Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

für alle Mal. -- Gehen Sie in sich, St. Real,
werfen Sie einen Blick zurück, auf Ihr äußeres,
ach auch auf Ihr inneres Leben. Bedenken Sie, wie
oft Sie die Gelegenheit versäumt, die sich Ihnen
darbot, Gutes zu thun, und wie oft Sie dem Ver¬
sucher in die Stricke gefallen sind. Ach! Wurden Sie nicht
selbst zum Versucher? Legten Sie nicht selbst Stricke,
stellten Sie nicht Netze! Schwirrt Ihnen nicht der
schauerliche Klagegesang der unglücklichen Vögel in
diesen Netzen um die Seele? Ich höre diese Anklage¬
stimmen. St. Real, noch ist es nicht zu spät! Be¬
nutzen Sie wenigstens diese Gelegenheit, hören Sie
auf die Stimmen und bessern sich. Ihr Haar wird
grau, Ihr Athem kurz, mit jedem Tage auch Ihr
Leben um einen kürzer; Sie hinken, ach das Podagra
kriecht so schnell als der Vogel fliegt, wenn das Ziel
das Grab ist. Lassen Sie sich diesen schauerlichen
Moment gemahnen, weit sind die Pforten zur Hölle,
aber eng die zum Himmel, wie dieses Loch. Geloben
Sie, St. Real, Sie wollen Ihr Dasein bessern, wie
es Ihren Jahren, Ihrer Geburt, Ihrem Stande
entspricht. O Sie wissen nicht, wie das Ihre Brust
erleichtern wird, Ihr Keuchhusten wird nachlassen,
Ihr Bein flinker werden, der Burgunder Ihnen wieder
schmecken. Retten Sie sich, sich selbst, Ihrem Könige,
dem Staate. Schwören Sie mir, Sie wollen tugend¬
haft werden."

"Alles, was Sie wollen!"

"Hier, Ihre Hand darauf?"

für alle Mal. — Gehen Sie in ſich, St. Real,
werfen Sie einen Blick zurück, auf Ihr äußeres,
ach auch auf Ihr inneres Leben. Bedenken Sie, wie
oft Sie die Gelegenheit verſäumt, die ſich Ihnen
darbot, Gutes zu thun, und wie oft Sie dem Ver¬
ſucher in die Stricke gefallen ſind. Ach! Wurden Sie nicht
ſelbſt zum Verſucher? Legten Sie nicht ſelbſt Stricke,
ſtellten Sie nicht Netze! Schwirrt Ihnen nicht der
ſchauerliche Klagegeſang der unglücklichen Vögel in
dieſen Netzen um die Seele? Ich höre dieſe Anklage¬
ſtimmen. St. Real, noch iſt es nicht zu ſpät! Be¬
nutzen Sie wenigſtens dieſe Gelegenheit, hören Sie
auf die Stimmen und beſſern ſich. Ihr Haar wird
grau, Ihr Athem kurz, mit jedem Tage auch Ihr
Leben um einen kürzer; Sie hinken, ach das Podagra
kriecht ſo ſchnell als der Vogel fliegt, wenn das Ziel
das Grab iſt. Laſſen Sie ſich dieſen ſchauerlichen
Moment gemahnen, weit ſind die Pforten zur Hölle,
aber eng die zum Himmel, wie dieſes Loch. Geloben
Sie, St. Real, Sie wollen Ihr Daſein beſſern, wie
es Ihren Jahren, Ihrer Geburt, Ihrem Stande
entſpricht. O Sie wiſſen nicht, wie das Ihre Bruſt
erleichtern wird, Ihr Keuchhuſten wird nachlaſſen,
Ihr Bein flinker werden, der Burgunder Ihnen wieder
ſchmecken. Retten Sie ſich, ſich ſelbſt, Ihrem Könige,
dem Staate. Schwören Sie mir, Sie wollen tugend¬
haft werden.“

„Alles, was Sie wollen!“

„Hier, Ihre Hand darauf?“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0355" n="341"/>
für alle Mal. &#x2014; Gehen Sie in &#x017F;ich, St. Real,<lb/>
werfen Sie einen Blick zurück, auf Ihr äußeres,<lb/>
ach auch auf Ihr inneres Leben. Bedenken Sie, wie<lb/>
oft Sie die Gelegenheit ver&#x017F;äumt, die &#x017F;ich Ihnen<lb/>
darbot, Gutes zu thun, und wie oft Sie dem Ver¬<lb/>
&#x017F;ucher in die Stricke gefallen &#x017F;ind. Ach! Wurden Sie nicht<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t zum Ver&#x017F;ucher? Legten Sie nicht &#x017F;elb&#x017F;t Stricke,<lb/>
&#x017F;tellten Sie nicht Netze! Schwirrt Ihnen nicht der<lb/>
&#x017F;chauerliche Klagege&#x017F;ang der unglücklichen Vögel in<lb/>
die&#x017F;en Netzen um die Seele? Ich höre die&#x017F;e Anklage¬<lb/>
&#x017F;timmen. St. Real, noch i&#x017F;t es nicht zu &#x017F;pät! Be¬<lb/>
nutzen Sie wenig&#x017F;tens die&#x017F;e Gelegenheit, hören Sie<lb/>
auf die Stimmen und be&#x017F;&#x017F;ern &#x017F;ich. Ihr Haar wird<lb/>
grau, Ihr Athem kurz, mit jedem Tage auch Ihr<lb/>
Leben um einen kürzer; Sie hinken, ach das Podagra<lb/>
kriecht &#x017F;o &#x017F;chnell als der Vogel fliegt, wenn das Ziel<lb/>
das Grab i&#x017F;t. La&#x017F;&#x017F;en Sie &#x017F;ich die&#x017F;en &#x017F;chauerlichen<lb/>
Moment gemahnen, weit &#x017F;ind die Pforten zur Hölle,<lb/>
aber eng die zum Himmel, wie die&#x017F;es Loch. Geloben<lb/>
Sie, St. Real, Sie wollen Ihr Da&#x017F;ein be&#x017F;&#x017F;ern, wie<lb/>
es Ihren Jahren, Ihrer Geburt, Ihrem Stande<lb/>
ent&#x017F;pricht. O Sie wi&#x017F;&#x017F;en nicht, wie das Ihre Bru&#x017F;t<lb/>
erleichtern wird, Ihr Keuchhu&#x017F;ten wird nachla&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Ihr Bein flinker werden, der Burgunder Ihnen wieder<lb/>
&#x017F;chmecken. Retten Sie &#x017F;ich, &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, Ihrem Könige,<lb/>
dem Staate. Schwören Sie mir, Sie wollen tugend¬<lb/>
haft werden.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Alles, was Sie wollen!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Hier, Ihre Hand darauf?&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[341/0355] für alle Mal. — Gehen Sie in ſich, St. Real, werfen Sie einen Blick zurück, auf Ihr äußeres, ach auch auf Ihr inneres Leben. Bedenken Sie, wie oft Sie die Gelegenheit verſäumt, die ſich Ihnen darbot, Gutes zu thun, und wie oft Sie dem Ver¬ ſucher in die Stricke gefallen ſind. Ach! Wurden Sie nicht ſelbſt zum Verſucher? Legten Sie nicht ſelbſt Stricke, ſtellten Sie nicht Netze! Schwirrt Ihnen nicht der ſchauerliche Klagegeſang der unglücklichen Vögel in dieſen Netzen um die Seele? Ich höre dieſe Anklage¬ ſtimmen. St. Real, noch iſt es nicht zu ſpät! Be¬ nutzen Sie wenigſtens dieſe Gelegenheit, hören Sie auf die Stimmen und beſſern ſich. Ihr Haar wird grau, Ihr Athem kurz, mit jedem Tage auch Ihr Leben um einen kürzer; Sie hinken, ach das Podagra kriecht ſo ſchnell als der Vogel fliegt, wenn das Ziel das Grab iſt. Laſſen Sie ſich dieſen ſchauerlichen Moment gemahnen, weit ſind die Pforten zur Hölle, aber eng die zum Himmel, wie dieſes Loch. Geloben Sie, St. Real, Sie wollen Ihr Daſein beſſern, wie es Ihren Jahren, Ihrer Geburt, Ihrem Stande entſpricht. O Sie wiſſen nicht, wie das Ihre Bruſt erleichtern wird, Ihr Keuchhuſten wird nachlaſſen, Ihr Bein flinker werden, der Burgunder Ihnen wieder ſchmecken. Retten Sie ſich, ſich ſelbſt, Ihrem Könige, dem Staate. Schwören Sie mir, Sie wollen tugend¬ haft werden.“ „Alles, was Sie wollen!“ „Hier, Ihre Hand darauf?“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/355
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/355>, abgerufen am 05.05.2024.