Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635.dem Spinolae / wie er einen Orth nach dem andern einnehme / nur zusehen / da sie doch stärcker vnd jhm gnugsamen Widerstandt / wann sie nur wolten / thun könten. Der Vnirten Entschuldigung / warumb sie den Spinolam in die Pfaltz gelassen vnd sich bitzhero jhm nicht widersetzet. Dieser Aufflagen halber hat nachmals einer / ohne zweiffel auff der Fürsten Anordnung vnnd Befehl / die Vrsachen / warumb dem Spinola / etlicher Stätt vnd Oerter in der Pfaltz sich zubemächtigen / nachgesehen vnd verstattet worden / in einer Schrifft außgehen lassen / welche also gelautet: Insonders günstiger lieber Herz vnnd guter Freund / mir zweiffelt nicht / es werden bey euch / wie auch bey vns vnnd anderswo / vngleiche Reden vmbgehen / daß die gesampten Fürsten vnnd Stände der Evangelischen Vnion / mit einem so dapffern bey sich habenden Kriegsvolck / sich dem dem Spinola nicht widersetzet / sondern gleichsamm drey Stätt gutwillig eingeräumet haben / dardurch sie dann ein solchen Schrecken vnder dem landvolck verursachet / daß fast jederman / wer nur Gelegenheit darzu bekommen kan / sich durch die Flucht zu salviren gemeynt ist. Nun were es zwar am allerbesten / auch an jhm selbsten recht vnd billich / daß niemandt ausser den jenigen / denen es vertrawet vnd befohlen ist / sich in Fürsten vnd grosser Herrn Rathschläg mengeke / vnd daß demnach ein jeder in den Schrancken seines Beruffs / als darinn er geübet / vnnd durch solche Vbung er den Verstandt vnd nothwendige Weißheit erlangen kan / bleiben thäte / so bezeuget nichts desto weniger die Erfahrung / daß jederman lust hat sich zubemühen mit frembden vnd zwar solchen Händeln / welche vber seinen Beruff vnd also auch seinem Verstandt zu hoch vnd jhme zu wichtig sind; sonderlich aber lässet der gemeine Mann sich gelusten / seinem Verstandt nach von den allerwichtigsten / der grossen Potentaten Thun vnd lassen zu judiciren / da doch derselben Bücher vnd Schrifften allen den jenigen / die keine geübte Sinn haben / vnd dergleichen nicht täglich lesen / fast dunckel vnd dannenhero gleichsamb verborgen sind. Ein Schuster gestattet niemandt das Vrtheil vber den Schuh oder Stiffel / ein Schneider vber das Kleyd / ein Töpffer vber den Hafen / den er gemacht hat / so schreibt jhm ein jeder den Verstandt von seinem Werck das er gemacht hat / selberzu / dann er weiß die Vrsach am besten / warumbers also vnd nicht anders habe machen können oder wollen. Vnd da einer vber seinem Werck solte oder müßte für Gericht gezogen werden / so gestattet er doch vber sein gefertigtes Werck die Erkantnuß seiner Obrigkeit / deren sie sich zwar ohne das nicht anmasset / nimmermehr / sondern ein jeder beruffet sich auff die Amptsmeister vnd geschworne seines Handwercks / als welche dergleichen Sachen ein guten Verstandt haben vnd am besten davon vrtheilen mögen. So getrawet jhr nun die Obrigkeit nicht ein Vrtheil zu fällen / vber dem Stück eines Handwercks / so es nit verstehet / vnd der Handwercksmann vnnd das gemeine Volck trägt doch kein Schew zu vrtheilen von dem Werck seiner Regenten / dessen er doch viel weniger Verstandthat / weder sie deß seinigen haben möchten. Es kan gleichwol jemandt ein Kauffhandel oder Handwerck / wann er gleich nur mittelmässigen Verstandt hat / innerhalb wenig Jahren erlernen / aber Land vnnd Leuth zu regieren / das will guten Verstandt vnnd langwürige Erfahrung erfordern. Solches habe ich zu keinem andern End also mit mehrerm wollen berichten / damit der Herr sehen möge / wie vngütlich die jenigen handeln / welche durch vnzeitiges vnd vngegründtes / Vrtheil die löblichen Fürsten der Vnion antasten / ja dieselbe gar darüber diffamiren vnd läste;n / ob solten sie jhrem Ampt zuwider / nicht trewlich genug gewacht / sondern durch jhre Zag- vnd Nachlässigkeit ein gutes theil der Chur Pfaltz verwahrloset / vnnd dardurch dem Land vnwiderbringlichen Schaden verursacher haben / da doch diese Leuth weder Anfang Mittel oder End / darauff die Sache beruhet / im geringsten wissen / vnnd zwar die Geschicht ist jederman vor Augen / aber die Vrsachen sind verborgen / welche / so sie jemandt nicht weiß / der soll wissen / daß jhm auch nicht gebühret / in solchen vnwissenden Sachen zu vrtheilen. Damit aber der Herr ein wenig spüren möge / wie gar vngütlich den frommen Fürsten mit diesen vnd dergleichen Aufflagen geschehe / auch denselben könne begegnen / so hab ich mich schuldig erkandt / der löblichen Fürsten Reputation / vnnd Ehr / meinem wenigen Vermögen nach zu retten / vnd dem Herrn den gantzen Verlauff / so viel mir darvon bewust vnnd zuschreiben gebühret / kürtzlich / doch mit Grundt der Warheit anzudeuten / der gäntzlichen Zuversicht / es werde die liebe Zeit / der Warheit Mutter / der Fürsten auffrichtiges redliches vnnd trewmeynendes Gemüth / je länger je mehr an Tag bringen / vnnd jhre Rathschlag der gantzen Posterität / zu jhrem ewigen Ruhm dirigiren vnnd justificiren / vnnd zwar mir sind vornemblich dreyerley Klagen zu Ohren kommen. Eins theils geben für / man hette den Spinolam im Westerwald / vnnd ehe er vber den Rhein kommen / leichtlich zurück halten können / auch solches billich thun sollen. Andere sagen / man hette jhn im Bischthumb Mayntz angreiffen / vnd die Pferd / wie man zu reden pflegt / an frembde vnd deß Feinds Zäune binden: oder ja zum wenigsten der dritten Klag vnnd eingebildeten Meynung nach / zu seinem grossen Vortheil / vnd deß lands Schaden vnnd Nachtheil / nicht also weit einreissen / oder ins land kommen lassen sollen. Diß alles ist zwar an jhm selbst recht vnd gut / aber bey dieser der Sachen Gelegen- vnd Beschaffenheit / auch in Ansehung der vnierten Fürsten Beruff / viel leichter mit Worten außzusprechen / als in das Werck zurichten / sintemal die Vnion ist ein Defensionwerck / vnnd nicht dahin angesehen / wie einer oder der ander zubeleydigen / sondern wie die vnierten Stände sämptlich vnd sonderlich dem Spinolae / wie er einen Orth nach dem andern einnehme / nur zusehen / da sie doch stärcker vnd jhm gnugsamen Widerstandt / wann sie nur wolten / thun könten. Der Vnirten Entschuldigũg / warumb sie den Spinolam in die Pfaltz gelassen vnd sich bitzhero jhm nicht widersetzet. Dieser Aufflagen halber hat nachmals einer / ohne zweiffel auff der Fürsten Anordnung vnnd Befehl / die Vrsachen / warumb dem Spinola / etlicher Stätt vnd Oerter in der Pfaltz sich zubemächtigen / nachgesehen vnd verstattet worden / in einer Schrifft außgehen lassen / welche also gelautet: Insonders günstiger lieber Herz vnnd guter Freund / mir zweiffelt nicht / es werden bey euch / wie auch bey vns vnnd anderswo / vngleiche Reden vmbgehen / daß die gesampten Fürsten vnnd Stände der Evangelischen Vnion / mit einem so dapffern bey sich habenden Kriegsvolck / sich dem dem Spinola nicht widersetzet / sondern gleichsam̃ drey Stätt gutwillig eingeräumet haben / dardurch sie dann ein solchen Schrecken vnder dem landvolck verursachet / daß fast jederman / wer nur Gelegenheit darzu bekommen kan / sich durch die Flucht zu salviren gemeynt ist. Nun were es zwar am allerbesten / auch an jhm selbsten recht vnd billich / daß niemandt ausser den jenigen / denen es vertrawet vnd befohlen ist / sich in Fürsten vnd grosser Herrn Rathschläg mengeke / vnd daß demnach ein jeder in den Schrancken seines Beruffs / als darinn er geübet / vnnd durch solche Vbung er den Verstandt vnd nothwendige Weißheit erlangen kan / bleibẽ thäte / so bezeuget nichts desto weniger die Erfahrũg / daß jederman lust hat sich zubemühen mit frembden vnd zwar solchen Händeln / welche vber seinen Beruff vnd also auch seinem Verstandt zu hoch vnd jhme zu wichtig sind; sonderlich aber lässet der gemeine Mann sich gelusten / seinem Verstandt nach von den allerwichtigsten / der grossen Potentatẽ Thun vnd lassen zu judiciren / da doch derselben Bücher vnd Schrifften allen den jenigen / die keine geübte Sinn haben / vnd dergleichen nicht täglich lesen / fast dunckel vnd dannenhero gleichsamb verborgen sind. Ein Schuster gestattet niemandt das Vrtheil vber den Schuh oder Stiffel / ein Schneider vber das Kleyd / ein Töpffer vber den Hafen / den er gemacht hat / so schreibt jhm ein jeder den Verstandt von seinem Werck das er gemacht hat / selberzu / dann er weiß die Vrsach am besten / warumbers also vnd nicht anders habe machen können oder wollẽ. Vnd da einer vber seinem Werck solte oder müßte für Gericht gezogen werden / so gestattet er doch vber sein gefertigtes Werck die Erkantnuß seiner Obrigkeit / deren sie sich zwar ohne das nicht anmasset / nimmermehr / sondern ein jeder beruffet sich auff die Amptsmeister vnd geschworne seines Handwercks / als welche dergleichen Sachen ein guten Verstandt haben vnd am besten davon vrtheilen mögen. So getrawet jhr nun die Obrigkeit nicht ein Vrtheil zu fällen / vber dem Stück eines Handwercks / so es nit verstehet / vnd der Handwercksmann vnnd das gemeine Volck trägt doch kein Schew zu vrtheilen von dem Werck seiner Regenten / dessen er doch viel weniger Verstandthat / weder sie deß seinigen haben möchten. Es kan gleichwol jemandt ein Kauffhandel oder Handwerck / wann er gleich nur mittelmässigen Verstandt hat / innerhalb wenig Jahren erlernen / aber Land vnnd Leuth zu regieren / das will guten Verstandt vnnd langwürige Erfahrung erfordern. Solches habe ich zu keinem andern End also mit mehrerm wollen berichten / damit der Herr sehen möge / wie vngütlich die jenigen handeln / welche durch vnzeitiges vnd vngegründtes / Vrtheil die löblichen Fürsten der Vnion antasten / ja dieselbe gar darüber diffamiren vnd läste;n / ob solten sie jhrem Ampt zuwider / nicht trewlich genug gewacht / sondern durch jhre Zag- vnd Nachlässigkeit ein gutes theil der Chur Pfaltz verwahrloset / vnnd dardurch dem Land vnwiderbringlichen Schaden verursacher haben / da doch diese Leuth weder Anfang Mittel oder End / darauff die Sache beruhet / im geringsten wissen / vnnd zwar die Geschicht ist jederman vor Augen / aber die Vrsachen sind verborgen / welche / so sie jemandt nicht weiß / der soll wissen / daß jhm auch nicht gebühret / in solchen vnwissenden Sachen zu vrtheilen. Damit aber der Herr ein wenig spüren möge / wie gar vngütlich den frommen Fürsten mit diesen vnd dergleichen Aufflagen geschehe / auch denselben könne begegnen / so hab ich mich schuldig erkandt / der löblichen Fürsten Reputation / vnnd Ehr / meinem wenigen Vermögen nach zu retten / vnd dem Herrn den gantzen Verlauff / so viel mir darvon bewust vnnd zuschreiben gebühret / kürtzlich / doch mit Grundt der Warheit anzudeuten / der gäntzlichen Zuversicht / es werde die liebe Zeit / der Warheit Mutter / der Fürsten auffrichtiges redliches vnnd trewmeynendes Gemüth / je länger je mehr an Tag bringen / vnnd jhre Rathschlag der gantzen Posterität / zu jhrem ewigen Ruhm dirigiren vnnd justificiren / vnnd zwar mir sind vornemblich dreyerley Klagen zu Ohren kommen. Eins theils geben für / man hette den Spinolam im Westerwald / vnnd ehe er vber den Rhein kommen / leichtlich zurück halten können / auch solches billich thun sollen. Andere sagen / man hette jhn im Bischthumb Mayntz angreiffen / vnd die Pferd / wie man zu reden pflegt / an frembde vnd deß Feinds Zäune binden: oder ja zum wenigsten der dritten Klag vnnd eingebildeten Meynung nach / zu seinem grossen Vortheil / vnd deß lands Schaden vnnd Nachtheil / nicht also weit einreissen / oder ins land kommen lassen sollen. Diß alles ist zwar an jhm selbst recht vnd gut / aber bey dieser der Sachen Gelegen- vnd Beschaffenheit / auch in Ansehung der vnierten Fürsten Beruff / viel leichter mit Worten außzusprechen / als in das Werck zurichten / sintemal die Vnion ist ein Defensionwerck / vnnd nicht dahin angesehen / wie einer oder der ander zubeleydigẽ / sondern wie die vnierten Stände sämptlich vñ sonderlich <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0491" n="432"/> dem Spinolae / wie er einen Orth nach dem andern einnehme / nur zusehen / da sie doch stärcker vnd jhm gnugsamen Widerstandt / wann sie nur wolten / thun könten.</p> <p><note place="left">Der Vnirten Entschuldigũg / warumb sie den Spinolam in die Pfaltz gelassen vnd sich bitzhero jhm nicht widersetzet.</note> Dieser Aufflagen halber hat nachmals einer / ohne zweiffel auff der Fürsten Anordnung vnnd Befehl / die Vrsachen / warumb dem Spinola / etlicher Stätt vnd Oerter in der Pfaltz sich zubemächtigen / nachgesehen vnd verstattet worden / in einer Schrifft außgehen lassen / welche also gelautet:</p> <p>Insonders günstiger lieber Herz vnnd guter Freund / mir zweiffelt nicht / es werden bey euch / wie auch bey vns vnnd anderswo / vngleiche Reden vmbgehen / daß die gesampten Fürsten vnnd Stände der Evangelischen Vnion / mit einem so dapffern bey sich habenden Kriegsvolck / sich dem dem Spinola nicht widersetzet / sondern gleichsam̃ drey Stätt gutwillig eingeräumet haben / dardurch sie dann ein solchen Schrecken vnder dem landvolck verursachet / daß fast jederman / wer nur Gelegenheit darzu bekommen kan / sich durch die Flucht zu salviren gemeynt ist.</p> <p>Nun were es zwar am allerbesten / auch an jhm selbsten recht vnd billich / daß niemandt ausser den jenigen / denen es vertrawet vnd befohlen ist / sich in Fürsten vnd grosser Herrn Rathschläg mengeke / vnd daß demnach ein jeder in den Schrancken seines Beruffs / als darinn er geübet / vnnd durch solche Vbung er den Verstandt vnd nothwendige Weißheit erlangen kan / bleibẽ thäte / so bezeuget nichts desto weniger die Erfahrũg / daß jederman lust hat sich zubemühen mit frembden vnd zwar solchen Händeln / welche vber seinen Beruff vnd also auch seinem Verstandt zu hoch vnd jhme zu wichtig sind; sonderlich aber lässet der gemeine Mann sich gelusten / seinem Verstandt nach von den allerwichtigsten / der grossen Potentatẽ Thun vnd lassen zu judiciren / da doch derselben Bücher vnd Schrifften allen den jenigen / die keine geübte Sinn haben / vnd dergleichen nicht täglich lesen / fast dunckel vnd dannenhero gleichsamb verborgen sind.</p> <p>Ein Schuster gestattet niemandt das Vrtheil vber den Schuh oder Stiffel / ein Schneider vber das Kleyd / ein Töpffer vber den Hafen / den er gemacht hat / so schreibt jhm ein jeder den Verstandt von seinem Werck das er gemacht hat / selberzu / dann er weiß die Vrsach am besten / warumbers also vnd nicht anders habe machen können oder wollẽ. Vnd da einer vber seinem Werck solte oder müßte für Gericht gezogen werden / so gestattet er doch vber sein gefertigtes Werck die Erkantnuß seiner Obrigkeit / deren sie sich zwar ohne das nicht anmasset / nimmermehr / sondern ein jeder beruffet sich auff die Amptsmeister vnd geschworne seines Handwercks / als welche dergleichen Sachen ein guten Verstandt haben vnd am besten davon vrtheilen mögen.</p> <p>So getrawet jhr nun die Obrigkeit nicht ein Vrtheil zu fällen / vber dem Stück eines Handwercks / so es nit verstehet / vnd der Handwercksmann vnnd das gemeine Volck trägt doch kein Schew zu vrtheilen von dem Werck seiner Regenten / dessen er doch viel weniger Verstandthat / weder sie deß seinigen haben möchten. Es kan gleichwol jemandt ein Kauffhandel oder Handwerck / wann er gleich nur mittelmässigen Verstandt hat / innerhalb wenig Jahren erlernen / aber Land vnnd Leuth zu regieren / das will guten Verstandt vnnd langwürige Erfahrung erfordern.</p> <p>Solches habe ich zu keinem andern End also mit mehrerm wollen berichten / damit der Herr sehen möge / wie vngütlich die jenigen handeln / welche durch vnzeitiges vnd vngegründtes / Vrtheil die löblichen Fürsten der Vnion antasten / ja dieselbe gar darüber diffamiren vnd läste;n / ob solten sie jhrem Ampt zuwider / nicht trewlich genug gewacht / sondern durch jhre Zag- vnd Nachlässigkeit ein gutes theil der Chur Pfaltz verwahrloset / vnnd dardurch dem Land vnwiderbringlichen Schaden verursacher haben / da doch diese Leuth weder Anfang Mittel oder End / darauff die Sache beruhet / im geringsten wissen / vnnd zwar die Geschicht ist jederman vor Augen / aber die Vrsachen sind verborgen / welche / so sie jemandt nicht weiß / der soll wissen / daß jhm auch nicht gebühret / in solchen vnwissenden Sachen zu vrtheilen.</p> <p>Damit aber der Herr ein wenig spüren möge / wie gar vngütlich den frommen Fürsten mit diesen vnd dergleichen Aufflagen geschehe / auch denselben könne begegnen / so hab ich mich schuldig erkandt / der löblichen Fürsten Reputation / vnnd Ehr / meinem wenigen Vermögen nach zu retten / vnd dem Herrn den gantzen Verlauff / so viel mir darvon bewust vnnd zuschreiben gebühret / kürtzlich / doch mit Grundt der Warheit anzudeuten / der gäntzlichen Zuversicht / es werde die liebe Zeit / der Warheit Mutter / der Fürsten auffrichtiges redliches vnnd trewmeynendes Gemüth / je länger je mehr an Tag bringen / vnnd jhre Rathschlag der gantzen Posterität / zu jhrem ewigen Ruhm dirigiren vnnd justificiren / vnnd zwar mir sind vornemblich dreyerley Klagen zu Ohren kommen.</p> <p>Eins theils geben für / man hette den Spinolam im Westerwald / vnnd ehe er vber den Rhein kommen / leichtlich zurück halten können / auch solches billich thun sollen.</p> <p>Andere sagen / man hette jhn im Bischthumb Mayntz angreiffen / vnd die Pferd / wie man zu reden pflegt / an frembde vnd deß Feinds Zäune binden: oder ja zum wenigsten der dritten Klag vnnd eingebildeten Meynung nach / zu seinem grossen Vortheil / vnd deß lands Schaden vnnd Nachtheil / nicht also weit einreissen / oder ins land kommen lassen sollen.</p> <p>Diß alles ist zwar an jhm selbst recht vnd gut / aber bey dieser der Sachen Gelegen- vnd Beschaffenheit / auch in Ansehung der vnierten Fürsten Beruff / viel leichter mit Worten außzusprechen / als in das Werck zurichten / sintemal die Vnion ist ein Defensionwerck / vnnd nicht dahin angesehen / wie einer oder der ander zubeleydigẽ / sondern wie die vnierten Stände sämptlich vñ sonderlich </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [432/0491]
dem Spinolae / wie er einen Orth nach dem andern einnehme / nur zusehen / da sie doch stärcker vnd jhm gnugsamen Widerstandt / wann sie nur wolten / thun könten.
Dieser Aufflagen halber hat nachmals einer / ohne zweiffel auff der Fürsten Anordnung vnnd Befehl / die Vrsachen / warumb dem Spinola / etlicher Stätt vnd Oerter in der Pfaltz sich zubemächtigen / nachgesehen vnd verstattet worden / in einer Schrifft außgehen lassen / welche also gelautet:
Der Vnirten Entschuldigũg / warumb sie den Spinolam in die Pfaltz gelassen vnd sich bitzhero jhm nicht widersetzet. Insonders günstiger lieber Herz vnnd guter Freund / mir zweiffelt nicht / es werden bey euch / wie auch bey vns vnnd anderswo / vngleiche Reden vmbgehen / daß die gesampten Fürsten vnnd Stände der Evangelischen Vnion / mit einem so dapffern bey sich habenden Kriegsvolck / sich dem dem Spinola nicht widersetzet / sondern gleichsam̃ drey Stätt gutwillig eingeräumet haben / dardurch sie dann ein solchen Schrecken vnder dem landvolck verursachet / daß fast jederman / wer nur Gelegenheit darzu bekommen kan / sich durch die Flucht zu salviren gemeynt ist.
Nun were es zwar am allerbesten / auch an jhm selbsten recht vnd billich / daß niemandt ausser den jenigen / denen es vertrawet vnd befohlen ist / sich in Fürsten vnd grosser Herrn Rathschläg mengeke / vnd daß demnach ein jeder in den Schrancken seines Beruffs / als darinn er geübet / vnnd durch solche Vbung er den Verstandt vnd nothwendige Weißheit erlangen kan / bleibẽ thäte / so bezeuget nichts desto weniger die Erfahrũg / daß jederman lust hat sich zubemühen mit frembden vnd zwar solchen Händeln / welche vber seinen Beruff vnd also auch seinem Verstandt zu hoch vnd jhme zu wichtig sind; sonderlich aber lässet der gemeine Mann sich gelusten / seinem Verstandt nach von den allerwichtigsten / der grossen Potentatẽ Thun vnd lassen zu judiciren / da doch derselben Bücher vnd Schrifften allen den jenigen / die keine geübte Sinn haben / vnd dergleichen nicht täglich lesen / fast dunckel vnd dannenhero gleichsamb verborgen sind.
Ein Schuster gestattet niemandt das Vrtheil vber den Schuh oder Stiffel / ein Schneider vber das Kleyd / ein Töpffer vber den Hafen / den er gemacht hat / so schreibt jhm ein jeder den Verstandt von seinem Werck das er gemacht hat / selberzu / dann er weiß die Vrsach am besten / warumbers also vnd nicht anders habe machen können oder wollẽ. Vnd da einer vber seinem Werck solte oder müßte für Gericht gezogen werden / so gestattet er doch vber sein gefertigtes Werck die Erkantnuß seiner Obrigkeit / deren sie sich zwar ohne das nicht anmasset / nimmermehr / sondern ein jeder beruffet sich auff die Amptsmeister vnd geschworne seines Handwercks / als welche dergleichen Sachen ein guten Verstandt haben vnd am besten davon vrtheilen mögen.
So getrawet jhr nun die Obrigkeit nicht ein Vrtheil zu fällen / vber dem Stück eines Handwercks / so es nit verstehet / vnd der Handwercksmann vnnd das gemeine Volck trägt doch kein Schew zu vrtheilen von dem Werck seiner Regenten / dessen er doch viel weniger Verstandthat / weder sie deß seinigen haben möchten. Es kan gleichwol jemandt ein Kauffhandel oder Handwerck / wann er gleich nur mittelmässigen Verstandt hat / innerhalb wenig Jahren erlernen / aber Land vnnd Leuth zu regieren / das will guten Verstandt vnnd langwürige Erfahrung erfordern.
Solches habe ich zu keinem andern End also mit mehrerm wollen berichten / damit der Herr sehen möge / wie vngütlich die jenigen handeln / welche durch vnzeitiges vnd vngegründtes / Vrtheil die löblichen Fürsten der Vnion antasten / ja dieselbe gar darüber diffamiren vnd läste;n / ob solten sie jhrem Ampt zuwider / nicht trewlich genug gewacht / sondern durch jhre Zag- vnd Nachlässigkeit ein gutes theil der Chur Pfaltz verwahrloset / vnnd dardurch dem Land vnwiderbringlichen Schaden verursacher haben / da doch diese Leuth weder Anfang Mittel oder End / darauff die Sache beruhet / im geringsten wissen / vnnd zwar die Geschicht ist jederman vor Augen / aber die Vrsachen sind verborgen / welche / so sie jemandt nicht weiß / der soll wissen / daß jhm auch nicht gebühret / in solchen vnwissenden Sachen zu vrtheilen.
Damit aber der Herr ein wenig spüren möge / wie gar vngütlich den frommen Fürsten mit diesen vnd dergleichen Aufflagen geschehe / auch denselben könne begegnen / so hab ich mich schuldig erkandt / der löblichen Fürsten Reputation / vnnd Ehr / meinem wenigen Vermögen nach zu retten / vnd dem Herrn den gantzen Verlauff / so viel mir darvon bewust vnnd zuschreiben gebühret / kürtzlich / doch mit Grundt der Warheit anzudeuten / der gäntzlichen Zuversicht / es werde die liebe Zeit / der Warheit Mutter / der Fürsten auffrichtiges redliches vnnd trewmeynendes Gemüth / je länger je mehr an Tag bringen / vnnd jhre Rathschlag der gantzen Posterität / zu jhrem ewigen Ruhm dirigiren vnnd justificiren / vnnd zwar mir sind vornemblich dreyerley Klagen zu Ohren kommen.
Eins theils geben für / man hette den Spinolam im Westerwald / vnnd ehe er vber den Rhein kommen / leichtlich zurück halten können / auch solches billich thun sollen.
Andere sagen / man hette jhn im Bischthumb Mayntz angreiffen / vnd die Pferd / wie man zu reden pflegt / an frembde vnd deß Feinds Zäune binden: oder ja zum wenigsten der dritten Klag vnnd eingebildeten Meynung nach / zu seinem grossen Vortheil / vnd deß lands Schaden vnnd Nachtheil / nicht also weit einreissen / oder ins land kommen lassen sollen.
Diß alles ist zwar an jhm selbst recht vnd gut / aber bey dieser der Sachen Gelegen- vnd Beschaffenheit / auch in Ansehung der vnierten Fürsten Beruff / viel leichter mit Worten außzusprechen / als in das Werck zurichten / sintemal die Vnion ist ein Defensionwerck / vnnd nicht dahin angesehen / wie einer oder der ander zubeleydigẽ / sondern wie die vnierten Stände sämptlich vñ sonderlich
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Zitationshilfe: | Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abelinus_theatrum_1635/491>, abgerufen am 26.06.2024. |