Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.Vermischte Gedichte. Es mag der Jupiter geträncket werden Mit Nectar/ das noch du/ noch ich gekost; Was Fürst- und Göttlich ist bey uns auff Erden/ Sieht/ hört und trincket ihm am Weine Lust. Der Wein macht klug/ erfreut und wohl beliebet/ Was wahr/ was heimlich/ bringt der Wein hervor/ Wein ists/ der Mutt zu Red und Fechten giebet/ Das Wasser sinckt/ der Wein hebt sich empor. So wird des Weines Ruhm und Lob erhöhen/ Wer seine Seel an Krug und Becher hengt. Will man zur ernsten Schaar der Weisen gehen/ Die Nutzen/ Ehr und Lust zugleich bedenckt/ So wird das Widerspiel durchaus erschallen. Ein rauher Seneca/ ein Arrian/ Läst ihm vor Malvasier und Sect gefallen/ Was er aus seiner Bach genüssen kan. Des Weines Uberfluß schwächt sein Gemütte/ Druckt zu der Erde den erhobnen Geist. Die noch von gestern her beschwerte Hütte Ists/ die die Seele mit zu Boden reist. Ein Sitten-Lehrer wird dich so bescheiden: Ein Gläßgen über Durst/ ist schon zu viel. Das süsse Gifft/ den Wein/ muß fleißig meiden Wer ihm das höchste Gutt erwerben will. Ein Redner nennt den Wein die Pest der Sinnen/ Und widerlegt was der Poet erhebt. Wie wolte der den Mund gebrauchen künnen/ Dem Zunge/ Witz und Hertz am Glase klebt? Der kühle Wasserstrohm von Hippocrenen/ Der zu der Poesie soll geben Krafft/ Im Fall man Glauben giebt den Phöbus-Söhnen/ Führt mit sich weder Korn-noch Reben-Safft/ Es g 2
Vermiſchte Gedichte. Es mag der Jupiter getraͤncket werden Mit Nectar/ das noch du/ noch ich gekoſt; Was Fuͤrſt- und Goͤttlich iſt bey uns auff Erden/ Sieht/ hoͤrt und trincket ihm am Weine Luſt. Der Wein macht klug/ erfreut und wohl beliebet/ Was wahr/ was heimlich/ bringt der Wein hervor/ Wein iſts/ der Mutt zu Red und Fechten giebet/ Das Waſſer ſinckt/ der Wein hebt ſich empor. So wird des Weines Ruhm und Lob erhoͤhen/ Wer ſeine Seel an Krug und Becher hengt. Will man zur ernſten Schaar der Weiſen gehen/ Die Nutzen/ Ehr und Luſt zugleich bedenckt/ So wird das Widerſpiel durchaus erſchallen. Ein rauher Seneca/ ein Arrian/ Laͤſt ihm vor Malvaſier und Sect gefallen/ Was er aus ſeiner Bach genuͤſſen kan. Des Weines Uberfluß ſchwaͤcht ſein Gemuͤtte/ Druckt zu der Erde den erhobnen Geiſt. Die noch von geſtern her beſchwerte Huͤtte Iſts/ die die Seele mit zu Boden reiſt. Ein Sitten-Lehrer wird dich ſo beſcheiden: Ein Glaͤßgen uͤber Durſt/ iſt ſchon zu viel. Das ſuͤſſe Gifft/ den Wein/ muß fleißig meiden Wer ihm das hoͤchſte Gutt erwerben will. Ein Redner nennt den Wein die Peſt der Sinnen/ Und widerlegt was der Poet erhebt. Wie wolte der den Mund gebrauchen kuͤnnen/ Dem Zunge/ Witz und Hertz am Glaſe klebt? Der kuͤhle Waſſerſtrohm von Hippocrenen/ Der zu der Poeſie ſoll geben Krafft/ Im Fall man Glauben giebt den Phoͤbus-Soͤhnen/ Fuͤhrt mit ſich weder Korn-noch Reben-Safft/ Es g 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0679" n="99"/> <fw place="top" type="header">Vermiſchte Gedichte.</fw><lb/> <lg n="33"> <l>Es mag der Jupiter getraͤncket werden</l><lb/> <l>Mit Nectar/ das noch du/ noch ich gekoſt;</l><lb/> <l>Was Fuͤrſt- und Goͤttlich iſt bey uns auff Erden/</l><lb/> <l>Sieht/ hoͤrt und trincket ihm am Weine Luſt.</l> </lg><lb/> <lg n="34"> <l>Der Wein macht klug/ erfreut und wohl beliebet/</l><lb/> <l>Was wahr/ was heimlich/ bringt der Wein hervor/</l><lb/> <l>Wein iſts/ der Mutt zu Red und Fechten giebet/</l><lb/> <l>Das Waſſer ſinckt/ der Wein hebt ſich empor.</l> </lg><lb/> <lg n="35"> <l>So wird des Weines Ruhm und Lob erhoͤhen/</l><lb/> <l>Wer ſeine Seel an Krug und Becher hengt.</l><lb/> <l>Will man zur ernſten Schaar der Weiſen gehen/</l><lb/> <l>Die Nutzen/ Ehr und Luſt zugleich bedenckt/</l> </lg><lb/> <lg n="36"> <l>So wird das Widerſpiel durchaus erſchallen.</l><lb/> <l>Ein rauher Seneca/ ein Arrian/</l><lb/> <l>Laͤſt ihm vor Malvaſier und Sect gefallen/</l><lb/> <l>Was er aus ſeiner Bach genuͤſſen kan.</l> </lg><lb/> <lg n="37"> <l>Des Weines Uberfluß ſchwaͤcht ſein Gemuͤtte/</l><lb/> <l>Druckt zu der Erde den erhobnen Geiſt.</l><lb/> <l>Die noch von geſtern her beſchwerte Huͤtte</l><lb/> <l>Iſts/ die die Seele mit zu Boden reiſt.</l> </lg><lb/> <lg n="38"> <l>Ein Sitten-Lehrer wird dich ſo beſcheiden:</l><lb/> <l>Ein Glaͤßgen uͤber Durſt/ iſt ſchon zu viel.</l><lb/> <l>Das ſuͤſſe Gifft/ den Wein/ muß fleißig meiden</l><lb/> <l>Wer ihm das hoͤchſte Gutt erwerben will.</l> </lg><lb/> <lg n="39"> <l>Ein Redner nennt den Wein die Peſt der Sinnen/</l><lb/> <l>Und widerlegt was der Poet erhebt.</l><lb/> <l>Wie wolte der den Mund gebrauchen kuͤnnen/</l><lb/> <l>Dem Zunge/ Witz und Hertz am Glaſe klebt?</l> </lg><lb/> <lg n="40"> <l>Der kuͤhle Waſſerſtrohm von Hippocrenen/</l><lb/> <l>Der zu der Poeſie ſoll geben Krafft/</l><lb/> <l>Im Fall man Glauben giebt den Phoͤbus-Soͤhnen/</l><lb/> <l>Fuͤhrt mit ſich weder Korn-noch Reben-Safft/</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">g 2</fw> <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [99/0679]
Vermiſchte Gedichte.
Es mag der Jupiter getraͤncket werden
Mit Nectar/ das noch du/ noch ich gekoſt;
Was Fuͤrſt- und Goͤttlich iſt bey uns auff Erden/
Sieht/ hoͤrt und trincket ihm am Weine Luſt.
Der Wein macht klug/ erfreut und wohl beliebet/
Was wahr/ was heimlich/ bringt der Wein hervor/
Wein iſts/ der Mutt zu Red und Fechten giebet/
Das Waſſer ſinckt/ der Wein hebt ſich empor.
So wird des Weines Ruhm und Lob erhoͤhen/
Wer ſeine Seel an Krug und Becher hengt.
Will man zur ernſten Schaar der Weiſen gehen/
Die Nutzen/ Ehr und Luſt zugleich bedenckt/
So wird das Widerſpiel durchaus erſchallen.
Ein rauher Seneca/ ein Arrian/
Laͤſt ihm vor Malvaſier und Sect gefallen/
Was er aus ſeiner Bach genuͤſſen kan.
Des Weines Uberfluß ſchwaͤcht ſein Gemuͤtte/
Druckt zu der Erde den erhobnen Geiſt.
Die noch von geſtern her beſchwerte Huͤtte
Iſts/ die die Seele mit zu Boden reiſt.
Ein Sitten-Lehrer wird dich ſo beſcheiden:
Ein Glaͤßgen uͤber Durſt/ iſt ſchon zu viel.
Das ſuͤſſe Gifft/ den Wein/ muß fleißig meiden
Wer ihm das hoͤchſte Gutt erwerben will.
Ein Redner nennt den Wein die Peſt der Sinnen/
Und widerlegt was der Poet erhebt.
Wie wolte der den Mund gebrauchen kuͤnnen/
Dem Zunge/ Witz und Hertz am Glaſe klebt?
Der kuͤhle Waſſerſtrohm von Hippocrenen/
Der zu der Poeſie ſoll geben Krafft/
Im Fall man Glauben giebt den Phoͤbus-Soͤhnen/
Fuͤhrt mit ſich weder Korn-noch Reben-Safft/
Es
g 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/679 |
Zitationshilfe: | Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/679>, abgerufen am 25.07.2024. |