mich der Teufel, wenn ich nicht geglaubt hätte, es ginge auf Leben und Tod, so mußte ich zur Prinzeß Ferdinand, die ist wirklich krank." -- Aber auch die Prinzessin Fer¬ dinand mußte nicht ganz so krank sein, denn er machte noch verschiedene andre Besuche bis er durch den Sand des Wilhelmsplatzes vor ihrem Palais vorfuhr, und auch da ward er nicht sogleich vorgelassen, weil die Prinzessin noch mit ihren Kammerfrauen einige drin¬ gende Toiletten-Geschäfte hatte. Etwa zehn Minuten spielte der Hofrath mit dem großen Rohrstocke und dem goldenen Knopfe, indem er ihn sanft in der
Siebentes Kapitel. Der Staatsmann
Wir überlaſſen die Geheimräthin Lupinus und den Hofrath Heym ihrem tête-à-tête, welches für den letztern minder intereſſant geweſen ſein muß, als für die erſtere, denn ſchon nach zehn Minuten nahm er ſeinen Stock — den Hut ließ er immer im Wagen zurück — und ſagte: „Hören Sie mal, Frau Ge¬ heimräthin, Ihre Krankengeſchichte erzählen Sie mir wohl ein ander Mal; denn hohl mich der Teufel, wenn ich nicht geglaubt hätte, es ginge auf Leben und Tod, ſo mußte ich zur Prinzeß Ferdinand, die iſt wirklich krank.“ — Aber auch die Prinzeſſin Fer¬ dinand mußte nicht ganz ſo krank ſein, denn er machte noch verſchiedene andre Beſuche bis er durch den Sand des Wilhelmsplatzes vor ihrem Palais vorfuhr, und auch da ward er nicht ſogleich vorgelaſſen, weil die Prinzeſſin noch mit ihren Kammerfrauen einige drin¬ gende Toiletten-Geſchäfte hatte. Etwa zehn Minuten ſpielte der Hofrath mit dem großen Rohrſtocke und dem goldenen Knopfe, indem er ihn ſanft in der
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[[77]/0091]
Siebentes Kapitel.
Der Staatsmann
Wir überlaſſen die Geheimräthin Lupinus und
den Hofrath Heym ihrem tête-à-tête, welches für den
letztern minder intereſſant geweſen ſein muß, als für
die erſtere, denn ſchon nach zehn Minuten nahm er
ſeinen Stock — den Hut ließ er immer im Wagen
zurück — und ſagte: „Hören Sie mal, Frau Ge¬
heimräthin, Ihre Krankengeſchichte erzählen Sie mir
wohl ein ander Mal; denn hohl mich der Teufel,
wenn ich nicht geglaubt hätte, es ginge auf Leben
und Tod, ſo mußte ich zur Prinzeß Ferdinand, die
iſt wirklich krank.“ — Aber auch die Prinzeſſin Fer¬
dinand mußte nicht ganz ſo krank ſein, denn er machte
noch verſchiedene andre Beſuche bis er durch den Sand
des Wilhelmsplatzes vor ihrem Palais vorfuhr, und
auch da ward er nicht ſogleich vorgelaſſen, weil die
Prinzeſſin noch mit ihren Kammerfrauen einige drin¬
gende Toiletten-Geſchäfte hatte. Etwa zehn Minuten
ſpielte der Hofrath mit dem großen Rohrſtocke und
dem goldenen Knopfe, indem er ihn ſanft in der
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. [77]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/91>, abgerufen am 22.11.2024.
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