Wo nehm' ich Farben her/ dich zierlich auszuschmücken? Wo find' ich Worte/ die genugsam kräfftig seyn/ Der schwachen Geister Schaar von dir zu bilden ein Die Schönheit/ die sie nicht mit blödem Aug' erblicken? Sie stellen Mängel aus an Nase/ Schos und Rücken: Der ist nicht lang genung/ die schwartz und jene klein/ Und was die Spötter mehr zu deinem Schimpff ausschreyn; Und dennoch müssen sich für dir viel Hertzen bücken. Ein' unbekannte Krafft/ diß Blicken/ dieser Geist/ Ein uns verborgner Zug/ den ich nicht nennen kan Und dennoch fühl'/ ists/ der die Hertzen zu dir reist. Der finstere Magnet zieht blanckes Eisen an/ Aus schwartzen Mumien/ aus Gifft-gefürchten Sachen Kan Klugheit und Verstand ein heilsam Labsal machen.
Inique se natura gessit & talem animum male collocavit.
Haec mihi videtur in exemplar edita, ut scire possemus, non de- formitate corporis foedari animum, sed pulchritudine animi cor- pus ornari.
Ex deformi humilique corpusculo formosus animus ac ma- gnus interdum erumpit.
Errare mihi visus est qui dixit: Gratior est pulchro veniens e corpore virtus; nullo enim honestamento eget, ipsa & magnum sui decus est, & corpus suum consecrat.
Philosophia non fuit oculis contenta, majus esse quiddam su- spicata est & pulchrius, quod extra conspectum natura po- suisset.
Quae malam faciem habent saepius pudicae sunt.
Non fulgetis extrinsecus: bona vestra introrsus obversa sunt.
Ista puella redemit vitia virtutibus, & plus habet quod laudes, quam quod ignoscas.
50. Die
ADIMARI
49. Die Schoͤne Haͤßliche.
Wo nehm’ ich Farben her/ dich zierlich auszuſchmuͤcken? Wo find’ ich Worte/ die genugſam kraͤfftig ſeyn/ Der ſchwachen Geiſter Schaar von dir zu bilden ein Die Schoͤnheit/ die ſie nicht mit bloͤdem Aug’ erblicken? Sie ſtellen Maͤngel aus an Naſe/ Schos und Ruͤcken: Der iſt nicht lang genung/ die ſchwartz und jene klein/ Und was die Spoͤtter mehr zu deinem Schimpff ausſchreyn; Und dennoch muͤſſen ſich fuͤr dir viel Hertzen buͤcken. Ein’ unbekannte Krafft/ diß Blicken/ dieſer Geiſt/ Ein uns verborgner Zug/ den ich nicht nennen kan Und dennoch fuͤhl’/ iſts/ der die Hertzen zu dir reiſt. Der finſtere Magnet zieht blanckes Eiſen an/ Aus ſchwartzen Mumien/ aus Gifft-gefuͤrchten Sachen Kan Klugheit und Verſtand ein heilſam Labſal machen.
Inique ſe natura geſſit & talem animum male collocavit.
Hæc mihi videtur in exemplar edita, ut ſcire poſſemus, non de- formitate corporis fœdari animum, ſed pulchritudine animi cor- pus ornari.
Ex deformi humilique corpusculo formoſus animus ac ma- gnus interdum erumpit.
Errare mihi viſus eſt qui dixit: Gratior eſt pulchro veniens è corpore virtus; nullo enim honeſtamento eget, ipſa & magnum ſui decus eſt, & corpus ſuum conſecrat.
Philoſophia non fuit oculis contenta, majus eſſe quiddam ſu- ſpicata eſt & pulchrius, quod extra conſpectum natura po- ſuiſſet.
Quæ malam faciem habent ſæpius pudicæ ſunt.
Non fulgetis extrinſecus: bona veſtra introrſus obverſa ſunt.
Iſta puella redemit vitia virtutibus, & plus habet quod laudes, quam quod ignoſcas.
50. Die
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ADIMARI
49. Die Schoͤne Haͤßliche.
Wo nehm’ ich Farben her/ dich zierlich auszuſchmuͤcken?
Wo find’ ich Worte/ die genugſam kraͤfftig ſeyn/
Der ſchwachen Geiſter Schaar von dir zu bilden ein
Die Schoͤnheit/ die ſie nicht mit bloͤdem Aug’ erblicken?
Sie ſtellen Maͤngel aus an Naſe/ Schos und Ruͤcken:
Der iſt nicht lang genung/ die ſchwartz und jene klein/
Und was die Spoͤtter mehr zu deinem Schimpff ausſchreyn;
Und dennoch muͤſſen ſich fuͤr dir viel Hertzen buͤcken.
Ein’ unbekannte Krafft/ diß Blicken/ dieſer Geiſt/
Ein uns verborgner Zug/ den ich nicht nennen kan
Und dennoch fuͤhl’/ iſts/ der die Hertzen zu dir reiſt.
Der finſtere Magnet zieht blanckes Eiſen an/
Aus ſchwartzen Mumien/ aus Gifft-gefuͤrchten Sachen
Kan Klugheit und Verſtand ein heilſam Labſal machen.
Inique ſe natura geſſit & talem animum male collocavit.
Hæc mihi videtur in exemplar edita, ut ſcire poſſemus, non de-
formitate corporis fœdari animum, ſed pulchritudine animi cor-
pus ornari.
Ex deformi humilique corpusculo formoſus animus ac ma-
gnus interdum erumpit.
Errare mihi viſus eſt qui dixit:
Gratior eſt pulchro veniens è corpore virtus;
nullo enim honeſtamento eget, ipſa & magnum ſui decus eſt, &
corpus ſuum conſecrat.
Philoſophia non fuit oculis contenta, majus eſſe quiddam ſu-
ſpicata eſt & pulchrius, quod extra conſpectum natura po-
ſuiſſet.
Quæ malam faciem habent ſæpius pudicæ ſunt.
Non fulgetis extrinſecus: bona veſtra introrſus obverſa
ſunt.
Iſta puella redemit vitia virtutibus, & plus habet quod laudes,
quam quod ignoſcas.
50. Die
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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/340>, abgerufen am 05.07.2024.
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