aufgezählter politischer Richtungen muss man mindestens von deren Existenz etwas wissen ; bezw. über deren quantitative Ausdehnung und deren qualitativen In- halt genügend authentisch unterrichtet sein. Diese we- sentlichste Funktion des Parlaments, im Registrie- ren der sogen. öffentlichen Meinung bestehend, kann selbst in demokratisch regierten Ländern und selbst zu normalen Friedenszeiten nicht durch die parteipolitisch getrennte Presse vollauf ersetzt werden. Denn aus der letzteren kann nur der qualitative Inhalt der diversen Strömungen im politischen Denken und Fühlen der Bevöl- kerung ermittelt werden; nicht aber die genauere Messung des quantitativenVerhältnisses jener Strömungen unter- einander; indem jede Partei, teilweise aus Verblendung und teilweise zu absichtlichen Propaganda- bezw. Re- klame-Zwecken, gewöhnlich im Namen des ganzen Volkes spricht, welches, als angeblich nur hinter dieser Partei ste- hend, absichtlich dargestellt wird. Ohne ein frei ge- wähltes und mit wirklich immuner Redefrei- heit ausgerüstetes Parlament, das ein mechanisches Ab- zählen der Stimmen ermöglicht, würde die quantitative Abschätzung der relativen Stärke der diversen Parteiströ- mungen nur dem subjektiven Augenmasse der jeweiligen Machthaber überlassen sein, wobei die fast unvermeidliche Gefahr des Wunsches als Ahnen des Gedankens leicht mitspielen könnte.
Noch viel wichtiger und unerlässlicher für jeweilige Machthaber beim objektiven Herausfühlen des politischen Pulsschlages der Volksseele, bezw. dessen Wandlungen, ist die oben geschilderte Registrierungsrolle des Parlamentes bei Regierungsformen mit gewissem auto- kratischen oder bureaukratischen Anhauche und zwar ganz besonders zu Zeitabschnitten, in welchen gewisse Nöte zum Gebrauch von Hypnose, Einschüchterung und Zensur
aufgezählter politischer Richtungen muss man mindestens von deren Existenz etwas wissen ; bezw. über deren quantitative Ausdehnung und deren qualitativen In- halt genügend authentisch unterrichtet sein. Diese we- sentlichste Funktion des Parlaments, im Registrie- ren der sogen. öffentlichen Meinung bestehend, kann selbst in demokratisch regierten Ländern und selbst zu normalen Friedenszeiten nicht durch die parteipolitisch getrennte Presse vollauf ersetzt werden. Denn aus der letzteren kann nur der qualitative Inhalt der diversen Strömungen im politischen Denken und Fühlen der Bevöl- kerung ermittelt werden; nicht aber die genauere Messung des quantitativenVerhältnisses jener Strömungen unter- einander; indem jede Partei, teilweise aus Verblendung und teilweise zu absichtlichen Propaganda- bezw. Re- klame-Zwecken, gewöhnlich im Namen des ganzen Volkes spricht, welches, als angeblich nur hinter dieser Partei ste- hend, absichtlich dargestellt wird. Ohne ein frei ge- wähltes und mit wirklich immuner Redefrei- heit ausgerüstetes Parlament, das ein mechanisches Ab- zählen der Stimmen ermöglicht, würde die quantitative Abschätzung der relativen Stärke der diversen Parteiströ- mungen nur dem subjektiven Augenmasse der jeweiligen Machthaber überlassen sein, wobei die fast unvermeidliche Gefahr des Wunsches als Ahnen des Gedankens leicht mitspielen könnte.
Noch viel wichtiger und unerlässlicher für jeweilige Machthaber beim objektiven Herausfühlen des politischen Pulsschlages der Volksseele, bezw. dessen Wandlungen, ist die oben geschilderte Registrierungsrolle des Parlamentes bei Regierungsformen mit gewissem auto- kratischen oder bureaukratischen Anhauche und zwar ganz besonders zu Zeitabschnitten, in welchen gewisse Nöte zum Gebrauch von Hypnose, Einschüchterung und Zensur
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aufgezählter politischer Richtungen muss man mindestens
von deren Existenz etwas wissen ; bezw. über deren
quantitative Ausdehnung und deren qualitativen In-
halt genügend authentisch unterrichtet sein. Diese we-
sentlichste Funktion des Parlaments, im Registrie-
ren der sogen. öffentlichen Meinung bestehend, kann
selbst in demokratisch regierten Ländern und selbst zu
normalen Friedenszeiten nicht durch die parteipolitisch
getrennte Presse vollauf ersetzt werden. Denn aus der
letzteren kann nur der qualitative Inhalt der diversen
Strömungen im politischen Denken und Fühlen der Bevöl-
kerung ermittelt werden; nicht aber die genauere Messung
des quantitativenVerhältnisses jener Strömungen unter-
einander; indem jede Partei, teilweise aus Verblendung
und teilweise zu absichtlichen Propaganda- bezw. Re-
klame-Zwecken, gewöhnlich im Namen des ganzen Volkes
spricht, welches, als angeblich nur hinter dieser Partei ste-
hend, absichtlich dargestellt wird. Ohne ein frei ge-
wähltes und mit wirklich immuner Redefrei-
heit ausgerüstetes Parlament, das ein mechanisches Ab-
zählen der Stimmen ermöglicht, würde die quantitative
Abschätzung der relativen Stärke der diversen Parteiströ-
mungen nur dem subjektiven Augenmasse der jeweiligen
Machthaber überlassen sein, wobei die fast unvermeidliche
Gefahr des Wunsches als Ahnen des Gedankens leicht
mitspielen könnte.
Noch viel wichtiger und unerlässlicher für jeweilige
Machthaber beim objektiven Herausfühlen des politischen
Pulsschlages der Volksseele, bezw. dessen Wandlungen,
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Alapin, Simon: Zum Kapitel Frauen-Wahlrecht. Heidelberg, 1917, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alapin_kapitel_1917/7>, abgerufen am 20.05.2022.
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