Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100."Nein, Oheim," erhob sich plötzlich Adelaide, die "Wer Weib und Kind lächelnd vom Ufer aus in Ein Schrei unterbrach mich hier; als wir uns „Nein, Oheim,“ erhob ſich plötzlich Adelaide, die „Wer Weib und Kind lächelnd vom Ufer aus in Ein Schrei unterbrach mich hier; als wir uns <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0071"/> <p>„Nein, Oheim,“ erhob ſich plötzlich Adelaide, die<lb/> bis dahin in ihrem entfernten Armſeſſel zu ſchlummern<lb/> geſchienen, „es waren Männer“ — und ich fuhr, durch<lb/> das Bewußtſeyn, einen Bundesgenoſſen zu haben, er-<lb/> muthigt fort:</p><lb/> <p>„Wer Weib und Kind lächelnd vom Ufer aus in<lb/> den Fluthen untergehn ſieht, und ſich ſelbſt dem Hen-<lb/> ker ausliefert, den wärmt mehr als ein Strohfeuer;<lb/> und kein Verlangen, ſich mehr zu amüſiren, hieß den<lb/> edlen Marigni ſtehn bleiben und ſelbſt „Feuer!“ com-<lb/> mandiren, als ſein verrätheriſcher Freund die Mörder<lb/> auf ihn abgeſchickt hatte.“ —</p><lb/> <p>Ein Schrei unterbrach mich hier; als wir uns<lb/> umſahn, kämpfte Adelaide mit einer Ohnmacht. Der<lb/> Maire ſtampfte auf den Boden. Jch glaubte zu hö-<lb/> ren: „Sie muß fort.“ Er war mir nie ſo häßlich<lb/> vorgekommen; je mehr ich ihn mir aber anſah, um ſo<lb/> mehr dünkte mich, ich hätte ihn ſchon irgendwo geſehn.<lb/> Er war der Ohnmächtigen zugeeilt, aber während ſie<lb/> in ſeinen Armen ſich erhohlte, ſchien es mir, als um-<lb/> faſſe ein finſterer Dämon einen Engel, der ſeinen Kral-<lb/> len entſchlüpfen wollte. Seine Töne waren ſanft, be-<lb/> ruhigend; flüſterte ſein verzerrter Mund ihr aber nicht<lb/> etwas anderes ins Ohr, wenn er ſich über ſie beugte?<lb/> Als der erſte Blick ihrer ſchönen Augen ſeine finſteren<lb/> Brauen traf, ſah ich ſie ſichtlich zuſammenſchrecken.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0071]
„Nein, Oheim,“ erhob ſich plötzlich Adelaide, die
bis dahin in ihrem entfernten Armſeſſel zu ſchlummern
geſchienen, „es waren Männer“ — und ich fuhr, durch
das Bewußtſeyn, einen Bundesgenoſſen zu haben, er-
muthigt fort:
„Wer Weib und Kind lächelnd vom Ufer aus in
den Fluthen untergehn ſieht, und ſich ſelbſt dem Hen-
ker ausliefert, den wärmt mehr als ein Strohfeuer;
und kein Verlangen, ſich mehr zu amüſiren, hieß den
edlen Marigni ſtehn bleiben und ſelbſt „Feuer!“ com-
mandiren, als ſein verrätheriſcher Freund die Mörder
auf ihn abgeſchickt hatte.“ —
Ein Schrei unterbrach mich hier; als wir uns
umſahn, kämpfte Adelaide mit einer Ohnmacht. Der
Maire ſtampfte auf den Boden. Jch glaubte zu hö-
ren: „Sie muß fort.“ Er war mir nie ſo häßlich
vorgekommen; je mehr ich ihn mir aber anſah, um ſo
mehr dünkte mich, ich hätte ihn ſchon irgendwo geſehn.
Er war der Ohnmächtigen zugeeilt, aber während ſie
in ſeinen Armen ſich erhohlte, ſchien es mir, als um-
faſſe ein finſterer Dämon einen Engel, der ſeinen Kral-
len entſchlüpfen wollte. Seine Töne waren ſanft, be-
ruhigend; flüſterte ſein verzerrter Mund ihr aber nicht
etwas anderes ins Ohr, wenn er ſich über ſie beugte?
Als der erſte Blick ihrer ſchönen Augen ſeine finſteren
Brauen traf, ſah ich ſie ſichtlich zuſammenſchrecken.
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