"Er cultivirt nicht das Leben, fiel der Hausherr ein. Ich hatte immer gehofft, daß eine so spirituelle Frau ihm einen Elan geben würde."
"Passons la-dessus, sagte die Geheimräthin, mit einer eigenthümlichen Bewegung des Fächers. Ich begreife freilich zuweilen nicht, warum eigentlich Männer auf der Welt sind, die sich nichts aus ihr machen. Aber ich bin gewissermaßen in seinem Auf¬ trage hier."
"Von einem Gelehrten wie er weiß ich diese Attention zu schätzen. Warum mußte er aber neulich wieder ablehnen? Zu einer einfachen Suppe, a la for¬ tune du pot, ein Paar gute Freunde nur."
"Lupinus sagt, er verdirbt sich immer bei Ihnen den Magen."
"Scherz, Scherz! Spartanische Suppen kann ich freilich nicht vorsetzen, auch ist mein Malaga, mein Hochheimer; kein Falerner. Nichts als was ein armer Mann bieten kann. Müssen uns Alle nach der Decke strecken, aber herzlich gegeben und -- gut gekocht."
"Wenn Ihre Charlotte will, kocht sie vortrefflich, sagte die Geheimräthin mit einem jener Blicke, von denen wir sprachen. -- Sie werden sich schwer von ihr trennen können, setzte sie langsam hinzu. Sie werden sich vielleicht nie von ihr trennen wollen."
Der Blick und die Beobachtung hatte für den Geheimrath etwas, was ihn aus seiner Ruhe brachte.
"Liebste Schwägerin, in meiner Lage, -- in meinen Dienstverhältnissen, begreifen Sie, muß ich
„Er cultivirt nicht das Leben, fiel der Hausherr ein. Ich hatte immer gehofft, daß eine ſo ſpirituelle Frau ihm einen Elan geben würde.“
„Passons là-dessus, ſagte die Geheimräthin, mit einer eigenthümlichen Bewegung des Fächers. Ich begreife freilich zuweilen nicht, warum eigentlich Männer auf der Welt ſind, die ſich nichts aus ihr machen. Aber ich bin gewiſſermaßen in ſeinem Auf¬ trage hier.“
„Von einem Gelehrten wie er weiß ich dieſe Attention zu ſchätzen. Warum mußte er aber neulich wieder ablehnen? Zu einer einfachen Suppe, à la for¬ tune du pot, ein Paar gute Freunde nur.“
„Lupinus ſagt, er verdirbt ſich immer bei Ihnen den Magen.“
„Scherz, Scherz! Spartaniſche Suppen kann ich freilich nicht vorſetzen, auch iſt mein Malaga, mein Hochheimer; kein Falerner. Nichts als was ein armer Mann bieten kann. Müſſen uns Alle nach der Decke ſtrecken, aber herzlich gegeben und — gut gekocht.“
„Wenn Ihre Charlotte will, kocht ſie vortrefflich, ſagte die Geheimräthin mit einem jener Blicke, von denen wir ſprachen. — Sie werden ſich ſchwer von ihr trennen können, ſetzte ſie langſam hinzu. Sie werden ſich vielleicht nie von ihr trennen wollen.“
Der Blick und die Beobachtung hatte für den Geheimrath etwas, was ihn aus ſeiner Ruhe brachte.
„Liebſte Schwägerin, in meiner Lage, — in meinen Dienſtverhältniſſen, begreifen Sie, muß ich
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„Er cultivirt nicht das Leben, fiel der Hausherr
ein. Ich hatte immer gehofft, daß eine ſo ſpirituelle
Frau ihm einen Elan geben würde.“
„Passons là-dessus, ſagte die Geheimräthin, mit
einer eigenthümlichen Bewegung des Fächers. Ich
begreife freilich zuweilen nicht, warum eigentlich
Männer auf der Welt ſind, die ſich nichts aus ihr
machen. Aber ich bin gewiſſermaßen in ſeinem Auf¬
trage hier.“
„Von einem Gelehrten wie er weiß ich dieſe
Attention zu ſchätzen. Warum mußte er aber neulich
wieder ablehnen? Zu einer einfachen Suppe, à la for¬
tune du pot, ein Paar gute Freunde nur.“
„Lupinus ſagt, er verdirbt ſich immer bei Ihnen
den Magen.“
„Scherz, Scherz! Spartaniſche Suppen kann ich
freilich nicht vorſetzen, auch iſt mein Malaga, mein
Hochheimer; kein Falerner. Nichts als was ein armer
Mann bieten kann. Müſſen uns Alle nach der Decke
ſtrecken, aber herzlich gegeben und — gut gekocht.“
„Wenn Ihre Charlotte will, kocht ſie vortrefflich,
ſagte die Geheimräthin mit einem jener Blicke, von
denen wir ſprachen. — Sie werden ſich ſchwer von
ihr trennen können, ſetzte ſie langſam hinzu. Sie
werden ſich vielleicht nie von ihr trennen wollen.“
Der Blick und die Beobachtung hatte für den
Geheimrath etwas, was ihn aus ſeiner Ruhe brachte.
„Liebſte Schwägerin, in meiner Lage, — in
meinen Dienſtverhältniſſen, begreifen Sie, muß ich
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/32>, abgerufen am 16.07.2024.
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