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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

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der Welt nicht zum Aushalten. Wir alle sollten
brüderlich und christlich nur die guten Seiten der
andern uns merken, dann wär's eine Welt voll Liebe
und Freundschaft."

"Und im Grunde solls mir auch lieb sein," sagte
der Ehemann, der nicht genau zugehört, von wegen
seines Bruders in der Jägerstraße. "Die Brüder
Lupinus lieben sich zwar nicht sehr, es wäre aber
doch immer häßlich, wenn es hieße, daß ich ihn aus
dem Dienst verdrängt. -- Und wegen des Lehrers
habe ich auch heut mit dem Herrn Geheimrath ge¬
sprochen. -- Er ist ein junger Mann, aber wir sollten
uns daran nicht stoßen, sagte der Geheimrath. Er
kennt ihn seit Jahren, und er hilft ihm bei seiner
Bibliothek. Ein Mann von admirablen Kenntnissen,
und treibe grade das, was ein junges Mädchen braucht,
um in den Gesellschaften nicht den Mund zuzuhalten.
Und wir würden schon zufrieden sein. Er wird sich
heute Nachmittag uns präsentiren."

Diese Erwartung gab in der stillen Häuslichkeit
wieder einige Unruhe. Adelheid hatte die meiste Be¬
sorgniß, sie fürchtete das erste Examen, und daß sie
der Lehrer doch gar zu dumm finden würde.

Die Unruhe nahm mit Verlauf des Tages zu.
"Die Adelheid stellt sich wirklich vor, sagte die Mutter,
als würde er sie mit dem Lineal auf die Finger
klopfen."

Endlich klingelte es, kurz vor der Dämmerstunde,
der Lehrer trat ein. Der Eindruck, den er auf den

der Welt nicht zum Aushalten. Wir alle ſollten
brüderlich und chriſtlich nur die guten Seiten der
andern uns merken, dann wär's eine Welt voll Liebe
und Freundſchaft.“

„Und im Grunde ſolls mir auch lieb ſein,“ ſagte
der Ehemann, der nicht genau zugehört, von wegen
ſeines Bruders in der Jägerſtraße. „Die Brüder
Lupinus lieben ſich zwar nicht ſehr, es wäre aber
doch immer häßlich, wenn es hieße, daß ich ihn aus
dem Dienſt verdrängt. — Und wegen des Lehrers
habe ich auch heut mit dem Herrn Geheimrath ge¬
ſprochen. — Er iſt ein junger Mann, aber wir ſollten
uns daran nicht ſtoßen, ſagte der Geheimrath. Er
kennt ihn ſeit Jahren, und er hilft ihm bei ſeiner
Bibliothek. Ein Mann von admirablen Kenntniſſen,
und treibe grade das, was ein junges Mädchen braucht,
um in den Geſellſchaften nicht den Mund zuzuhalten.
Und wir würden ſchon zufrieden ſein. Er wird ſich
heute Nachmittag uns präſentiren.“

Dieſe Erwartung gab in der ſtillen Häuslichkeit
wieder einige Unruhe. Adelheid hatte die meiſte Be¬
ſorgniß, ſie fürchtete das erſte Examen, und daß ſie
der Lehrer doch gar zu dumm finden würde.

Die Unruhe nahm mit Verlauf des Tages zu.
„Die Adelheid ſtellt ſich wirklich vor, ſagte die Mutter,
als würde er ſie mit dem Lineal auf die Finger
klopfen.“

Endlich klingelte es, kurz vor der Dämmerſtunde,
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[206/0220] der Welt nicht zum Aushalten. Wir alle ſollten brüderlich und chriſtlich nur die guten Seiten der andern uns merken, dann wär's eine Welt voll Liebe und Freundſchaft.“ „Und im Grunde ſolls mir auch lieb ſein,“ ſagte der Ehemann, der nicht genau zugehört, von wegen ſeines Bruders in der Jägerſtraße. „Die Brüder Lupinus lieben ſich zwar nicht ſehr, es wäre aber doch immer häßlich, wenn es hieße, daß ich ihn aus dem Dienſt verdrängt. — Und wegen des Lehrers habe ich auch heut mit dem Herrn Geheimrath ge¬ ſprochen. — Er iſt ein junger Mann, aber wir ſollten uns daran nicht ſtoßen, ſagte der Geheimrath. Er kennt ihn ſeit Jahren, und er hilft ihm bei ſeiner Bibliothek. Ein Mann von admirablen Kenntniſſen, und treibe grade das, was ein junges Mädchen braucht, um in den Geſellſchaften nicht den Mund zuzuhalten. Und wir würden ſchon zufrieden ſein. Er wird ſich heute Nachmittag uns präſentiren.“ Dieſe Erwartung gab in der ſtillen Häuslichkeit wieder einige Unruhe. Adelheid hatte die meiſte Be¬ ſorgniß, ſie fürchtete das erſte Examen, und daß ſie der Lehrer doch gar zu dumm finden würde. Die Unruhe nahm mit Verlauf des Tages zu. „Die Adelheid ſtellt ſich wirklich vor, ſagte die Mutter, als würde er ſie mit dem Lineal auf die Finger klopfen.“ Endlich klingelte es, kurz vor der Dämmerſtunde, der Lehrer trat ein. Der Eindruck, den er auf den

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/220>, abgerufen am 24.11.2024.