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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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Himmel-Schlüssel.
Der Thränen aus dem Aug/ und Blutt vom Hertzen schweist.
Kein Kürbiß-Blat beschirmt mich nicht/
Wenn dieser Sonne Feuer sticht/
Kein dunckler Wald noch düstre Höle
Kühlt oder birgt die matte Seele.

Der Unschuld reines Kleid/ zu dem ich war erkohren/
Hab ich durch Evens Lust und Adams Biß verlohren/
Mein Wahnwitz reist mir selbst den Rock des Heiles ab/
Den mir der Tauffe Bund doch zu gebrauchen gab.
Die mit viel Schuld beschwärzte Schoß
Ist leider aller Zierde bloß/
Nichts hab ich mehr mit Furcht und Zagen/
Als nackte Dürfftigkeit zu klagen.
Wo soll ich fliehen hin? der Tag will kühle werden/
Die Gnaden-Sonne neigt sich weit von mir zur Erden/
Von fernen dräuet mir Zahnklappern finstrer Grufft/
Von Hinten schrecket mich das Stürmen schwartzer Lufft:
Wie sich ein Aespen-Laub bewegt/
Wenn Eurus Zweig an Zweige schlägt/
So sieht man unter solchem Wittern
Mein höchsterschrocknes Hertze zittern.
Wohin verberg ich mich für GOttes Angesichte?
Der tieffsten Berge Klufft ist seinen Augen lichte!
Sezt ich dem Rücken gleich Matutens Flügel an/
So weiß ich/ daß sein Blick mich doch ereilen kan.
Des abgelegnen Meeres Grund
Ist ihm durch alle Flutten kund/
Wolt ich mir in die Hölle betten/
So findt sich da auch kein Erretten.
Last' Decken Babylons mit stoltzem Ruhme sticken/
Mich kan kein fremder Zeug bey eignem Mangel schmü-
cken/

Ich poche nur umsonst auff Arbeit meiner Hand/
Und würcke nichts als Müh und Frevel zum Gewand.
Mit Adams welckem Feigen-Blat
Bedeck ich meine Missethat/
Mein

Himmel-Schluͤſſel.
Der Thraͤnen aus dem Aug/ und Blutt vom Hertzen ſchweiſt.
Kein Kuͤrbiß-Blat beſchirmt mich nicht/
Wenn dieſer Sonne Feuer ſticht/
Kein dunckler Wald noch duͤſtre Hoͤle
Kuͤhlt oder birgt die matte Seele.

Der Unſchuld reines Kleid/ zu dem ich war erkohren/
Hab ich durch Evens Luſt und Adams Biß verlohren/
Mein Wahnwitz reiſt mir ſelbſt den Rock des Heiles ab/
Den mir der Tauffe Bund doch zu gebrauchen gab.
Die mit viel Schuld beſchwaͤrzte Schoß
Iſt leider aller Zierde bloß/
Nichts hab ich mehr mit Furcht und Zagen/
Als nackte Duͤrfftigkeit zu klagen.
Wo ſoll ich fliehen hin? der Tag will kuͤhle werden/
Die Gnaden-Sonne neigt ſich weit von mir zur Erden/
Von fernen draͤuet mir Zahnklappern finſtrer Grufft/
Von Hinten ſchrecket mich das Stuͤrmen ſchwartzer Lufft:
Wie ſich ein Aeſpen-Laub bewegt/
Wenn Eurus Zweig an Zweige ſchlaͤgt/
So ſieht man unter ſolchem Wittern
Mein hoͤchſterſchrocknes Hertze zittern.
Wohin verberg ich mich fuͤr GOttes Angeſichte?
Der tieffſten Berge Klufft iſt ſeinen Augen lichte!
Sezt ich dem Ruͤcken gleich Matutens Fluͤgel an/
So weiß ich/ daß ſein Blick mich doch ereilen kan.
Des abgelegnen Meeres Grund
Iſt ihm durch alle Flutten kund/
Wolt ich mir in die Hoͤlle betten/
So findt ſich da auch kein Erretten.
Laſt’ Decken Babylons mit ſtoltzem Ruhme ſticken/
Mich kan kein fremder Zeug bey eignem Mangel ſchmuͤ-
cken/

Ich poche nur umſonſt auff Arbeit meiner Hand/
Und wuͤrcke nichts als Muͤh und Frevel zum Gewand.
Mit Adams welckem Feigen-Blat
Bedeck ich meine Miſſethat/
Mein
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[91/0511] Himmel-Schluͤſſel. Der Thraͤnen aus dem Aug/ und Blutt vom Hertzen ſchweiſt. Kein Kuͤrbiß-Blat beſchirmt mich nicht/ Wenn dieſer Sonne Feuer ſticht/ Kein dunckler Wald noch duͤſtre Hoͤle Kuͤhlt oder birgt die matte Seele. Der Unſchuld reines Kleid/ zu dem ich war erkohren/ Hab ich durch Evens Luſt und Adams Biß verlohren/ Mein Wahnwitz reiſt mir ſelbſt den Rock des Heiles ab/ Den mir der Tauffe Bund doch zu gebrauchen gab. Die mit viel Schuld beſchwaͤrzte Schoß Iſt leider aller Zierde bloß/ Nichts hab ich mehr mit Furcht und Zagen/ Als nackte Duͤrfftigkeit zu klagen. Wo ſoll ich fliehen hin? der Tag will kuͤhle werden/ Die Gnaden-Sonne neigt ſich weit von mir zur Erden/ Von fernen draͤuet mir Zahnklappern finſtrer Grufft/ Von Hinten ſchrecket mich das Stuͤrmen ſchwartzer Lufft: Wie ſich ein Aeſpen-Laub bewegt/ Wenn Eurus Zweig an Zweige ſchlaͤgt/ So ſieht man unter ſolchem Wittern Mein hoͤchſterſchrocknes Hertze zittern. Wohin verberg ich mich fuͤr GOttes Angeſichte? Der tieffſten Berge Klufft iſt ſeinen Augen lichte! Sezt ich dem Ruͤcken gleich Matutens Fluͤgel an/ So weiß ich/ daß ſein Blick mich doch ereilen kan. Des abgelegnen Meeres Grund Iſt ihm durch alle Flutten kund/ Wolt ich mir in die Hoͤlle betten/ So findt ſich da auch kein Erretten. Laſt’ Decken Babylons mit ſtoltzem Ruhme ſticken/ Mich kan kein fremder Zeug bey eignem Mangel ſchmuͤ- cken/ Ich poche nur umſonſt auff Arbeit meiner Hand/ Und wuͤrcke nichts als Muͤh und Frevel zum Gewand. Mit Adams welckem Feigen-Blat Bedeck ich meine Miſſethat/ Mein

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/511>, abgerufen am 26.07.2024.