Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.treuer Schäffer. Mit ungewohnter Furcht und Hoffnung mich belegt/Und desto mehr Begier zu wissen mir erregt. M. Das/ was du nicht verstehst/ ist mir nur/ leider/ zu bekannt. Ist aber denn etwas/ das nicht erreichet dein Verstand? T. Ja/ könt ein kluger Mensch aus eignem Willen prophe- ceyn/ So würd' es der Natur und nicht des Himmels Gabe seyn. Ich fühle wohl bey mir den Zweiffel meiner Sinnen/ Daß das Verhängnis noch die Warheit nicht giebt bloß/ Und sie verborgen hält in seiner heilgen Schooß. Drum kam ich her/ ob ich was möcht erforschen künnen/ Und nachzufragen/ was man denn vor einen Vater funden Zu diesem Menschen/ der zum heilgen Opffer ist gebunden. M. Du kennst ihn allzuwohl/ wie wird dichs hernach schmer- tzen/ Daß er dir so bekant und also lieb von Hertzen. T. Ich lobe deine Frömmigkeit. Betrübte zu beklagen Ist menschlich. Aber ich muß dennoch weiter nach ihm fragen. M. Izt seh' ich/ daß dir gantz vor dieses mahl Der Himmel hat entzogen seinen Strahl: Der Vater/ um den du befragest mich/ Mit dem du reden wilt/ bin leider ich! [T.] Des Schäffers Vater/ der vor andre sterben will? M. Deß/ der durch seinen Tod/ die/ die ihn tödt't/ macht leben; Und den/ von dem er lebt/ führt an des Lebens Ziel. [T.] Ist das gewiß? M. Der Mann kan dessen Zeugniß geben. [C.] Was er gemeldt/ ist wahr. T. Wer bistu/ der du redst? C. Ich bin Des Jünglings biß anher geglaubter Vater/ der Carin. Ist dieses wohl der Sohn/ den dir das Wasser nahm? M. Diß leider! ist das Kind/ das in der Nacht entschwam. Und du/ Montan/ wilt dich deßwegen elend nennen! Was kan die Blindheit doch des irdschen Sinns erkennen? In was vor tieffe Nacht/ in was vor Finsternissen Sind unsre Seelen eingesenckt/ Wenn nicht das Licht/ von dem wir Licht entlehnen müssen/ Uns L
treuer Schaͤffer. Mit ungewohnter Furcht und Hoffnung mich belegt/Und deſto mehr Begier zu wiſſen mir erregt. M. Das/ was du nicht verſtehſt/ iſt mir nur/ leider/ zu bekannt. Iſt aber denn etwas/ das nicht erreichet dein Verſtand? T. Ja/ koͤnt ein kluger Menſch aus eignem Willen prophe- ceyn/ So wuͤrd’ es der Natur und nicht des Him̃els Gabe ſeyn. Ich fuͤhle wohl bey mir den Zweiffel meiner Sinnen/ Daß das Verhaͤngnis noch die Warheit nicht giebt bloß/ Und ſie verborgen haͤlt in ſeiner heilgen Schooß. Drum kam ich her/ ob ich was moͤcht erforſchen kuͤnnen/ Und nachzufꝛagen/ was man denn vor einen Vater funden Zu dieſem Menſchen/ der zum heilgen Opffer iſt gebunden. M. Du kennſt ihn allzuwohl/ wie wird dichs hernach ſchmer- tzen/ Daß er dir ſo bekant und alſo lieb von Hertzen. T. Ich lobe deine Froͤmmigkeit. Betruͤbte zu beklagen Iſt menſchlich. Aber ich muß dennoch weiter nach ihm fragen. M. Izt ſeh’ ich/ daß dir gantz vor dieſes mahl Der Himmel hat entzogen ſeinen Strahl: Der Vater/ um den du befrageſt mich/ Mit dem du reden wilt/ bin leider ich! [T.] Des Schaͤffers Vater/ der vor andre ſterben will? M. Deß/ der durch ſeinen Tod/ die/ die ihn toͤdt’t/ macht leben; Und den/ von dem er lebt/ fuͤhrt an des Lebens Ziel. [T.] Iſt das gewiß? M. Der Mann kan deſſen Zeugniß geben. [C.] Was er gemeldt/ iſt wahr. T. Wer biſtu/ der du redſt? C. Ich bín Des Juͤnglings biß anher geglaubter Vater/ der Carin. Iſt dieſes wohl der Sohn/ den dir das Waſſer nahm? M. Diß leider! iſt das Kind/ das in der Nacht entſchwam. Und du/ Montan/ wilt dich deßwegen elend nennen! Was kan die Blindheit doch des irdſchen Sinns erkeñen? In was vor tieffe Nacht/ in was vor Finſterniſſen Sind unſre Seelen eingeſenckt/ Weñ nicht das Licht/ von dem wir Licht entlehnen muͤſſen/ Uns L
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treuer Schaͤffer.
Mit ungewohnter Furcht und Hoffnung mich belegt/
Und deſto mehr Begier zu wiſſen mir erregt.
M. Das/ was du nicht verſtehſt/ iſt mir nur/ leider/ zu bekannt.
Iſt aber denn etwas/ das nicht erreichet dein Verſtand?
T. Ja/ koͤnt ein kluger Menſch aus eignem Willen prophe-
ceyn/
So wuͤrd’ es der Natur und nicht des Him̃els Gabe ſeyn.
Ich fuͤhle wohl bey mir den Zweiffel meiner Sinnen/
Daß das Verhaͤngnis noch die Warheit nicht giebt bloß/
Und ſie verborgen haͤlt in ſeiner heilgen Schooß.
Drum kam ich her/ ob ich was moͤcht erforſchen kuͤnnen/
Und nachzufꝛagen/ was man denn vor einen Vater funden
Zu dieſem Menſchen/ der zum heilgen Opffer iſt gebunden.
M. Du kennſt ihn allzuwohl/ wie wird dichs hernach ſchmer-
tzen/
Daß er dir ſo bekant und alſo lieb von Hertzen.
T. Ich lobe deine Froͤmmigkeit. Betruͤbte zu beklagen
Iſt menſchlich. Aber ich muß dennoch weiter nach ihm
fragen.
M. Izt ſeh’ ich/ daß dir gantz vor dieſes mahl
Der Himmel hat entzogen ſeinen Strahl:
Der Vater/ um den du befrageſt mich/
Mit dem du reden wilt/ bin leider ich!
T. Des Schaͤffers Vater/ der vor andre ſterben will?
M. Deß/ der durch ſeinen Tod/ die/ die ihn toͤdt’t/ macht leben;
Und den/ von dem er lebt/ fuͤhrt an des Lebens Ziel.
T. Iſt das gewiß?
M. Der Mann kan deſſen Zeugniß
geben.
C. Was er gemeldt/ iſt wahr.
T. Wer biſtu/ der du redſt?
C. Ich bín
Des Juͤnglings biß anher geglaubter Vater/ der Carin.
Iſt dieſes wohl der Sohn/ den dir das Waſſer nahm?
M. Diß leider! iſt das Kind/ das in der Nacht entſchwam.
Und du/ Montan/ wilt dich deßwegen elend nennen!
Was kan die Blindheit doch des irdſchen Sinns erkeñen?
In was vor tieffe Nacht/ in was vor Finſterniſſen
Sind unſre Seelen eingeſenckt/
Weñ nicht das Licht/ von dem wir Licht entlehnen muͤſſen/
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