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Römer, Daniel: Jesus! Himmels-Verlangen Stillt Seelen-Bangen. Bautzen, 1678.

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Himmels-Verlangen
Seufzen ist dir nicht verborgen. Da daun König David gleich-Ps. 38. 10.
sam einen Unterscheid machet zwischen seinem begierigen Ver-
langen und seiner eigenen Person. Von seiner eigenen Person darf
er dieses nicht sagen/ daß sie allezeit vor den HErrn den heiligenGott
könte vorkommen; Allein von seinen begierigen Verlangen/ darff
er dieses ohn eintzigem Bedencken sagen/ daß sie allezeit vor GOtt
seyn/ und bey ihm vorkommen können/ nicht nur dir jenigen/ die er
mit gewissen lauten/ deutlichen Worten an den Tag leget/ sondern
auch die jenigen/ die annoch tief in seinem Hertzen verborgen liegen/
die kein Mensch/ ja auch nicht er selber hörete/ die höre schon GOtt/
die kommen vor GOtt stracks/ alsobald/ von Stund an. Das begie-
rige Verlangen nach GOtt kömt alsobald für GOtt/ und bringet
auch Gott mit sich; Das begierige Verlangen nach den Himmel kömmt
alsobald vorGOtt in den Himmel/ und bringet auch den Himmel; Das
begierige Verlangen nach dem Glauben kömmt also bald vor GOtt
und bringee auch mit sich den Glauben. Und ist dieses begierige
Verlangen eines gläubigen Menschen nicht uneh[n]lich der bekehr-
ten grossen Sünderin die da zu dem HErrn JEsu kam mit Gnaden
hungriger und durstiger Seelen. Der Glaube hatte sie zwar zu
dem HErrn JEsu als dem eintzigen Gnaden-Thron angetrieben
allein denselben Glauben hatte sie weder mit einem eintzigen Seuf-
tzen/ noch mit einem eintzigen Wörtlein/ am wenigsten mit einem
eintzigen Gebethlein zu erkennen gegeben. Das eintzige Verlan-
gen nach dem Glauben hat ihre Augen in milde Thränen verwan-
delt/ ihre Hände in das Angreiffen und Waschen/ der Füsse
JESU/ und stackte so ihr Glaube damahls vergraben un-
ler ihren Threnen/ verscharret unter ihren Liegen an den Füssen
des HERRN JEsu/ welches Verlangen des Glaubens denLuc. 7, 38.
50.

HErren JEsum dermassen bezwungen/ daß er ihr tröstlich zu-
rief/ dein Glaube hat dir geholffen/ gehe hin mit Frieden.
So weit kömmts auch manchmahl mit einem gläubigen Kinde
GOttes/ besonders in denen Seelen-Anfechtungen/ und feurigen

höllischen
D 2

Himmels-Verlangen
Seufzen iſt dir nicht verborgen. Da daũ Koͤnig David gleich-Pſ. 38. 10.
ſam einen Unterſcheid machet zwiſchen ſeinem begierigen Ver-
langen und ſeiner eigenen Perſon. Von ſeiner eigenen Perſon darf
er dieſes nicht ſagen/ daß ſie allezeit vor den HErrn den heiligenGott
koͤnte vorkom̃en; Allein von ſeinen begierigen Verlangen/ darff
er dieſes ohn eintzigem Bedencken ſagen/ daß ſie allezeit vor GOtt
ſeyn/ und bey ihm vorkommen koͤnnen/ nicht nur dir jenigen/ die er
mit gewiſſen lauten/ deutlichen Worten an den Tag leget/ ſondern
auch die jenigen/ die annoch tief in ſeinem Hertzen verborgen liegen/
die kein Menſch/ ja auch nicht er ſelber hoͤrete/ die höre ſchon GOtt/
die kom̃en vor GOtt ſtracks/ alſobald/ von Stund an. Das begie-
rige Verlangen nach GOtt koͤmt alſobald fuͤr GOtt/ und bringet
auch Gott mit ſich; Das begierige Verlangen nach den Him̃el koͤm̃t
alſobald vorGOtt in den Him̃el/ und bringet auch den Him̃el; Das
begierige Verlangen nach dem Glauben koͤm̃t alſo bald vor GOtt
und bringee auch mit ſich den Glauben. Und iſt dieſes begierige
Verlangen eines glaͤubigen Menſchen nicht uneh[n]lich der bekehr-
ten groſſen Suͤnderin die da zu dem HErrn JEſu kam mit Gnaden
hungriger und durſtiger Seelen. Der Glaube hatte ſie zwar zu
dem HErrn JEſu als dem eintzigen Gnaden-Thron angetrieben
allein denſelben Glauben hatte ſie weder mit einem eintzigen Seuf-
tzen/ noch mit einem eintzigen Woͤrtlein/ am wenigſten mit einem
eintzigen Gebethlein zu erkennen gegeben. Das eintzige Verlan-
gen nach dem Glauben hat ihre Augen in milde Thraͤnen verwan-
delt/ ihre Haͤnde in das Angreiffen und Waſchen/ der Fuͤſſe
JESU/ und ſtackte ſo ihr Glaube damahls vergraben un-
ler ihren Threnen/ verſcharret unter ihren Liegen an den Fuͤſſen
des HERRN JEſu/ welches Verlangen des Glaubens denLuc. 7, 38.
50.

HErren JEſum dermaſſen bezwungen/ daß er ihr troͤſtlich zu-
rief/ dein Glaube hat dir geholffen/ gehe hin mit Frieden.
So weit koͤmmts auch manchmahl mit einem glaͤubigen Kinde
GOttes/ beſonders in denen Seelen-Anfechtungen/ und feurigen

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[[27]/0027] Himmels-Verlangen Seufzen iſt dir nicht verborgen. Da daũ Koͤnig David gleich- ſam einen Unterſcheid machet zwiſchen ſeinem begierigen Ver- langen und ſeiner eigenen Perſon. Von ſeiner eigenen Perſon darf er dieſes nicht ſagen/ daß ſie allezeit vor den HErrn den heiligenGott koͤnte vorkom̃en; Allein von ſeinen begierigen Verlangen/ darff er dieſes ohn eintzigem Bedencken ſagen/ daß ſie allezeit vor GOtt ſeyn/ und bey ihm vorkommen koͤnnen/ nicht nur dir jenigen/ die er mit gewiſſen lauten/ deutlichen Worten an den Tag leget/ ſondern auch die jenigen/ die annoch tief in ſeinem Hertzen verborgen liegen/ die kein Menſch/ ja auch nicht er ſelber hoͤrete/ die höre ſchon GOtt/ die kom̃en vor GOtt ſtracks/ alſobald/ von Stund an. Das begie- rige Verlangen nach GOtt koͤmt alſobald fuͤr GOtt/ und bringet auch Gott mit ſich; Das begierige Verlangen nach den Him̃el koͤm̃t alſobald vorGOtt in den Him̃el/ und bringet auch den Him̃el; Das begierige Verlangen nach dem Glauben koͤm̃t alſo bald vor GOtt und bringee auch mit ſich den Glauben. Und iſt dieſes begierige Verlangen eines glaͤubigen Menſchen nicht unehnlich der bekehr- ten groſſen Suͤnderin die da zu dem HErrn JEſu kam mit Gnaden hungriger und durſtiger Seelen. Der Glaube hatte ſie zwar zu dem HErrn JEſu als dem eintzigen Gnaden-Thron angetrieben allein denſelben Glauben hatte ſie weder mit einem eintzigen Seuf- tzen/ noch mit einem eintzigen Woͤrtlein/ am wenigſten mit einem eintzigen Gebethlein zu erkennen gegeben. Das eintzige Verlan- gen nach dem Glauben hat ihre Augen in milde Thraͤnen verwan- delt/ ihre Haͤnde in das Angreiffen und Waſchen/ der Fuͤſſe JESU/ und ſtackte ſo ihr Glaube damahls vergraben un- ler ihren Threnen/ verſcharret unter ihren Liegen an den Fuͤſſen des HERRN JEſu/ welches Verlangen des Glaubens den HErren JEſum dermaſſen bezwungen/ daß er ihr troͤſtlich zu- rief/ dein Glaube hat dir geholffen/ gehe hin mit Frieden. So weit koͤmmts auch manchmahl mit einem glaͤubigen Kinde GOttes/ beſonders in denen Seelen-Anfechtungen/ und feurigen hoͤlliſchen Pſ. 38. 10. Luc. 7, 38. 50. D 2

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Zitationshilfe: Römer, Daniel: Jesus! Himmels-Verlangen Stillt Seelen-Bangen. Bautzen, 1678, S. [27]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/542013/27>, abgerufen am 22.11.2024.