Stubenthür auf, durch welche, eine Flinte um die Schul- ter, mein großer Führer eintrat. Der Franzose setzte sich, mit einem trüben bon soir auf einen Schemel am Feuer, und wärmte seine Hände. Die Erscheinung des Capitains war keinesweges geeignet, mir mehreres Ver- trauen zu meinen Wirthen einzuflößen. Obgleich in seinen Zügen nichts Unedles und Bösartiges lag, so schwebte doch immer auf den Lippen ein höhnisches Lä- cheln; er sang ein Liedchen, wies die Zähne, und schien in der Unterhaltung mit sich selbst die Umstehenden zu vergessen. Er langte ein Paar Rebhühner aus der Jagdtasche und sagte: "Hier Mutter! Etwas von den Feldern des Maire." -- "Um Gottes Willen, Mat- thieu, wenn es Dir nur nicht einmal schlimm zu stehen kommt:" -- Er erwiederte: "Wenn der König uns ver- bietet, das Blei gegen unsre Feinde zu brauchen, so müssen die Freunde zusehen, daß sie's nicht auf den Pelz bekommen." Beim Worte Freunde grinste er ganz besonders und blickte auf mich.
Jch nahm Tornister und Büchse, und forderte mein Nachtlager. Der Capitain nahm selbst die einzige Lampe, und geleitete mich in die Nebenkammer, wo unter duf- tenden Aepfelhaufen ein Lager von Strohmatratzen berei- tet lag. Vor seinen Augen lud ich meine Büchse, legte sie und den Hirschfänger auf einen Tisch neben dem Bette und mich angezogen auf dasselbe. Darauf
Stubenthür auf, durch welche, eine Flinte um die Schul- ter, mein großer Führer eintrat. Der Franzoſe ſetzte ſich, mit einem trüben bon soir auf einen Schemel am Feuer, und wärmte ſeine Hände. Die Erſcheinung des Capitains war keinesweges geeignet, mir mehreres Ver- trauen zu meinen Wirthen einzuflößen. Obgleich in ſeinen Zügen nichts Unedles und Bösartiges lag, ſo ſchwebte doch immer auf den Lippen ein höhniſches Lä- cheln; er ſang ein Liedchen, wies die Zähne, und ſchien in der Unterhaltung mit ſich ſelbſt die Umſtehenden zu vergeſſen. Er langte ein Paar Rebhühner aus der Jagdtaſche und ſagte: „Hier Mutter! Etwas von den Feldern des Maire.“ — „Um Gottes Willen, Mat- thieu, wenn es Dir nur nicht einmal ſchlimm zu ſtehen kommt:“ — Er erwiederte: „Wenn der König uns ver- bietet, das Blei gegen unſre Feinde zu brauchen, ſo müſſen die Freunde zuſehen, daß ſie’s nicht auf den Pelz bekommen.“ Beim Worte Freunde grinſte er ganz beſonders und blickte auf mich.
Jch nahm Torniſter und Büchſe, und forderte mein Nachtlager. Der Capitain nahm ſelbſt die einzige Lampe, und geleitete mich in die Nebenkammer, wo unter duf- tenden Aepfelhaufen ein Lager von Strohmatratzen berei- tet lag. Vor ſeinen Augen lud ich meine Büchſe, legte ſie und den Hirſchfänger auf einen Tiſch neben dem Bette und mich angezogen auf daſſelbe. Darauf
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[0048]
Stubenthür auf, durch welche, eine Flinte um die Schul-
ter, mein großer Führer eintrat. Der Franzoſe ſetzte
ſich, mit einem trüben bon soir auf einen Schemel am
Feuer, und wärmte ſeine Hände. Die Erſcheinung des
Capitains war keinesweges geeignet, mir mehreres Ver-
trauen zu meinen Wirthen einzuflößen. Obgleich in
ſeinen Zügen nichts Unedles und Bösartiges lag, ſo
ſchwebte doch immer auf den Lippen ein höhniſches Lä-
cheln; er ſang ein Liedchen, wies die Zähne, und ſchien
in der Unterhaltung mit ſich ſelbſt die Umſtehenden zu
vergeſſen. Er langte ein Paar Rebhühner aus der
Jagdtaſche und ſagte: „Hier Mutter! Etwas von den
Feldern des Maire.“ — „Um Gottes Willen, Mat-
thieu, wenn es Dir nur nicht einmal ſchlimm zu ſtehen
kommt:“ — Er erwiederte: „Wenn der König uns ver-
bietet, das Blei gegen unſre Feinde zu brauchen, ſo
müſſen die Freunde zuſehen, daß ſie’s nicht auf den
Pelz bekommen.“ Beim Worte Freunde grinſte er
ganz beſonders und blickte auf mich.
Jch nahm Torniſter und Büchſe, und forderte mein
Nachtlager. Der Capitain nahm ſelbſt die einzige Lampe,
und geleitete mich in die Nebenkammer, wo unter duf-
tenden Aepfelhaufen ein Lager von Strohmatratzen berei-
tet lag. Vor ſeinen Augen lud ich meine Büchſe,
legte ſie und den Hirſchfänger auf einen Tiſch neben
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Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/48>, abgerufen am 30.07.2024.
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