Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

mand dencken, als ob die Bemühung derer Schul-Leute in
das gemeine Wesen wenigen Einfluß hätte: Sondern ich be-
diene mich des göttlichen Ausspruches zur Abschilderung eines
getreuen Schul-Mannes mit gutem Bedacht nur in der Ab-
sicht, weil ihre Verrichtungen dem grösten, aber doch un-
verständigen Haufen wenig und geringe vorkömmt.

Derselbe nennt es eine nichtswürdige Kleinigkeit, daß ein
Schul-Mann der Jugend die Anfangs-Gründe der Religi-
on einflösset; daß er sie in ihrer Mutter-Sprache unter-
wiese; daß er ihnen die Erkenntniß fremder Sprachen beybrin-
ge, einheimische und ausländische Geschichte bekannt mache;
die Gebrauche des Alterthums erkläre; daß er von der Kunst
vernünftige Schlüsse zu mache, Wahrheiten zu untersuchen,
und zu prüfen, ihr vieles vorsage; daß er sie zu einer gezie-
menden Aufführung gegen GOtt, gegen obere, niedere und
ihres gleichen, anhalte; daß er sie in gebunder und unge-
bundener Schreibart ihre Gedancken auszudrucken lehre, daß
er ihr die Wissenschafft zu zählen, und zu messen erkläre.

Alle diese Dinge siehet der Unverstand vor Sachen an,
die wenig, und nichts bedeuten, die bey zunehmenden Jah-
ren weit nützlicher vergessen, als behalten würden, die zu der
glücklichen Bestellung des Haus-Wesens, und zu der Ver-
mehrung des Vermögens nichts beytrügen.

Wie
F 2

mand dencken, als ob die Bemuͤhung derer Schul-Leute in
das gemeine Weſen wenigen Einfluß haͤtte: Sondern ich be-
diene mich des goͤttlichen Ausſpruches zur Abſchilderung eines
getreuen Schul-Mannes mit gutem Bedacht nur in der Ab-
ſicht, weil ihre Verrichtungen dem groͤſten, aber doch un-
verſtaͤndigen Haufen wenig und geringe vorkoͤmmt.

Derſelbe nennt es eine nichtswuͤrdige Kleinigkeit, daß ein
Schul-Mann der Jugend die Anfangs-Gruͤnde der Religi-
on einfloͤſſet; daß er ſie in ihrer Mutter-Sprache unter-
wieſe; daß er ihnen die Erkenntniß fremder Sprachen beybrin-
ge, einheimiſche und auslaͤndiſche Geſchichte bekannt mache;
die Gebrauche des Alterthums erklaͤre; daß er von der Kunſt
vernuͤnftige Schluͤſſe zu mache, Wahrheiten zu unterſuchen,
und zu pruͤfen, ihr vieles vorſage; daß er ſie zu einer gezie-
menden Auffuͤhrung gegen GOtt, gegen obere, niedere und
ihres gleichen, anhalte; daß er ſie in gebunder und unge-
bundener Schreibart ihre Gedancken auszudrucken lehre, daß
er ihr die Wiſſenſchafft zu zaͤhlen, und zu meſſen erklaͤre.

Alle dieſe Dinge ſiehet der Unverſtand vor Sachen an,
die wenig, und nichts bedeuten, die bey zunehmenden Jah-
ren weit nuͤtzlicher vergeſſen, als behalten wuͤrden, die zu der
gluͤcklichen Beſtellung des Haus-Weſens, und zu der Ver-
mehrung des Vermoͤgens nichts beytruͤgen.

Wie
F 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsOration" n="1">
        <p><pb facs="#f0044" n="43"/>
mand dencken, als ob die Bemu&#x0364;hung derer Schul-Leute in<lb/>
das gemeine We&#x017F;en wenigen Einfluß ha&#x0364;tte: Sondern ich be-<lb/>
diene mich des go&#x0364;ttlichen Aus&#x017F;pruches zur Ab&#x017F;childerung eines<lb/>
getreuen Schul-Mannes mit gutem Bedacht nur in der Ab-<lb/>
&#x017F;icht, weil ihre Verrichtungen dem gro&#x0364;&#x017F;ten, aber doch un-<lb/>
ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Haufen wenig und geringe vorko&#x0364;mmt.</p><lb/>
        <p>Der&#x017F;elbe nennt es eine nichtswu&#x0364;rdige Kleinigkeit, daß ein<lb/>
Schul-Mann der Jugend die Anfangs-Gru&#x0364;nde der Religi-<lb/>
on einflo&#x0364;&#x017F;&#x017F;et; daß er &#x017F;ie in ihrer Mutter-Sprache unter-<lb/>
wie&#x017F;e; daß er ihnen die Erkenntniß fremder Sprachen beybrin-<lb/>
ge, einheimi&#x017F;che und ausla&#x0364;ndi&#x017F;che Ge&#x017F;chichte bekannt mache;<lb/>
die Gebrauche des Alterthums erkla&#x0364;re; daß er von der Kun&#x017F;t<lb/>
vernu&#x0364;nftige Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e zu mache, Wahrheiten zu unter&#x017F;uchen,<lb/>
und zu pru&#x0364;fen, ihr vieles vor&#x017F;age; daß er &#x017F;ie zu einer gezie-<lb/>
menden Auffu&#x0364;hrung gegen GOtt, gegen obere, niedere und<lb/>
ihres gleichen, anhalte; daß er &#x017F;ie in gebunder und unge-<lb/>
bundener Schreibart ihre Gedancken auszudrucken lehre, daß<lb/>
er ihr die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft zu za&#x0364;hlen, und zu me&#x017F;&#x017F;en erkla&#x0364;re.</p><lb/>
        <p>Alle die&#x017F;e Dinge &#x017F;iehet der Unver&#x017F;tand vor Sachen an,<lb/>
die wenig, und nichts bedeuten, die bey zunehmenden Jah-<lb/>
ren weit nu&#x0364;tzlicher verge&#x017F;&#x017F;en, als behalten wu&#x0364;rden, die zu der<lb/>
glu&#x0364;cklichen Be&#x017F;tellung des Haus-We&#x017F;ens, und zu der Ver-<lb/>
mehrung des Vermo&#x0364;gens nichts beytru&#x0364;gen.</p><lb/>
        <fw type="sig" place="bottom">F 2</fw>
        <fw type="catch" place="bottom">Wie</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0044] mand dencken, als ob die Bemuͤhung derer Schul-Leute in das gemeine Weſen wenigen Einfluß haͤtte: Sondern ich be- diene mich des goͤttlichen Ausſpruches zur Abſchilderung eines getreuen Schul-Mannes mit gutem Bedacht nur in der Ab- ſicht, weil ihre Verrichtungen dem groͤſten, aber doch un- verſtaͤndigen Haufen wenig und geringe vorkoͤmmt. Derſelbe nennt es eine nichtswuͤrdige Kleinigkeit, daß ein Schul-Mann der Jugend die Anfangs-Gruͤnde der Religi- on einfloͤſſet; daß er ſie in ihrer Mutter-Sprache unter- wieſe; daß er ihnen die Erkenntniß fremder Sprachen beybrin- ge, einheimiſche und auslaͤndiſche Geſchichte bekannt mache; die Gebrauche des Alterthums erklaͤre; daß er von der Kunſt vernuͤnftige Schluͤſſe zu mache, Wahrheiten zu unterſuchen, und zu pruͤfen, ihr vieles vorſage; daß er ſie zu einer gezie- menden Auffuͤhrung gegen GOtt, gegen obere, niedere und ihres gleichen, anhalte; daß er ſie in gebunder und unge- bundener Schreibart ihre Gedancken auszudrucken lehre, daß er ihr die Wiſſenſchafft zu zaͤhlen, und zu meſſen erklaͤre. Alle dieſe Dinge ſiehet der Unverſtand vor Sachen an, die wenig, und nichts bedeuten, die bey zunehmenden Jah- ren weit nuͤtzlicher vergeſſen, als behalten wuͤrden, die zu der gluͤcklichen Beſtellung des Haus-Weſens, und zu der Ver- mehrung des Vermoͤgens nichts beytruͤgen. Wie F 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/508578
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/508578/44
Zitationshilfe: Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508578/44>, abgerufen am 21.11.2024.