Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

trug. Und weißt Du denn, ob nicht Soldaten im
Kruge sind!"

Der dritte August, oder die warme Sonne, oder
das Spiel des Lindenlaubs mußte auf der Brust des
Kriegsraths das Erz geschmolzen haben. Er fuhr
die Frau nicht an, worauf sie doch gefaßt war, er
sagte nicht, sie solle sich um das bekümmern, was sie
anginge, -- er gab ihr Recht. Aussprach er es
nicht, aber er zupfte der Lieblingstochter am Ohr:
"die Clara soll das Glas nachher zurückbringen und
das Pfand einlösen."

"Vater, es sind im Krug keine Soldaten. Aber
den alten Major Rittgarten traf ich da mit dem steifen
Beine. -- Der läßt Dir sagen, nach Tisch will er
uns auf eine Tasse Kaffe besuchen. Er freute sich,
mich zu sehen, und freut sich noch mehr, mit Dir
ein halb Stündchen zu plaudern."

"Ich will gar nichts damit gesagt haben, Alter,
daß Du durstig warst und mal einen guten Trunk
Dir machen wolltest, sagte die Frau, als die Tochter
fortgehüpft war, auch meinethalben mochtest Du sie
schicken, aber thue doch die Augen auf; sie wächst ja
aus den Kleidern raus, und wir thun noch immer
als ob sie ein Kind wäre."

"Ist geboren in der Nacht, wo der Gensd'armen¬
thurm einstürzte, sagte der Kriegsrath. Das vergißt
sich nicht und läßt sich leicht ausrechnen."

"Nun ja, siehst Du, für uns kann sie immer
noch ein Kind sein, aber was sollen die Leute draußen

trug. Und weißt Du denn, ob nicht Soldaten im
Kruge ſind!“

Der dritte Auguſt, oder die warme Sonne, oder
das Spiel des Lindenlaubs mußte auf der Bruſt des
Kriegsraths das Erz geſchmolzen haben. Er fuhr
die Frau nicht an, worauf ſie doch gefaßt war, er
ſagte nicht, ſie ſolle ſich um das bekümmern, was ſie
anginge, — er gab ihr Recht. Ausſprach er es
nicht, aber er zupfte der Lieblingstochter am Ohr:
„die Clara ſoll das Glas nachher zurückbringen und
das Pfand einlöſen.“

„Vater, es ſind im Krug keine Soldaten. Aber
den alten Major Rittgarten traf ich da mit dem ſteifen
Beine. — Der läßt Dir ſagen, nach Tiſch will er
uns auf eine Taſſe Kaffe beſuchen. Er freute ſich,
mich zu ſehen, und freut ſich noch mehr, mit Dir
ein halb Stündchen zu plaudern.“

„Ich will gar nichts damit geſagt haben, Alter,
daß Du durſtig warſt und mal einen guten Trunk
Dir machen wollteſt, ſagte die Frau, als die Tochter
fortgehüpft war, auch meinethalben mochteſt Du ſie
ſchicken, aber thue doch die Augen auf; ſie wächſt ja
aus den Kleidern raus, und wir thun noch immer
als ob ſie ein Kind wäre.“

„Iſt geboren in der Nacht, wo der Gensd'armen¬
thurm einſtürzte, ſagte der Kriegsrath. Das vergißt
ſich nicht und läßt ſich leicht ausrechnen.“

„Nun ja, ſiehſt Du, für uns kann ſie immer
noch ein Kind ſein, aber was ſollen die Leute draußen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0141" n="127"/>
trug. Und weißt Du denn, ob nicht Soldaten im<lb/>
Kruge &#x017F;ind!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der dritte Augu&#x017F;t, oder die warme Sonne, oder<lb/>
das Spiel des Lindenlaubs mußte auf der Bru&#x017F;t des<lb/>
Kriegsraths das Erz ge&#x017F;chmolzen haben. Er fuhr<lb/>
die Frau nicht an, worauf &#x017F;ie doch gefaßt war, er<lb/>
&#x017F;agte nicht, &#x017F;ie &#x017F;olle &#x017F;ich um das bekümmern, was &#x017F;ie<lb/>
anginge, &#x2014; er gab ihr Recht. Aus&#x017F;prach er es<lb/>
nicht, aber er zupfte der Lieblingstochter am Ohr:<lb/>
&#x201E;die Clara &#x017F;oll das Glas nachher zurückbringen und<lb/>
das Pfand einlö&#x017F;en.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Vater, es &#x017F;ind im Krug keine Soldaten. Aber<lb/>
den alten Major Rittgarten traf ich da mit dem &#x017F;teifen<lb/>
Beine. &#x2014; Der läßt Dir &#x017F;agen, nach Ti&#x017F;ch will er<lb/>
uns auf eine Ta&#x017F;&#x017F;e Kaffe be&#x017F;uchen. Er freute &#x017F;ich,<lb/>
mich zu &#x017F;ehen, und freut &#x017F;ich noch mehr, mit Dir<lb/>
ein halb Stündchen zu plaudern.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich will gar nichts damit ge&#x017F;agt haben, Alter,<lb/>
daß Du dur&#x017F;tig war&#x017F;t und mal einen guten Trunk<lb/>
Dir machen wollte&#x017F;t, &#x017F;agte die Frau, als die Tochter<lb/>
fortgehüpft war, auch meinethalben mochte&#x017F;t Du &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;chicken, aber thue doch die Augen auf; &#x017F;ie wäch&#x017F;t ja<lb/>
aus den Kleidern raus, und wir thun noch immer<lb/>
als ob &#x017F;ie ein Kind wäre.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;I&#x017F;t geboren in der Nacht, wo der Gensd'armen¬<lb/>
thurm ein&#x017F;türzte, &#x017F;agte der Kriegsrath. Das vergißt<lb/>
&#x017F;ich nicht und läßt &#x017F;ich leicht ausrechnen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nun ja, &#x017F;ieh&#x017F;t Du, für uns kann &#x017F;ie immer<lb/>
noch ein Kind &#x017F;ein, aber was &#x017F;ollen die Leute draußen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0141] trug. Und weißt Du denn, ob nicht Soldaten im Kruge ſind!“ Der dritte Auguſt, oder die warme Sonne, oder das Spiel des Lindenlaubs mußte auf der Bruſt des Kriegsraths das Erz geſchmolzen haben. Er fuhr die Frau nicht an, worauf ſie doch gefaßt war, er ſagte nicht, ſie ſolle ſich um das bekümmern, was ſie anginge, — er gab ihr Recht. Ausſprach er es nicht, aber er zupfte der Lieblingstochter am Ohr: „die Clara ſoll das Glas nachher zurückbringen und das Pfand einlöſen.“ „Vater, es ſind im Krug keine Soldaten. Aber den alten Major Rittgarten traf ich da mit dem ſteifen Beine. — Der läßt Dir ſagen, nach Tiſch will er uns auf eine Taſſe Kaffe beſuchen. Er freute ſich, mich zu ſehen, und freut ſich noch mehr, mit Dir ein halb Stündchen zu plaudern.“ „Ich will gar nichts damit geſagt haben, Alter, daß Du durſtig warſt und mal einen guten Trunk Dir machen wollteſt, ſagte die Frau, als die Tochter fortgehüpft war, auch meinethalben mochteſt Du ſie ſchicken, aber thue doch die Augen auf; ſie wächſt ja aus den Kleidern raus, und wir thun noch immer als ob ſie ein Kind wäre.“ „Iſt geboren in der Nacht, wo der Gensd'armen¬ thurm einſtürzte, ſagte der Kriegsrath. Das vergißt ſich nicht und läßt ſich leicht ausrechnen.“ „Nun ja, ſiehſt Du, für uns kann ſie immer noch ein Kind ſein, aber was ſollen die Leute draußen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/141
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/141>, abgerufen am 06.05.2024.