Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

Bild:
<< vorherige Seite
treuer Schäffer.
So saget er/ und stieß den blancken Stahl mit Lust
Biß an das Hefft in seine Brust/
Fiel auff die Priester selbst und Opffer gantz verblutt.
Schau/ was das arme Weib bey diesem Schau-Spiel thut:
Sie erstlich gantz erstarrt weiß von ihr selber nicht/
Weiß nicht/ ob sie der Schmertz/ ob sie das Schwerd durch-
sticht.
So bald sie sich erholt/ sagt sie mit vollem Weinen:
Amintas/ treue Seel und kühner Geist
Liebhaber/ dessen reine Brunst zu langsam muß erscheinen.
Du/ dessen Tod mir hat das Leben und den Tod gebracht/
Weil dich begeben ein Verbrechen heist/
Schau/ wie ich diß zu büssen bin bedacht/
Und meine Seele will mit dir in Ewigkeit vereinen.
Hiermit zog sie das Eisen/ das noch warm
Von dem so lieben Blutte war aus seiner offnen Seite/
Durchstach damit die zarte Schoß/ fiel in Amintas Arm/
Der noch den Stoß vielleicht so wohl als sie empfand.
Und ein solch Ende nahm das Paar verliebter Leute/
Die Lieb und Falschheit bracht in diesen Jammer-Stand.
M. O Schäffer/ welchen zwar in seiner Brunst
Der Himmel zornig angeblickt/
Doch auch geneigter Sternen-Gunst
So wohl und so berühmt zu sterben hat beglückt!
Was aber folgt im Lande drauff?
Hört euer Ubel und der Göttin Eyfer auff?
E. Ihr Zorn ward linder/ nicht gestillt;
Als Hecate zwölff mahl ihr Silber ausgefüllt
Kam eine neue Pest und stärcker denn zuvor/
Man fragte noch ein mahl zu Rath der Götter Chor/
Die Antwort war: Das Blutt des Landes zu ersparen
Soll künfftig iedes Jahr der Göttin Opffer seyn
Ein Weib von drey mahl fünff und unter zwantzig Jahren.
Auch setzte sie ein Recht mit Blutt geschrieben ein/
Daß/ wenn man siehet an die Neigung ihrer Sinnen/
Nicht leicht ein Frauen-Bild wird völlig halten künnen:
Wenn Jungfrau oder Frau beflecket ihre Treu/
Daß sie ohn Unterscheid des Todes schuldig sey.
Dem
B 5
treuer Schaͤffer.
So ſaget er/ und ſtieß den blancken Stahl mit Luſt
Biß an das Hefft in ſeine Bruſt/
Fiel auff die Prieſter ſelbſt und Opffer gantz verblutt.
Schau/ was das arme Weib bey dieſem Schau-Spiel thut:
Sie erſtlich gantz erſtarrt weiß von ihr ſelber nicht/
Weiß nicht/ ob ſie der Schmertz/ ob ſie das Schwerd durch-
ſticht.
So bald ſie ſich erholt/ ſagt ſie mit vollem Weinen:
Amintas/ treue Seel und kuͤhner Geiſt
Liebhaber/ deſſen reine Brunſt zu langſam muß erſcheinen.
Du/ deſſen Tod mir hat das Leben und den Tod gebracht/
Weil dich begeben ein Verbrechen heiſt/
Schau/ wie ich diß zu buͤſſen bin bedacht/
Und meine Seele will mit dir in Ewigkeit vereinen.
Hiermit zog ſie das Eiſen/ das noch warm
Von dem ſo lieben Blutte war aus ſeiner offnen Seite/
Durchſtach damit die zarte Schoß/ fiel in Amintas Arm/
Der noch den Stoß vielleicht ſo wohl als ſie empfand.
Und ein ſolch Ende nahm das Paar verliebter Leute/
Die Lieb und Falſchheit bracht in dieſen Jammer-Stand.
M. O Schaͤffer/ welchen zwar in ſeiner Brunſt
Der Himmel zornig angeblickt/
Doch auch geneigter Sternen-Gunſt
So wohl und ſo beruͤhmt zu ſterben hat begluͤckt!
Was aber folgt im Lande drauff?
Hoͤrt euer Ubel und der Goͤttin Eyfer auff?
E. Ihr Zorn ward linder/ nicht geſtillt;
Als Hecate zwoͤlff mahl ihr Silber ausgefuͤllt
Kam eine neue Peſt und ſtaͤrcker denn zuvor/
Man fragte noch ein mahl zu Rath der Goͤtter Chor/
Die Antwort war: Das Blutt des Landes zu erſparen
Soll kuͤnfftig iedes Jahr der Goͤttin Opffer ſeyn
Ein Weib von drey mahl fuͤnff und unter zwantzig Jahren.
Auch ſetzte ſie ein Recht mit Blutt geſchrieben ein/
Daß/ wenn man ſiehet an die Neigung ihrer Sinnen/
Nicht leicht ein Frauen-Bild wird voͤllig halten kuͤnnen:
Wenn Jungfrau oder Frau beflecket ihre Treu/
Daß ſie ohn Unterſcheid des Todes ſchuldig ſey.
Dem
B 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp>
              <p><pb facs="#f0125" n="25"/><fw place="top" type="header">treuer Scha&#x0364;ffer.</fw><lb/>
So &#x017F;aget er/ und &#x017F;tieß den blancken Stahl mit Lu&#x017F;t<lb/>
Biß an das Hefft in &#x017F;eine Bru&#x017F;t/<lb/>
Fiel auff die Prie&#x017F;ter &#x017F;elb&#x017F;t und Opffer gantz verblutt.<lb/>
Schau/ was das arme Weib bey die&#x017F;em Schau-Spiel thut:<lb/>
Sie er&#x017F;tlich gantz er&#x017F;tarrt weiß von ihr &#x017F;elber nicht/<lb/>
Weiß nicht/ ob &#x017F;ie der Schmertz/ ob &#x017F;ie das Schwerd durch-<lb/><hi rendition="#c">&#x017F;ticht.</hi><lb/>
So bald &#x017F;ie &#x017F;ich erholt/ &#x017F;agt &#x017F;ie mit vollem Weinen:<lb/>
Amintas/ treue Seel und ku&#x0364;hner Gei&#x017F;t<lb/>
Liebhaber/ de&#x017F;&#x017F;en reine Brun&#x017F;t zu lang&#x017F;am muß er&#x017F;cheinen.<lb/>
Du/ de&#x017F;&#x017F;en Tod mir hat das Leben und den Tod gebracht/<lb/>
Weil dich begeben ein Verbrechen hei&#x017F;t/<lb/>
Schau/ wie ich diß zu bu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en bin bedacht/<lb/>
Und meine Seele will mit dir in Ewigkeit vereinen.<lb/>
Hiermit zog &#x017F;ie das Ei&#x017F;en/ das noch warm<lb/>
Von dem &#x017F;o lieben Blutte war aus &#x017F;einer offnen Seite/<lb/>
Durch&#x017F;tach damit die zarte Schoß/ fiel in Amintas Arm/<lb/>
Der noch den Stoß vielleicht &#x017F;o wohl als &#x017F;ie empfand.<lb/>
Und ein &#x017F;olch Ende nahm das Paar verliebter Leute/<lb/>
Die Lieb und Fal&#x017F;chheit bracht in die&#x017F;en Jammer-Stand.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">M.</hi> </speaker>
              <p>O Scha&#x0364;ffer/ welchen zwar in &#x017F;einer Brun&#x017F;t<lb/>
Der Himmel zornig angeblickt/<lb/>
Doch auch geneigter Sternen-Gun&#x017F;t<lb/>
So wohl und &#x017F;o beru&#x0364;hmt zu &#x017F;terben hat beglu&#x0364;ckt!<lb/>
Was aber folgt im Lande drauff?<lb/>
Ho&#x0364;rt euer Ubel und der Go&#x0364;ttin Eyfer auff?</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker> <hi rendition="#fr">E.</hi> </speaker>
              <p>Ihr Zorn ward linder/ nicht ge&#x017F;tillt;<lb/>
Als Hecate zwo&#x0364;lff mahl ihr Silber ausgefu&#x0364;llt<lb/>
Kam eine neue Pe&#x017F;t und &#x017F;ta&#x0364;rcker denn zuvor/<lb/>
Man fragte noch ein mahl zu Rath der Go&#x0364;tter Chor/<lb/>
Die Antwort war: Das Blutt des Landes zu er&#x017F;paren<lb/>
Soll ku&#x0364;nfftig iedes Jahr der Go&#x0364;ttin Opffer &#x017F;eyn<lb/>
Ein Weib von drey mahl fu&#x0364;nff und unter zwantzig Jahren.<lb/>
Auch &#x017F;etzte &#x017F;ie ein Recht mit Blutt ge&#x017F;chrieben ein/<lb/>
Daß/ wenn man &#x017F;iehet an die Neigung ihrer Sinnen/<lb/>
Nicht leicht ein Frauen-Bild wird vo&#x0364;llig halten ku&#x0364;nnen:<lb/>
Wenn Jungfrau oder Frau beflecket ihre Treu/<lb/>
Daß &#x017F;ie ohn Unter&#x017F;cheid des Todes &#x017F;chuldig &#x017F;ey.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Dem</fw><lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0125] treuer Schaͤffer. So ſaget er/ und ſtieß den blancken Stahl mit Luſt Biß an das Hefft in ſeine Bruſt/ Fiel auff die Prieſter ſelbſt und Opffer gantz verblutt. Schau/ was das arme Weib bey dieſem Schau-Spiel thut: Sie erſtlich gantz erſtarrt weiß von ihr ſelber nicht/ Weiß nicht/ ob ſie der Schmertz/ ob ſie das Schwerd durch- ſticht. So bald ſie ſich erholt/ ſagt ſie mit vollem Weinen: Amintas/ treue Seel und kuͤhner Geiſt Liebhaber/ deſſen reine Brunſt zu langſam muß erſcheinen. Du/ deſſen Tod mir hat das Leben und den Tod gebracht/ Weil dich begeben ein Verbrechen heiſt/ Schau/ wie ich diß zu buͤſſen bin bedacht/ Und meine Seele will mit dir in Ewigkeit vereinen. Hiermit zog ſie das Eiſen/ das noch warm Von dem ſo lieben Blutte war aus ſeiner offnen Seite/ Durchſtach damit die zarte Schoß/ fiel in Amintas Arm/ Der noch den Stoß vielleicht ſo wohl als ſie empfand. Und ein ſolch Ende nahm das Paar verliebter Leute/ Die Lieb und Falſchheit bracht in dieſen Jammer-Stand. M. O Schaͤffer/ welchen zwar in ſeiner Brunſt Der Himmel zornig angeblickt/ Doch auch geneigter Sternen-Gunſt So wohl und ſo beruͤhmt zu ſterben hat begluͤckt! Was aber folgt im Lande drauff? Hoͤrt euer Ubel und der Goͤttin Eyfer auff? E. Ihr Zorn ward linder/ nicht geſtillt; Als Hecate zwoͤlff mahl ihr Silber ausgefuͤllt Kam eine neue Peſt und ſtaͤrcker denn zuvor/ Man fragte noch ein mahl zu Rath der Goͤtter Chor/ Die Antwort war: Das Blutt des Landes zu erſparen Soll kuͤnfftig iedes Jahr der Goͤttin Opffer ſeyn Ein Weib von drey mahl fuͤnff und unter zwantzig Jahren. Auch ſetzte ſie ein Recht mit Blutt geſchrieben ein/ Daß/ wenn man ſiehet an die Neigung ihrer Sinnen/ Nicht leicht ein Frauen-Bild wird voͤllig halten kuͤnnen: Wenn Jungfrau oder Frau beflecket ihre Treu/ Daß ſie ohn Unterſcheid des Todes ſchuldig ſey. Dem B 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das Exemplar enthält mehrere Werke. Herausgegeben… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/125
Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/125>, abgerufen am 24.11.2024.