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Römer, Daniel: Jesus! Himmels-Verlangen Stillt Seelen-Bangen. Bautzen, 1678.

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Himmels-Verlangen
Leib durch den Tod ablegen/ wie der Jüngling Joseph seinen
Mantel der Egypterin hat gelassen. Also nennet Er im Gegen-
theil die künfftige Verklärung unserer Leiber/ mit welchem wir
in dem Himmels-Hause werden wohnen/ eine Uberkleidung/
und ist diese verblumte Redens-Art genommen von den Klei-
dern/ in welche wir unsere Leiber in dieser Welt einkleiden/ wie
wir dann diese unsere Leiber auch mit allem Recht Kleider der See-
len können nennen/ mit welchen die Seele/ so zu reden/ eingehüllet
und eingekleidet wird. Allein ein solches Kleid ist unser Leib in
dieser Welt/ den wir wohl heissen können ein zerrissenes/ abgetra-
genes/ abgeschabetes/ mit den Flecken der Kranckheiten/ durch
und durch beflecktes Kleid/ daran zwar der Artzt flicket/ aber nur
so lange/ als es den Stich hält; Wann es dann nicht länger halten
Sirach. 10.
pers.
12.
kan/ so heist es dann: Wann der Artzt schon lange daran fli-
cket/ so gehet es doch endlich also: Heute König morgen
todt. Diß Kleid dieses unseres Leibes müssen wir an uns tragen/
so lange wir leben. Lebet einer 20: 30: 40. Jahr/ so träget er
diß Kleid 20: 30: 40. Jahr lang: Lebet jemand 60: 70: 80:
90. Jahr/ so träget er auch diß Kleid 60: 70: 80: 90. Jahr/
biß wir damit in unser Grab/ als in unsere Schlaff-Kammer
getragen werden. Jn unser irrdischen Slaff-Kammer/ wann
wir uns zu Ruhe begeben wollen/ so legen wir unsere Kleider abe/
und wenn es gegen den lieben Sonntag oder einen hohen Fest-Tag
gehet/ so legen wir ein ander Kleid an/ nemlich ein Feyer- oder
Sonntags-Kleid/ wann wirs haben. Eben also/ wann wir
mit dem Kleide unsers Leibes in unsere Ruhe-Kammer unsers
Grabes geleget werden/ da legen wir auch/ so zu reden/ das alte
Kleid abe/ die Würme ziehens uns ab/ die Verwesung leget es
von uns weg/ so lange/ biß der grosse Sabbath der Aufferstehung
1. Cor. 15.
vers.
13.
der Todten wird anbrechen/ da werden wir dann mit einem an-
dern Kleide überkleidet werden/ da das verweßliche wird anzie-

hen

Himmels-Verlangen
Leib durch den Tod ablegen/ wie der Juͤngling Joſeph ſeinen
Mantel der Egypterin hat gelaſſen. Alſo nennet Er im Gegen-
theil die kuͤnfftige Verklaͤrung unſerer Leiber/ mit welchem wir
in dem Himmels-Hauſe werden wohnen/ eine Uberkleidung/
und iſt dieſe verblumte Redens-Art genommen von den Klei-
dern/ in welche wir unſere Leiber in dieſer Welt einkleiden/ wie
wir dann dieſe unſere Leiber auch mit allem Recht Kleider der See-
len koͤnnen nennen/ mit welchen die Seele/ ſo zu reden/ eingehuͤllet
und eingekleidet wird. Allein ein ſolches Kleid iſt unſer Leib in
dieſer Welt/ den wir wohl heiſſen koͤnnen ein zerriſſenes/ abgetra-
genes/ abgeſchabetes/ mit den Flecken der Kranckheiten/ durch
und durch beflecktes Kleid/ daran zwar der Artzt flicket/ aber nur
ſo lange/ als es den Stich haͤlt; Wann es dann nicht laͤnger halten
Sirach. 10.
perſ.
12.
kan/ ſo heiſt es dann: Wann der Artzt ſchon lange daran fli-
cket/ ſo gehet es doch endlich alſo: Heute Koͤnig morgen
todt. Diß Kleid dieſes unſeres Leibes muͤſſen wir an uns tragen/
ſo lange wir leben. Lebet einer 20: 30: 40. Jahr/ ſo traͤget er
diß Kleid 20: 30: 40. Jahr lang: Lebet jemand 60: 70: 80:
90. Jahr/ ſo träget er auch diß Kleid 60: 70: 80: 90. Jahr/
biß wir damit in unſer Grab/ als in unſere Schlaff-Kammer
getragen werden. Jn unſer irrdiſchen Slaff-Kammer/ wann
wir uns zu Ruhe begeben wollen/ ſo legen wir unſere Kleider abe/
und wenn es gegen den lieben Sonntag oder einen hohen Feſt-Tag
gehet/ ſo legen wir ein ander Kleid an/ nemlich ein Feyer- oder
Sonntags-Kleid/ wann wirs haben. Eben alſo/ wann wir
mit dem Kleide unſers Leibes in unſere Ruhe-Kammer unſers
Grabes geleget werden/ da legen wir auch/ ſo zu reden/ das alte
Kleid abe/ die Wuͤrme ziehens uns ab/ die Verweſung leget es
von uns weg/ ſo lange/ biß der groſſe Sabbath der Aufferſtehung
1. Cor. 15.
verſ.
13.
der Todten wird anbrechen/ da werden wir dann mit einem an-
dern Kleide uͤberkleidet werden/ da das verweßliche wird anzie-

hen
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[[42]/0042] Himmels-Verlangen Leib durch den Tod ablegen/ wie der Juͤngling Joſeph ſeinen Mantel der Egypterin hat gelaſſen. Alſo nennet Er im Gegen- theil die kuͤnfftige Verklaͤrung unſerer Leiber/ mit welchem wir in dem Himmels-Hauſe werden wohnen/ eine Uberkleidung/ und iſt dieſe verblumte Redens-Art genommen von den Klei- dern/ in welche wir unſere Leiber in dieſer Welt einkleiden/ wie wir dann dieſe unſere Leiber auch mit allem Recht Kleider der See- len koͤnnen nennen/ mit welchen die Seele/ ſo zu reden/ eingehuͤllet und eingekleidet wird. Allein ein ſolches Kleid iſt unſer Leib in dieſer Welt/ den wir wohl heiſſen koͤnnen ein zerriſſenes/ abgetra- genes/ abgeſchabetes/ mit den Flecken der Kranckheiten/ durch und durch beflecktes Kleid/ daran zwar der Artzt flicket/ aber nur ſo lange/ als es den Stich haͤlt; Wann es dann nicht laͤnger halten kan/ ſo heiſt es dann: Wann der Artzt ſchon lange daran fli- cket/ ſo gehet es doch endlich alſo: Heute Koͤnig morgen todt. Diß Kleid dieſes unſeres Leibes muͤſſen wir an uns tragen/ ſo lange wir leben. Lebet einer 20: 30: 40. Jahr/ ſo traͤget er diß Kleid 20: 30: 40. Jahr lang: Lebet jemand 60: 70: 80: 90. Jahr/ ſo träget er auch diß Kleid 60: 70: 80: 90. Jahr/ biß wir damit in unſer Grab/ als in unſere Schlaff-Kammer getragen werden. Jn unſer irrdiſchen Slaff-Kammer/ wann wir uns zu Ruhe begeben wollen/ ſo legen wir unſere Kleider abe/ und wenn es gegen den lieben Sonntag oder einen hohen Feſt-Tag gehet/ ſo legen wir ein ander Kleid an/ nemlich ein Feyer- oder Sonntags-Kleid/ wann wirs haben. Eben alſo/ wann wir mit dem Kleide unſers Leibes in unſere Ruhe-Kammer unſers Grabes geleget werden/ da legen wir auch/ ſo zu reden/ das alte Kleid abe/ die Wuͤrme ziehens uns ab/ die Verweſung leget es von uns weg/ ſo lange/ biß der groſſe Sabbath der Aufferſtehung der Todten wird anbrechen/ da werden wir dann mit einem an- dern Kleide uͤberkleidet werden/ da das verweßliche wird anzie- hen Sirach. 10. perſ. 12. 1. Cor. 15. verſ. 13.

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Zitationshilfe: Römer, Daniel: Jesus! Himmels-Verlangen Stillt Seelen-Bangen. Bautzen, 1678, S. [42]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/542013/42>, abgerufen am 28.03.2024.