hieß ich ihn mit den Worten: "Jch hoffe eine gute Nacht zu haben," gehn, und er wünschte mir "eine sichere Nacht."
Sein höhnisches Gesicht überzeugte mich nicht, daß meine Vorsicht unnütz sey. Jn diesen zerstreuten Wald- dörfern hatte der Trommelschlag viele unserer Solda- ten vergeblich zum Sammelplatz gerufen. Mancher, der am Abend noch gesund und frisch zwischen den Hecken verschwand, auf dem Wege nach seinem fernen Quartier, war nie wieder zum Vorschein gekommen. Ein schneller Abmarsch schützte die Mörder vor jeder Nachsuchung. Es war keine unnatürliche Gedanken- folge, die den Einschlummernden überschlich: "Keiner meiner Kameraden weiß mein Quartier. Mein Führer riß mich heftig fort. Er ist Soldat, ein misvergnüg- ter, entlassener. Dies rohe Landvolk würgte mit kal- tem Blute seine Brüder in der Revolution. Was gilt ihm ein Feind des Vaterlandes? Diese Hecken sind an- gepflanzt zu heimlichen Mordthaten; in dieser abgele- genen Hütte hört Niemand das Todesgeschrei. Unter dem Apfelbaum verscharrt, Rasen darauf gelegt, wer fragt in Ewigkeit nach dem Fremden?" Aber ich schlief doch ein.
Jch wachte auch wieder -- und nicht erschlagen -- auf. Aber nicht der Capitain, und nicht der Sonnen- strahl weckten mich, sondern der Regen, welcher unun-
hieß ich ihn mit den Worten: „Jch hoffe eine gute Nacht zu haben,“ gehn, und er wünſchte mir „eine ſichere Nacht.“
Sein höhniſches Geſicht überzeugte mich nicht, daß meine Vorſicht unnütz ſey. Jn dieſen zerſtreuten Wald- dörfern hatte der Trommelſchlag viele unſerer Solda- ten vergeblich zum Sammelplatz gerufen. Mancher, der am Abend noch geſund und friſch zwiſchen den Hecken verſchwand, auf dem Wege nach ſeinem fernen Quartier, war nie wieder zum Vorſchein gekommen. Ein ſchneller Abmarſch ſchützte die Mörder vor jeder Nachſuchung. Es war keine unnatürliche Gedanken- folge, die den Einſchlummernden überſchlich: „Keiner meiner Kameraden weiß mein Quartier. Mein Führer riß mich heftig fort. Er iſt Soldat, ein misvergnüg- ter, entlaſſener. Dies rohe Landvolk würgte mit kal- tem Blute ſeine Brüder in der Revolution. Was gilt ihm ein Feind des Vaterlandes? Dieſe Hecken ſind an- gepflanzt zu heimlichen Mordthaten; in dieſer abgele- genen Hütte hört Niemand das Todesgeſchrei. Unter dem Apfelbaum verſcharrt, Raſen darauf gelegt, wer fragt in Ewigkeit nach dem Fremden?“ Aber ich ſchlief doch ein.
Jch wachte auch wieder — und nicht erſchlagen — auf. Aber nicht der Capitain, und nicht der Sonnen- ſtrahl weckten mich, ſondern der Regen, welcher unun-
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[0049]
hieß ich ihn mit den Worten: „Jch hoffe eine gute Nacht
zu haben,“ gehn, und er wünſchte mir „eine ſichere
Nacht.“
Sein höhniſches Geſicht überzeugte mich nicht, daß
meine Vorſicht unnütz ſey. Jn dieſen zerſtreuten Wald-
dörfern hatte der Trommelſchlag viele unſerer Solda-
ten vergeblich zum Sammelplatz gerufen. Mancher,
der am Abend noch geſund und friſch zwiſchen den
Hecken verſchwand, auf dem Wege nach ſeinem fernen
Quartier, war nie wieder zum Vorſchein gekommen.
Ein ſchneller Abmarſch ſchützte die Mörder vor jeder
Nachſuchung. Es war keine unnatürliche Gedanken-
folge, die den Einſchlummernden überſchlich: „Keiner
meiner Kameraden weiß mein Quartier. Mein Führer
riß mich heftig fort. Er iſt Soldat, ein misvergnüg-
ter, entlaſſener. Dies rohe Landvolk würgte mit kal-
tem Blute ſeine Brüder in der Revolution. Was gilt
ihm ein Feind des Vaterlandes? Dieſe Hecken ſind an-
gepflanzt zu heimlichen Mordthaten; in dieſer abgele-
genen Hütte hört Niemand das Todesgeſchrei. Unter
dem Apfelbaum verſcharrt, Raſen darauf gelegt, wer
fragt in Ewigkeit nach dem Fremden?“ Aber ich ſchlief
doch ein.
Jch wachte auch wieder — und nicht erſchlagen —
auf. Aber nicht der Capitain, und nicht der Sonnen-
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Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/49>, abgerufen am 30.07.2024.
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