und jeder Augenblick, der dem guten König eine Erquickung schafft, sagt Mutter, das ist ein gesegneter vor dem Herrn. --"
"O weh! zückte der Minister auf. Da hätte er etwas merken können!"
"Nein, Excellenz, er merkte nichts. Er drückte die Thräne aus dem Auge: Lichtenau! ich werde doch geliebt! Die Lichtenau hatte ihm etwas den Rücken gedreht."
"Richtig, ich sehe sie noch stehen."
"Und wischte auch am Auge. Er streichelte sie sanft am Arm, und sagte in seiner Herzensgüte: Das Kind versteht es nicht. Es sind Viele um den König, die für ihn sorgen und ihn lieb haben! -- Wie das Kind ihn da groß und unschuldig ansah: Der König hat jeden lieb, sagt Mutter, und das wäre ein schlechter Mensch, der nicht sein Alles für ihn giebt. -- Er mußte schnell weiter gehen, er fühlte sich erleichtert: Ich habe mal eine Stimme aus dem Volke gehört! Die Lichtenau sagte plötzlich: Ich wünschte, Euer Majestät hörten einmal die Stimme Ihres ganzen Volkes. -- Ach die ist wohl anders! -- Nein, Sire, sagte die Gräfin, das Tuch vor ihren gerötheten Augen. Ueberall dieselbe Liebe und Ver¬ ehrung; nur uns traut man nicht zu, daß wir sie theilen. Es ist vielleicht recht gut so. -- Ach es war ein capitales Weib!"
"Es brachte ihr auch die Schenkung ein von dem Gute -- wie heißt es doch gleich -- über das
und jeder Augenblick, der dem guten König eine Erquickung ſchafft, ſagt Mutter, das iſt ein geſegneter vor dem Herrn. —“
„O weh! zückte der Miniſter auf. Da hätte er etwas merken können!“
„Nein, Excellenz, er merkte nichts. Er drückte die Thräne aus dem Auge: Lichtenau! ich werde doch geliebt! Die Lichtenau hatte ihm etwas den Rücken gedreht.“
„Richtig, ich ſehe ſie noch ſtehen.“
„Und wiſchte auch am Auge. Er ſtreichelte ſie ſanft am Arm, und ſagte in ſeiner Herzensgüte: Das Kind verſteht es nicht. Es ſind Viele um den König, die für ihn ſorgen und ihn lieb haben! — Wie das Kind ihn da groß und unſchuldig anſah: Der König hat jeden lieb, ſagt Mutter, und das wäre ein ſchlechter Menſch, der nicht ſein Alles für ihn giebt. — Er mußte ſchnell weiter gehen, er fühlte ſich erleichtert: Ich habe mal eine Stimme aus dem Volke gehört! Die Lichtenau ſagte plötzlich: Ich wünſchte, Euer Majeſtät hörten einmal die Stimme Ihres ganzen Volkes. — Ach die iſt wohl anders! — Nein, Sire, ſagte die Gräfin, das Tuch vor ihren gerötheten Augen. Ueberall dieſelbe Liebe und Ver¬ ehrung; nur uns traut man nicht zu, daß wir ſie theilen. Es iſt vielleicht recht gut ſo. — Ach es war ein capitales Weib!“
„Es brachte ihr auch die Schenkung ein von dem Gute — wie heißt es doch gleich — über das
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0282"n="268"/>
und jeder Augenblick, der dem guten König eine<lb/>
Erquickung ſchafft, ſagt Mutter, das iſt ein geſegneter<lb/>
vor dem Herrn. —“</p><lb/><p>„O weh! zückte der Miniſter auf. Da hätte er<lb/>
etwas merken können!“</p><lb/><p>„Nein, Excellenz, er merkte nichts. Er drückte<lb/>
die Thräne aus dem Auge: Lichtenau! ich werde doch<lb/>
geliebt! Die Lichtenau hatte ihm etwas den Rücken<lb/>
gedreht.“</p><lb/><p>„Richtig, ich ſehe ſie noch ſtehen.“</p><lb/><p>„Und wiſchte auch am Auge. Er ſtreichelte ſie<lb/>ſanft am Arm, und ſagte in ſeiner Herzensgüte:<lb/>
Das Kind verſteht es nicht. Es ſind Viele um den<lb/>
König, die für ihn ſorgen und ihn lieb haben! —<lb/>
Wie das Kind ihn da groß und unſchuldig anſah:<lb/>
Der König hat jeden lieb, ſagt Mutter, und das<lb/>
wäre ein ſchlechter Menſch, der nicht ſein Alles für<lb/>
ihn giebt. — Er mußte ſchnell weiter gehen, er fühlte<lb/>ſich erleichtert: Ich habe mal eine Stimme aus dem<lb/>
Volke gehört! Die Lichtenau ſagte plötzlich: Ich<lb/>
wünſchte, Euer Majeſtät hörten einmal die Stimme<lb/>
Ihres ganzen Volkes. — Ach die iſt wohl anders!<lb/>— Nein, Sire, ſagte die Gräfin, das Tuch vor ihren<lb/>
gerötheten Augen. Ueberall dieſelbe Liebe und Ver¬<lb/>
ehrung; nur uns traut man nicht zu, daß wir ſie<lb/>
theilen. Es iſt vielleicht recht gut ſo. — Ach es war<lb/>
ein capitales Weib!“</p><lb/><p>„Es brachte ihr auch die Schenkung ein von<lb/>
dem Gute — wie heißt es doch gleich — über das<lb/></p></div></body></text></TEI>
[268/0282]
und jeder Augenblick, der dem guten König eine
Erquickung ſchafft, ſagt Mutter, das iſt ein geſegneter
vor dem Herrn. —“
„O weh! zückte der Miniſter auf. Da hätte er
etwas merken können!“
„Nein, Excellenz, er merkte nichts. Er drückte
die Thräne aus dem Auge: Lichtenau! ich werde doch
geliebt! Die Lichtenau hatte ihm etwas den Rücken
gedreht.“
„Richtig, ich ſehe ſie noch ſtehen.“
„Und wiſchte auch am Auge. Er ſtreichelte ſie
ſanft am Arm, und ſagte in ſeiner Herzensgüte:
Das Kind verſteht es nicht. Es ſind Viele um den
König, die für ihn ſorgen und ihn lieb haben! —
Wie das Kind ihn da groß und unſchuldig anſah:
Der König hat jeden lieb, ſagt Mutter, und das
wäre ein ſchlechter Menſch, der nicht ſein Alles für
ihn giebt. — Er mußte ſchnell weiter gehen, er fühlte
ſich erleichtert: Ich habe mal eine Stimme aus dem
Volke gehört! Die Lichtenau ſagte plötzlich: Ich
wünſchte, Euer Majeſtät hörten einmal die Stimme
Ihres ganzen Volkes. — Ach die iſt wohl anders!
— Nein, Sire, ſagte die Gräfin, das Tuch vor ihren
gerötheten Augen. Ueberall dieſelbe Liebe und Ver¬
ehrung; nur uns traut man nicht zu, daß wir ſie
theilen. Es iſt vielleicht recht gut ſo. — Ach es war
ein capitales Weib!“
„Es brachte ihr auch die Schenkung ein von
dem Gute — wie heißt es doch gleich — über das
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/282>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.