Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

exerciren lassen. Oder haben Sie etwa den Schlüssel
in der Hand?"

Doch Mavors zorn'ger Sohn gedulde Dich ein wenig,
Fortuna ist ein Weib, und Launen unterthänig,
Sie tändelt ehe sie die ehernen Würfel schüttelt,
Und bis Bellona erst am Thurm den Widder rüttelt.
Die ist ein Weib und die. O lern' mit Weibern tändeln,
Und bist Du Sieger da, wirst Du's in ernstern Händeln.

Es wird schon noch ein Mal losgehen, schloß
der Geheimrath die Citation aus einer vergessenen
Tragödie, und hielt mit treuherziger Miene die Hand
dem Officier hin.

"Einschlagen, Geheimrath? antwortete dieser,
den Arm langsam hebend. Aber ich schlage ucker¬
märkisch ein."

Er schlug ein. "Also aufs Losgehen!" Der
Geheimrath zuckte unwillkührlich mit dem linken Knie.

"Und meine Mutter war aus Pommern," setzte
der Officier hinzu, als er die Hand aus der Presse
ließ und sich entfernte.

"Es geht doch nichts über eine deutsche Kraft¬
äußerung, bemerkte der Geheimrath. Und ich glaube,
die war noch aus der Sturm und Drangperiode."

An der Thürpfoste gelehnt lorgnettirte er noch
einmal ins Zimmer, nur stand neben ihm nicht mehr
der Kaufmann aus der Brüderstraße, sondern ein Herr
mit dem Kammerherrnschlüssel und einem Krückstock.

"Parbleu, comme elle est belle -- belle et bete!
N'est-ce pas?"

Die Bemerkung galt der Dame, vor der der

exerciren laſſen. Oder haben Sie etwa den Schlüſſel
in der Hand?“

Doch Mavors zorn'ger Sohn gedulde Dich ein wenig,
Fortuna iſt ein Weib, und Launen unterthänig,
Sie tändelt ehe ſie die ehernen Würfel ſchüttelt,
Und bis Bellona erſt am Thurm den Widder rüttelt.
Die iſt ein Weib und die. O lern' mit Weibern tändeln,
Und biſt Du Sieger da, wirſt Du's in ernſtern Händeln.

Es wird ſchon noch ein Mal losgehen, ſchloß
der Geheimrath die Citation aus einer vergeſſenen
Tragödie, und hielt mit treuherziger Miene die Hand
dem Officier hin.

„Einſchlagen, Geheimrath? antwortete dieſer,
den Arm langſam hebend. Aber ich ſchlage ucker¬
märkiſch ein.“

Er ſchlug ein. „Alſo aufs Losgehen!“ Der
Geheimrath zuckte unwillkührlich mit dem linken Knie.

„Und meine Mutter war aus Pommern,“ ſetzte
der Officier hinzu, als er die Hand aus der Preſſe
ließ und ſich entfernte.

„Es geht doch nichts über eine deutſche Kraft¬
äußerung, bemerkte der Geheimrath. Und ich glaube,
die war noch aus der Sturm und Drangperiode.“

An der Thürpfoſte gelehnt lorgnettirte er noch
einmal ins Zimmer, nur ſtand neben ihm nicht mehr
der Kaufmann aus der Brüderſtraße, ſondern ein Herr
mit dem Kammerherrnſchlüſſel und einem Krückſtock.

„Parbleu, comme elle est belle — belle et bête!
N'est-ce pas?“

Die Bemerkung galt der Dame, vor der der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0075" n="61"/>
exerciren la&#x017F;&#x017F;en. Oder haben Sie etwa den Schlü&#x017F;&#x017F;el<lb/>
in der Hand?&#x201C;</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l rendition="#et">Doch Mavors zorn'ger Sohn gedulde Dich ein wenig,</l><lb/>
          <l rendition="#et">Fortuna i&#x017F;t ein Weib, und Launen unterthänig,</l><lb/>
          <l rendition="#et">Sie tändelt ehe &#x017F;ie die ehernen Würfel &#x017F;chüttelt,</l><lb/>
          <l rendition="#et">Und bis Bellona er&#x017F;t am Thurm den Widder rüttelt.</l><lb/>
          <l rendition="#et"><hi rendition="#g">Die</hi> i&#x017F;t ein Weib und <hi rendition="#g">die</hi>. O lern' mit Weibern tändeln,</l><lb/>
          <l rendition="#et">Und bi&#x017F;t Du Sieger da, wir&#x017F;t Du's in ern&#x017F;tern Händeln.</l>
        </lg><lb/>
        <p>Es wird &#x017F;chon noch ein Mal losgehen, &#x017F;chloß<lb/>
der Geheimrath die Citation aus einer verge&#x017F;&#x017F;enen<lb/>
Tragödie, und hielt mit treuherziger Miene die Hand<lb/>
dem Officier hin.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ein&#x017F;chlagen, Geheimrath? antwortete die&#x017F;er,<lb/>
den Arm lang&#x017F;am hebend. Aber ich &#x017F;chlage ucker¬<lb/>
märki&#x017F;ch ein.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Er &#x017F;chlug ein. &#x201E;Al&#x017F;o aufs Losgehen!&#x201C; Der<lb/>
Geheimrath zuckte unwillkührlich mit dem linken Knie.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und meine Mutter war aus Pommern,&#x201C; &#x017F;etzte<lb/>
der Officier hinzu, als er die Hand aus der Pre&#x017F;&#x017F;e<lb/>
ließ und &#x017F;ich entfernte.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Es geht doch nichts über eine deut&#x017F;che Kraft¬<lb/>
äußerung, bemerkte der Geheimrath. Und ich glaube,<lb/>
die war noch aus der Sturm und Drangperiode.&#x201C;</p><lb/>
        <p>An der Thürpfo&#x017F;te gelehnt lorgnettirte er noch<lb/>
einmal ins Zimmer, nur &#x017F;tand neben ihm nicht mehr<lb/>
der Kaufmann aus der Brüder&#x017F;traße, &#x017F;ondern ein Herr<lb/>
mit dem Kammerherrn&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;el und einem Krück&#x017F;tock.</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#aq">&#x201E;Parbleu, comme elle est belle &#x2014; belle et bête!<lb/>
N'est-ce pas?&#x201C;</hi> </p><lb/>
        <p>Die Bemerkung galt der Dame, vor der der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0075] exerciren laſſen. Oder haben Sie etwa den Schlüſſel in der Hand?“ Doch Mavors zorn'ger Sohn gedulde Dich ein wenig, Fortuna iſt ein Weib, und Launen unterthänig, Sie tändelt ehe ſie die ehernen Würfel ſchüttelt, Und bis Bellona erſt am Thurm den Widder rüttelt. Die iſt ein Weib und die. O lern' mit Weibern tändeln, Und biſt Du Sieger da, wirſt Du's in ernſtern Händeln. Es wird ſchon noch ein Mal losgehen, ſchloß der Geheimrath die Citation aus einer vergeſſenen Tragödie, und hielt mit treuherziger Miene die Hand dem Officier hin. „Einſchlagen, Geheimrath? antwortete dieſer, den Arm langſam hebend. Aber ich ſchlage ucker¬ märkiſch ein.“ Er ſchlug ein. „Alſo aufs Losgehen!“ Der Geheimrath zuckte unwillkührlich mit dem linken Knie. „Und meine Mutter war aus Pommern,“ ſetzte der Officier hinzu, als er die Hand aus der Preſſe ließ und ſich entfernte. „Es geht doch nichts über eine deutſche Kraft¬ äußerung, bemerkte der Geheimrath. Und ich glaube, die war noch aus der Sturm und Drangperiode.“ An der Thürpfoſte gelehnt lorgnettirte er noch einmal ins Zimmer, nur ſtand neben ihm nicht mehr der Kaufmann aus der Brüderſtraße, ſondern ein Herr mit dem Kammerherrnſchlüſſel und einem Krückſtock. „Parbleu, comme elle est belle — belle et bête! N'est-ce pas?“ Die Bemerkung galt der Dame, vor der der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/75
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/75>, abgerufen am 01.05.2024.