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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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ANEMONS und
Man hörte sie die Wette singen
Mit einer stoltzen Nachtigall.
Wem hätte dieser süsse Schall
Nicht durch das Hertze sollen dringen?
Doch ihrer reinen Stimme Zier
Gieng tausend Nachtigallen für.
An dem gelinden Oder-Strande
Da sezten sie und Amor an/
Wer am gewißten schißen kan;
Ihr blieb der Sieg/ und ihm die Schande.
Was sonst Cupidens Pfeil verlacht/
Das hat ihr Blicken wund gemacht.
Wenn sie denn alles kan besiegen/
Und nichts ist/ das ihr widerspricht/
Warum soll meine Freyheit nicht
Zu ihren edlen Füssen liegen?
Ich bin ihr willig unterthan/
Und bete meine Fässel an.


Die erst-auffgestandene Rosilis.
Ich kam den andern Tag zur Rosilis gegangen/
Als sie zum Morgen noch unangeleget war.
Sie stellte die Auror in eignem Bilde dar/
Wenn sie der frühen Welt zeigt ihre Rosen-Wangen.
Die Augen/ welche fast der Schlaff noch hielt umfangen/
Verglichen sich der erst entwichnen Sternen-Schaar/
Ihr über Stirne/ Wang und Hals gestreutes Haar
Dem Netze/ welches uns die theuren Würme langen.
Der weißen Hände Schnee schien heller denn der Tag/
Der angebohrne Schmuck/ die lieblichen Geberden/
Beschämten was der Fleiß/ die kluge Kunst/ vermag.
Giebt Rosilis/ mein Licht/ zum Morgen solchen Schein/
Wie soll mein Hertze nicht zu lauter Flamme werden
Wenn sie wird angelegt in vollem Mittag seyn!
Der
ANEMONS und
Man hoͤrte ſie die Wette ſingen
Mit einer ſtoltzen Nachtigall.
Wem haͤtte dieſer ſuͤſſe Schall
Nicht durch das Hertze ſollen dringen?
Doch ihrer reinen Stimme Zier
Gieng tauſend Nachtigallen fuͤr.
An dem gelinden Oder-Strande
Da ſezten ſie und Amor an/
Wer am gewißten ſchißen kan;
Ihr blieb der Sieg/ und ihm die Schande.
Was ſonſt Cupidens Pfeil verlacht/
Das hat ihr Blicken wund gemacht.
Wenn ſie denn alles kan beſiegen/
Und nichts iſt/ das ihr widerſpricht/
Warum ſoll meine Freyheit nicht
Zu ihren edlen Fuͤſſen liegen?
Ich bin ihr willig unterthan/
Und bete meine Faͤſſel an.


Die erſt-auffgeſtandene Roſilis.
Ich kam den andern Tag zur Roſilis gegangen/
Als ſie zum Morgen noch unangeleget war.
Sie ſtellte die Auror in eignem Bilde dar/
Wenn ſie der fruͤhen Welt zeigt ihre Roſen-Wangen.
Die Augen/ welche faſt der Schlaff noch hielt umfangen/
Verglichen ſich der erſt entwichnen Sternen-Schaar/
Ihr uͤber Stirne/ Wang und Hals geſtreutes Haar
Dem Netze/ welches uns die theuren Wuͤrme langen.
Der weißen Haͤnde Schnee ſchien heller denn der Tag/
Der angebohrne Schmuck/ die lieblichen Geberden/
Beſchaͤmten was der Fleiß/ die kluge Kunſt/ vermag.
Giebt Roſilis/ mein Licht/ zum Morgen ſolchen Schein/
Wie ſoll mein Hertze nicht zu lauter Flamme werden
Wenn ſie wird angelegt in vollem Mittag ſeyn!
Der
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[262/0362] ANEMONS und Man hoͤrte ſie die Wette ſingen Mit einer ſtoltzen Nachtigall. Wem haͤtte dieſer ſuͤſſe Schall Nicht durch das Hertze ſollen dringen? Doch ihrer reinen Stimme Zier Gieng tauſend Nachtigallen fuͤr. An dem gelinden Oder-Strande Da ſezten ſie und Amor an/ Wer am gewißten ſchißen kan; Ihr blieb der Sieg/ und ihm die Schande. Was ſonſt Cupidens Pfeil verlacht/ Das hat ihr Blicken wund gemacht. Wenn ſie denn alles kan beſiegen/ Und nichts iſt/ das ihr widerſpricht/ Warum ſoll meine Freyheit nicht Zu ihren edlen Fuͤſſen liegen? Ich bin ihr willig unterthan/ Und bete meine Faͤſſel an. Die erſt-auffgeſtandene Roſilis. Ich kam den andern Tag zur Roſilis gegangen/ Als ſie zum Morgen noch unangeleget war. Sie ſtellte die Auror in eignem Bilde dar/ Wenn ſie der fruͤhen Welt zeigt ihre Roſen-Wangen. Die Augen/ welche faſt der Schlaff noch hielt umfangen/ Verglichen ſich der erſt entwichnen Sternen-Schaar/ Ihr uͤber Stirne/ Wang und Hals geſtreutes Haar Dem Netze/ welches uns die theuren Wuͤrme langen. Der weißen Haͤnde Schnee ſchien heller denn der Tag/ Der angebohrne Schmuck/ die lieblichen Geberden/ Beſchaͤmten was der Fleiß/ die kluge Kunſt/ vermag. Giebt Roſilis/ mein Licht/ zum Morgen ſolchen Schein/ Wie ſoll mein Hertze nicht zu lauter Flamme werden Wenn ſie wird angelegt in vollem Mittag ſeyn! Der

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/362>, abgerufen am 19.05.2024.