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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

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"Genialität, mon ami! Ces beaux temps sont
passees
. Sie werden mich gewiß nicht zu den
Rigorosen rechnen, aber man muß doch auch mit
einem gewissen Ernst, der unserer Stellung und un¬
serem Alter ziemt, die Verhältnisse betrachten. Es
mußte anders werden. Das sittliche Gefühl des
jungen Monarchen war durch so viel Affröses ver¬
letzt. Man hätte sich nicht wundern dürfen, wenn
er selbst mit rigoroser Strenge dazwischen fuhr.
Aber in seiner milden, bescheidenen Weise zieht er
es vor, nur durch sein Beispiel zu wirken. Und es
ist überraschend, wie es schon gewirkt hat. Wie me¬
nagiren sich jetzt die Damen am Hofe! Hört man
noch das disgustirende Geplauder von sonst! Ein
Wort, ein strafender Blick der Königin, und wie der
Nebel beim Sonnenschein wird es rein -- die choc¬
quirenden Confidenzen verstummen. Kennen Sie die
alte Voß wieder? Ganz die Airs einer würdigen
Matrone! Wenn es auch noch nicht überall einklingt,
so macht man doch Efforts. Selbst Conteß Laura,
geht sie wohl noch so ausgeschnitten wie sonst? Und
wenn man auch noch die Redouten in Bergers Saal
besucht, mit welcher Decenz geschieht es. Da kennt
keine die andere, so tief maskirt! Ihre Wagen lassen
sie schon an der Ecke der Dorotheenstraße zurück. Nein
die Progressen in der öffentlichen Moral sind un¬
verkennbar. Und die Minister! Was kann denn er¬
hebender sein, als wie der unsere den Glanz des
Weltmannes von sich abgestreift hat, und wie ein

„Genialität, mon ami! Ces beaux temps sont
passées
. Sie werden mich gewiß nicht zu den
Rigoroſen rechnen, aber man muß doch auch mit
einem gewiſſen Ernſt, der unſerer Stellung und un¬
ſerem Alter ziemt, die Verhältniſſe betrachten. Es
mußte anders werden. Das ſittliche Gefühl des
jungen Monarchen war durch ſo viel Affröſes ver¬
letzt. Man hätte ſich nicht wundern dürfen, wenn
er ſelbſt mit rigoroſer Strenge dazwiſchen fuhr.
Aber in ſeiner milden, beſcheidenen Weiſe zieht er
es vor, nur durch ſein Beiſpiel zu wirken. Und es
iſt überraſchend, wie es ſchon gewirkt hat. Wie me¬
nagiren ſich jetzt die Damen am Hofe! Hört man
noch das disguſtirende Geplauder von ſonſt! Ein
Wort, ein ſtrafender Blick der Königin, und wie der
Nebel beim Sonnenſchein wird es rein — die choc¬
quirenden Confidenzen verſtummen. Kennen Sie die
alte Voß wieder? Ganz die Airs einer würdigen
Matrone! Wenn es auch noch nicht überall einklingt,
ſo macht man doch Efforts. Selbſt Conteß Laura,
geht ſie wohl noch ſo ausgeſchnitten wie ſonſt? Und
wenn man auch noch die Redouten in Bergers Saal
beſucht, mit welcher Decenz geſchieht es. Da kennt
keine die andere, ſo tief maskirt! Ihre Wagen laſſen
ſie ſchon an der Ecke der Dorotheenſtraße zurück. Nein
die Progreſſen in der öffentlichen Moral ſind un¬
verkennbar. Und die Miniſter! Was kann denn er¬
hebender ſein, als wie der unſere den Glanz des
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[110/0124] „Genialität, mon ami! Ces beaux temps sont passées. Sie werden mich gewiß nicht zu den Rigoroſen rechnen, aber man muß doch auch mit einem gewiſſen Ernſt, der unſerer Stellung und un¬ ſerem Alter ziemt, die Verhältniſſe betrachten. Es mußte anders werden. Das ſittliche Gefühl des jungen Monarchen war durch ſo viel Affröſes ver¬ letzt. Man hätte ſich nicht wundern dürfen, wenn er ſelbſt mit rigoroſer Strenge dazwiſchen fuhr. Aber in ſeiner milden, beſcheidenen Weiſe zieht er es vor, nur durch ſein Beiſpiel zu wirken. Und es iſt überraſchend, wie es ſchon gewirkt hat. Wie me¬ nagiren ſich jetzt die Damen am Hofe! Hört man noch das disguſtirende Geplauder von ſonſt! Ein Wort, ein ſtrafender Blick der Königin, und wie der Nebel beim Sonnenſchein wird es rein — die choc¬ quirenden Confidenzen verſtummen. Kennen Sie die alte Voß wieder? Ganz die Airs einer würdigen Matrone! Wenn es auch noch nicht überall einklingt, ſo macht man doch Efforts. Selbſt Conteß Laura, geht ſie wohl noch ſo ausgeſchnitten wie ſonſt? Und wenn man auch noch die Redouten in Bergers Saal beſucht, mit welcher Decenz geſchieht es. Da kennt keine die andere, ſo tief maskirt! Ihre Wagen laſſen ſie ſchon an der Ecke der Dorotheenſtraße zurück. Nein die Progreſſen in der öffentlichen Moral ſind un¬ verkennbar. Und die Miniſter! Was kann denn er¬ hebender ſein, als wie der unſere den Glanz des Weltmannes von ſich abgeſtreift hat, und wie ein

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/124>, abgerufen am 25.11.2024.