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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

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und sie wisse auch schon, daß Dein Avancement vor
der Thür steht."

"Da hat sie zu viel gehört, unterbrach der Kriegs¬
rath und ging auf und ab. Damit ist es vorbei.
Ich hörte --"

"Hat sie auch gehört, Du sollst Dir aber keine
grauen Haare darum wachsen lassen. Ein vornehmer
Graf aus Schwaben oder Schweiz, oder was er ist,
der möchte den Geheimrath Lupinus aus der Patsche
ziehen, und es soll ihm schon gelungen sein, daß er
die andern Gefangenen dazu rum gekriegt, eine Schrift
zu unterschreiben, daß sie schuld wären und nicht er."

"Die Frau Obristin weiß sehr viel."

"Aber wenn's mit dem einen Posten nicht wäre,
so wär's ein anderer, und wenn's nicht so, ginge es
so. Und wenn ein vornehmer Herr einmal sich was
in den Kopf gesetzt, da ließe er nicht nach, bis er's
durchgesetzt. Aber Du thätest doch nicht recht, daß
Du Dich gar nicht um Connexionen bekümmertest,
denn die Welt wäre nun mal so, die gebratenen
Tauben kämen uns nicht in den Mund geflogen, und
Connexionen und Freundschaften machten am Ende
Alles. Eine Hand wäscht die andere und eine Hand
drückt der andern das Auge zu, sagte sie. Und wenn
Du nur wolltest, so würde sie Dir Connexionen ver¬
schaffen, daß Du Dich wundern solltest, denn sie kennt
viele Herren vom Hofe, die bei ihr aus- und ein¬
gehen, und jeder hätte seine Schwächen, und wenn
jeder dem andern seine aufmutzen wollte, wär's in

und ſie wiſſe auch ſchon, daß Dein Avancement vor
der Thür ſteht.“

„Da hat ſie zu viel gehört, unterbrach der Kriegs¬
rath und ging auf und ab. Damit iſt es vorbei.
Ich hörte —“

„Hat ſie auch gehört, Du ſollſt Dir aber keine
grauen Haare darum wachſen laſſen. Ein vornehmer
Graf aus Schwaben oder Schweiz, oder was er iſt,
der möchte den Geheimrath Lupinus aus der Patſche
ziehen, und es ſoll ihm ſchon gelungen ſein, daß er
die andern Gefangenen dazu rum gekriegt, eine Schrift
zu unterſchreiben, daß ſie ſchuld wären und nicht er.“

„Die Frau Obriſtin weiß ſehr viel.“

„Aber wenn's mit dem einen Poſten nicht wäre,
ſo wär's ein anderer, und wenn's nicht ſo, ginge es
ſo. Und wenn ein vornehmer Herr einmal ſich was
in den Kopf geſetzt, da ließe er nicht nach, bis er's
durchgeſetzt. Aber Du thäteſt doch nicht recht, daß
Du Dich gar nicht um Connexionen bekümmerteſt,
denn die Welt wäre nun mal ſo, die gebratenen
Tauben kämen uns nicht in den Mund geflogen, und
Connexionen und Freundſchaften machten am Ende
Alles. Eine Hand wäſcht die andere und eine Hand
drückt der andern das Auge zu, ſagte ſie. Und wenn
Du nur wollteſt, ſo würde ſie Dir Connexionen ver¬
ſchaffen, daß Du Dich wundern ſollteſt, denn ſie kennt
viele Herren vom Hofe, die bei ihr aus- und ein¬
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[205/0219] und ſie wiſſe auch ſchon, daß Dein Avancement vor der Thür ſteht.“ „Da hat ſie zu viel gehört, unterbrach der Kriegs¬ rath und ging auf und ab. Damit iſt es vorbei. Ich hörte —“ „Hat ſie auch gehört, Du ſollſt Dir aber keine grauen Haare darum wachſen laſſen. Ein vornehmer Graf aus Schwaben oder Schweiz, oder was er iſt, der möchte den Geheimrath Lupinus aus der Patſche ziehen, und es ſoll ihm ſchon gelungen ſein, daß er die andern Gefangenen dazu rum gekriegt, eine Schrift zu unterſchreiben, daß ſie ſchuld wären und nicht er.“ „Die Frau Obriſtin weiß ſehr viel.“ „Aber wenn's mit dem einen Poſten nicht wäre, ſo wär's ein anderer, und wenn's nicht ſo, ginge es ſo. Und wenn ein vornehmer Herr einmal ſich was in den Kopf geſetzt, da ließe er nicht nach, bis er's durchgeſetzt. Aber Du thäteſt doch nicht recht, daß Du Dich gar nicht um Connexionen bekümmerteſt, denn die Welt wäre nun mal ſo, die gebratenen Tauben kämen uns nicht in den Mund geflogen, und Connexionen und Freundſchaften machten am Ende Alles. Eine Hand wäſcht die andere und eine Hand drückt der andern das Auge zu, ſagte ſie. Und wenn Du nur wollteſt, ſo würde ſie Dir Connexionen ver¬ ſchaffen, daß Du Dich wundern ſollteſt, denn ſie kennt viele Herren vom Hofe, die bei ihr aus- und ein¬ gehen, und jeder hätte ſeine Schwächen, und wenn jeder dem andern ſeine aufmutzen wollte, wär's in

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/219>, abgerufen am 24.11.2024.