Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

dann und wann kleine Dines arrangiren -- man
muß sich Freunde -- man muß die Gönner warm halten.
Einer hilft dem Andern. Es geht einmal nicht anders."

"Das begreife ich vollkommen, sagte die Schwä¬
gerin mit dem gedehnteren Tone, aber zu Ihren
Dines bestellen Sie ja die Schüsseln beim Koch
Corsika."

"Das wohl, in der Regel wenigstens, -- in¬
dessen -- "

"Essen Sie auch gern zu Hause gut. Und damit
Sie immer gut gekocht bekommen, ist Ihnen darum
zu thun, daß Charlotte immer bei guter Laune ist.
Der Calcul ist richtig, nur verdenken Sie es Ihrer
Familie nicht, wenn sie einen andern macht --"

"Welchen, meine verehrteste Schwägerin?"

"Mon beau-frere, sagte die Geheimräthin mit
dem Fächer einige kurze, bedeutungsvolle Schläge
durch die Luft führend, die Familie hofft, daß sie ihr nicht
den Chagrin anthun werden, die Person zu heirathen."

Der Geheimrath wurde roth, aber nicht sehr, er
klatschte mit beiden flachen Händen auf die Knie und
seufzte: "Ja -- man wird doch auch mit jedem Jahr
älter. Und eine Pflege wie ich sie nur wünschen kann."

"Herr Geheimrath, aber eine Mesalliance!"

"Mais, ma belle-soeur! Adam war unser Aller
Vater. Neulich am Klavier, ich hätte meine Schwä¬
gerin embrassiren mögen, Sie sangen es zu allerliebst:

Als Adam grub und Eva spann
Wer war denn da -- der erste Geheimrath?
2*

dann und wann kleine Dinés arrangiren — man
muß ſich Freunde — man muß die Gönner warm halten.
Einer hilft dem Andern. Es geht einmal nicht anders.“

„Das begreife ich vollkommen, ſagte die Schwä¬
gerin mit dem gedehnteren Tone, aber zu Ihren
Dinés beſtellen Sie ja die Schüſſeln beim Koch
Corſika.“

„Das wohl, in der Regel wenigſtens, — in¬
deſſen — “

„Eſſen Sie auch gern zu Hauſe gut. Und damit
Sie immer gut gekocht bekommen, iſt Ihnen darum
zu thun, daß Charlotte immer bei guter Laune iſt.
Der Calcul iſt richtig, nur verdenken Sie es Ihrer
Familie nicht, wenn ſie einen andern macht —“

„Welchen, meine verehrteſte Schwägerin?“

„Mon beau-frère, ſagte die Geheimräthin mit
dem Fächer einige kurze, bedeutungsvolle Schläge
durch die Luft führend, die Familie hofft, daß ſie ihr nicht
den Chagrin anthun werden, die Perſon zu heirathen.“

Der Geheimrath wurde roth, aber nicht ſehr, er
klatſchte mit beiden flachen Händen auf die Knie und
ſeufzte: „Ja — man wird doch auch mit jedem Jahr
älter. Und eine Pflege wie ich ſie nur wünſchen kann.“

„Herr Geheimrath, aber eine Mesalliance!“

„Mais, ma belle-soeur! Adam war unſer Aller
Vater. Neulich am Klavier, ich hätte meine Schwä¬
gerin embraſſiren mögen, Sie ſangen es zu allerliebſt:

Als Adam grub und Eva ſpann
Wer war denn da — der erſte Geheimrath?
2*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0033" n="19"/>
dann und wann kleine Din<hi rendition="#aq">é</hi>s arrangiren &#x2014; man<lb/>
muß &#x017F;ich Freunde &#x2014; man muß die Gönner warm halten.<lb/>
Einer hilft dem Andern. Es geht einmal nicht anders.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das begreife ich vollkommen, &#x017F;agte die Schwä¬<lb/>
gerin mit dem gedehnteren Tone, aber zu Ihren<lb/>
Din<hi rendition="#aq">é</hi>s be&#x017F;tellen Sie ja die Schü&#x017F;&#x017F;eln beim Koch<lb/>
Cor&#x017F;ika.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das wohl, in der Regel wenig&#x017F;tens, &#x2014; in¬<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en &#x2014; &#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;E&#x017F;&#x017F;en Sie auch gern zu Hau&#x017F;e gut. Und damit<lb/>
Sie immer gut gekocht bekommen, i&#x017F;t Ihnen darum<lb/>
zu thun, daß Charlotte immer bei guter Laune i&#x017F;t.<lb/>
Der Calcul i&#x017F;t richtig, nur verdenken Sie es Ihrer<lb/>
Familie nicht, wenn &#x017F;ie einen andern macht &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Welchen, meine verehrte&#x017F;te Schwägerin?&#x201C;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">&#x201E;Mon beau-frère,</hi> &#x017F;agte die Geheimräthin mit<lb/>
dem Fächer einige kurze, bedeutungsvolle Schläge<lb/>
durch die Luft führend, die Familie hofft, daß &#x017F;ie ihr nicht<lb/>
den Chagrin anthun werden, die Per&#x017F;on zu heirathen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Geheimrath wurde roth, aber nicht &#x017F;ehr, er<lb/>
klat&#x017F;chte mit beiden flachen Händen auf die Knie und<lb/>
&#x017F;eufzte: &#x201E;Ja &#x2014; man wird doch auch mit jedem Jahr<lb/>
älter. Und eine Pflege wie ich &#x017F;ie nur wün&#x017F;chen kann.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Herr Geheimrath, aber eine Mesalliance!&#x201C;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">&#x201E;Mais, ma belle-soeur!</hi> Adam war un&#x017F;er Aller<lb/>
Vater. Neulich am Klavier, ich hätte meine Schwä¬<lb/>
gerin embra&#x017F;&#x017F;iren mögen, Sie &#x017F;angen es zu allerlieb&#x017F;t:</p><lb/>
        <lg>
          <l rendition="#et">Als Adam grub und Eva &#x017F;pann</l><lb/>
          <l rendition="#et">Wer war denn da &#x2014; der er&#x017F;te Geheimrath?</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">2*<lb/></fw>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0033] dann und wann kleine Dinés arrangiren — man muß ſich Freunde — man muß die Gönner warm halten. Einer hilft dem Andern. Es geht einmal nicht anders.“ „Das begreife ich vollkommen, ſagte die Schwä¬ gerin mit dem gedehnteren Tone, aber zu Ihren Dinés beſtellen Sie ja die Schüſſeln beim Koch Corſika.“ „Das wohl, in der Regel wenigſtens, — in¬ deſſen — “ „Eſſen Sie auch gern zu Hauſe gut. Und damit Sie immer gut gekocht bekommen, iſt Ihnen darum zu thun, daß Charlotte immer bei guter Laune iſt. Der Calcul iſt richtig, nur verdenken Sie es Ihrer Familie nicht, wenn ſie einen andern macht —“ „Welchen, meine verehrteſte Schwägerin?“ „Mon beau-frère, ſagte die Geheimräthin mit dem Fächer einige kurze, bedeutungsvolle Schläge durch die Luft führend, die Familie hofft, daß ſie ihr nicht den Chagrin anthun werden, die Perſon zu heirathen.“ Der Geheimrath wurde roth, aber nicht ſehr, er klatſchte mit beiden flachen Händen auf die Knie und ſeufzte: „Ja — man wird doch auch mit jedem Jahr älter. Und eine Pflege wie ich ſie nur wünſchen kann.“ „Herr Geheimrath, aber eine Mesalliance!“ „Mais, ma belle-soeur! Adam war unſer Aller Vater. Neulich am Klavier, ich hätte meine Schwä¬ gerin embraſſiren mögen, Sie ſangen es zu allerliebſt: Als Adam grub und Eva ſpann Wer war denn da — der erſte Geheimrath? 2*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/33
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/33>, abgerufen am 20.04.2024.