Hauses schaffen und erschüttern kann, warum nicht auch ihn repariren!"
"Ein geflicktes Haus und meine Ehre ist ver¬ loren," sagte der Kaufmann.
"Was kommt es auf die eigene Werthschätzung an, fiel Herr v. Wandel nach einigem Nachdenken ein, wo es sich handelt um die Constellation zum Allgemeinen. Die Ehre eines Handlungshauses wie eines Staates beruht auf der Meinung; die Meinung auf Illusionen. Herr über diese zu werden, ist die Aufgabe des Mannes, der überhaupt seine ver¬ steht. Und dieser gebrechlichste Schein aller ge¬ brechlichen Dinge, der Ruf eines Mädchens, sollte über diese Aufgabe hinaus liegen! Was wir mit einem spöttischen Blick, einer Geste, einem flüchtigen Wort verrichten können, sollte uns nicht gelingen, mit aller Kraft unsres Geistes, allen Mitteln, die uns die Natur gab, wieder herzustellen? Herr van Asten, was gilt die Wette, ich stelle den Ruf dieses Mäd¬ chens so wieder her, daß die tugendreichste Mutter ihre Töchter mit Vergnügen ihr zuführt."
"Er mag ein guter Cavalier sein, aber kein guter Kaufmann, sagte der Begleiter des Andern, als der Legationsrath sich rasch entfernt hatte. Ein guter Kaufmann setzt nicht so viel ein um etwas, was ihm so wenig einbringt."
"Und doch, entgegnete der Kaufmann, sah ich Niemand so glücklich speculiren seit der kurzen Zeit, daß wir in Geschäftsverbindung stehen."
Hauſes ſchaffen und erſchüttern kann, warum nicht auch ihn repariren!“
„Ein geflicktes Haus und meine Ehre iſt ver¬ loren,“ ſagte der Kaufmann.
„Was kommt es auf die eigene Werthſchätzung an, fiel Herr v. Wandel nach einigem Nachdenken ein, wo es ſich handelt um die Conſtellation zum Allgemeinen. Die Ehre eines Handlungshauſes wie eines Staates beruht auf der Meinung; die Meinung auf Illuſionen. Herr über dieſe zu werden, iſt die Aufgabe des Mannes, der überhaupt ſeine ver¬ ſteht. Und dieſer gebrechlichſte Schein aller ge¬ brechlichen Dinge, der Ruf eines Mädchens, ſollte über dieſe Aufgabe hinaus liegen! Was wir mit einem ſpöttiſchen Blick, einer Geſte, einem flüchtigen Wort verrichten können, ſollte uns nicht gelingen, mit aller Kraft unſres Geiſtes, allen Mitteln, die uns die Natur gab, wieder herzuſtellen? Herr van Aſten, was gilt die Wette, ich ſtelle den Ruf dieſes Mäd¬ chens ſo wieder her, daß die tugendreichſte Mutter ihre Töchter mit Vergnügen ihr zuführt.“
„Er mag ein guter Cavalier ſein, aber kein guter Kaufmann, ſagte der Begleiter des Andern, als der Legationsrath ſich raſch entfernt hatte. Ein guter Kaufmann ſetzt nicht ſo viel ein um etwas, was ihm ſo wenig einbringt.“
„Und doch, entgegnete der Kaufmann, ſah ich Niemand ſo glücklich ſpeculiren ſeit der kurzen Zeit, daß wir in Geſchäftsverbindung ſtehen.“
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Hauſes ſchaffen und erſchüttern kann, warum nicht
auch ihn repariren!“
„Ein geflicktes Haus und meine Ehre iſt ver¬
loren,“ ſagte der Kaufmann.
„Was kommt es auf die eigene Werthſchätzung
an, fiel Herr v. Wandel nach einigem Nachdenken
ein, wo es ſich handelt um die Conſtellation zum
Allgemeinen. Die Ehre eines Handlungshauſes wie
eines Staates beruht auf der Meinung; die Meinung
auf Illuſionen. Herr über dieſe zu werden, iſt die
Aufgabe des Mannes, der überhaupt ſeine ver¬
ſteht. Und dieſer gebrechlichſte Schein aller ge¬
brechlichen Dinge, der Ruf eines Mädchens, ſollte
über dieſe Aufgabe hinaus liegen! Was wir mit
einem ſpöttiſchen Blick, einer Geſte, einem flüchtigen
Wort verrichten können, ſollte uns nicht gelingen,
mit aller Kraft unſres Geiſtes, allen Mitteln, die
uns die Natur gab, wieder herzuſtellen? Herr van Aſten,
was gilt die Wette, ich ſtelle den Ruf dieſes Mäd¬
chens ſo wieder her, daß die tugendreichſte Mutter
ihre Töchter mit Vergnügen ihr zuführt.“
„Er mag ein guter Cavalier ſein, aber kein
guter Kaufmann, ſagte der Begleiter des Andern,
als der Legationsrath ſich raſch entfernt hatte. Ein
guter Kaufmann ſetzt nicht ſo viel ein um etwas, was
ihm ſo wenig einbringt.“
„Und doch, entgegnete der Kaufmann, ſah ich
Niemand ſo glücklich ſpeculiren ſeit der kurzen Zeit,
daß wir in Geſchäftsverbindung ſtehen.“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/333>, abgerufen am 24.11.2024.
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