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Kühn, Johann Heinrich: J. N. J. Reichthum Göttlicher Güte. Dresden, 1675.

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Reichthum Göttlicher Güte.
Aug. lib.
de Per-
fect. justi-
tiae c.
4. t.
VII. col.

1420. B.
Nothwendigkeiten zu sündigen. Und schreibet letztbesag-
ter Kirchen-Lehrer; Per arbitrii libertatem factum, ut
esset homo cum peccato: sed jam poenalis vitiositas sub-
secuta ex libertate facit necessitatem. Unde ad DEUM
fides clamat; De necessitatibus educ me, sub quibus po-
siti, vel non possumus, quod volumus, intelligere, vel
quod intellexerimus, volumus, nec valemus implere.

Das ist; Es ist durch die Freyheit des Willens (oder viel-
mehr derselben Misbrauch) geschehen/ daß der Mensch in
der Sünden stecket: Nunmehro aber hat die zur Straffe
erfolgte sündhaffte Neigung aus der Freyheit eine Noth-
wendigkeit gemacht. Daher der Glaube zu Gott schreyet;
Führe mich aus meinen Nöthen/ unter welchen wir gehal-
ten/ entweder nicht können/ was wir zwar wollen/ verste-
hen/ oder wenn wirs gleich verstanden haben/ auch wollen/
doch nicht können ins Werck setzen und vollbringen. Füh-
ret drauf weiter fein tröstlich an/ wie uns in der Dienstbar-
keit dieser Noth die Freyheit von Christo JEsu/ der die
Warheit ist/ versprochen werde/ wann Er dort zu den Jü-
den sagte; So ihr bleiben werdet an meiner Rede/ so seid
ihr meine rechte Jünger/ und werdet die Warheit erkennen/
Job. 8, 31,
32.
und die Warheit wird euch frey machen. Solche Noth
fand sich anfänglich bey dem gerechten und glückseligen A-
dam nicht/ cui nihil aliud fuit, non peccare, quam nolle,
Prosper
l.
3. de vi-
ta con-
templ. c.
2.
wie Prosper redet/ bey dem das/ daß er nicht sündigte/ nichts
anders ware/ als daß er nicht sündigen wolte. Jetzt aber in
diesem elenden Sünden Noth-Stall muß auch der wieder-
gebohrne Mensch mit Paulo kläglich gestehen; Jch bin
fleischlich unter die Sünde verkauffet: Denn ich weiß nicht/
was ich thue/ denn ich thue nicht/ das ich will/ sondern das
Rom. 7,
14. 15.
ich hasse/ das thue ich. Jtem; Jch weiß/ das in mir/ das

ist/

Reichthum Goͤttlicher Guͤte.
Aug. lib.
de Per-
fect. justi-
tiæ c.
4. t.
VII. col.

1420. B.
Nothwendigkeiten zu ſuͤndigen. Und ſchreibet letztbeſag-
ter Kirchen-Lehrer; Per arbitrii libertatem factum, ut
eſſet homo cum peccato: ſed jam pœnalis vitioſitas ſub-
ſecuta ex libertate facit neceſſitatem. Unde ad DEUM
fides clamat; De neceſſitatibus educ me, ſub quibus po-
ſiti, vel non poſſumus, quod volumus, intelligere, vel
quod intellexerimus, volumus, nec valemus implere.

Das iſt; Es iſt durch die Freyheit des Willens (oder viel-
mehr derſelben Misbrauch) geſchehen/ daß der Menſch in
der Suͤnden ſtecket: Nunmehro aber hat die zur Straffe
erfolgte ſuͤndhaffte Neigung aus der Freyheit eine Noth-
wendigkeit gemacht. Daher der Glaube zu Gott ſchreyet;
Fuͤhre mich aus meinen Noͤthen/ unter welchen wir gehal-
ten/ entweder nicht koͤnnen/ was wir zwar wollen/ verſte-
hen/ oder wenn wirs gleich verſtanden haben/ auch wollen/
doch nicht koͤnnen ins Werck ſetzen und vollbringen. Fuͤh-
ret drauf weiter fein troͤſtlich an/ wie uns in der Dienſtbar-
keit dieſer Noth die Freyheit von Chriſto JEſu/ der die
Warheit iſt/ verſprochen werde/ wann Er dort zu den Juͤ-
den ſagte; So ihr bleiben werdet an meiner Rede/ ſo ſeid
ihr meine rechte Juͤnger/ und werdet die Warheit erkennen/
Job. 8, 31,
32.
und die Warheit wird euch frey machen. Solche Noth
fand ſich anfänglich bey dem gerechten und gluͤckſeligen A-
dam nicht/ cui nihil aliud fuit, non peccare, quàm nolle,
Proſper
l.
3. de vi-
tâ con-
templ. c.
2.
wie Proſper redet/ bey dem das/ daß er nicht ſuͤndigte/ nichts
anders ware/ als daß er nicht ſuͤndigen wolte. Jetzt aber in
dieſem elenden Suͤnden Noth-Stall muß auch der wieder-
gebohrne Menſch mit Paulo klaͤglich geſtehen; Jch bin
fleiſchlich unter die Suͤnde verkauffet: Denn ich weiß nicht/
was ich thue/ denn ich thue nicht/ das ich will/ ſondern das
Rom. 7,
14. 15.
ich haſſe/ das thue ich. Jtem; Jch weiß/ das in mir/ das

iſt/
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[24/0024] Reichthum Goͤttlicher Guͤte. Nothwendigkeiten zu ſuͤndigen. Und ſchreibet letztbeſag- ter Kirchen-Lehrer; Per arbitrii libertatem factum, ut eſſet homo cum peccato: ſed jam pœnalis vitioſitas ſub- ſecuta ex libertate facit neceſſitatem. Unde ad DEUM fides clamat; De neceſſitatibus educ me, ſub quibus po- ſiti, vel non poſſumus, quod volumus, intelligere, vel quod intellexerimus, volumus, nec valemus implere. Das iſt; Es iſt durch die Freyheit des Willens (oder viel- mehr derſelben Misbrauch) geſchehen/ daß der Menſch in der Suͤnden ſtecket: Nunmehro aber hat die zur Straffe erfolgte ſuͤndhaffte Neigung aus der Freyheit eine Noth- wendigkeit gemacht. Daher der Glaube zu Gott ſchreyet; Fuͤhre mich aus meinen Noͤthen/ unter welchen wir gehal- ten/ entweder nicht koͤnnen/ was wir zwar wollen/ verſte- hen/ oder wenn wirs gleich verſtanden haben/ auch wollen/ doch nicht koͤnnen ins Werck ſetzen und vollbringen. Fuͤh- ret drauf weiter fein troͤſtlich an/ wie uns in der Dienſtbar- keit dieſer Noth die Freyheit von Chriſto JEſu/ der die Warheit iſt/ verſprochen werde/ wann Er dort zu den Juͤ- den ſagte; So ihr bleiben werdet an meiner Rede/ ſo ſeid ihr meine rechte Juͤnger/ und werdet die Warheit erkennen/ und die Warheit wird euch frey machen. Solche Noth fand ſich anfänglich bey dem gerechten und gluͤckſeligen A- dam nicht/ cui nihil aliud fuit, non peccare, quàm nolle, wie Proſper redet/ bey dem das/ daß er nicht ſuͤndigte/ nichts anders ware/ als daß er nicht ſuͤndigen wolte. Jetzt aber in dieſem elenden Suͤnden Noth-Stall muß auch der wieder- gebohrne Menſch mit Paulo klaͤglich geſtehen; Jch bin fleiſchlich unter die Suͤnde verkauffet: Denn ich weiß nicht/ was ich thue/ denn ich thue nicht/ das ich will/ ſondern das ich haſſe/ das thue ich. Jtem; Jch weiß/ das in mir/ das iſt/ Aug. lib. de Per- fect. justi- tiæ c. 4. t. VII. col. 1420. B. Job. 8, 31, 32. Proſper l. 3. de vi- tâ con- templ. c. 2. Rom. 7, 14. 15.

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Zitationshilfe: Kühn, Johann Heinrich: J. N. J. Reichthum Göttlicher Güte. Dresden, 1675, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508612/24>, abgerufen am 29.03.2024.