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Mauritius, Joachim: Adelicher vnd anderer vornehmen Geschlechter erster Anfang vnd endlicher Untergang. Wittenberg, 1626.

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Leichpredigt.
Gott für drey dinge nicht gnug dancken: 1. Das er jhn zu
einem Vernünfftigen Menschen erschaffen. 2. Das er jhn
zu wahrer Erkentnuß Christi vnd der Göttlichen warheit
kommen lassen. 3. Das er jhn zu so hohen Königlichen wür-
den vber ein Christlich Volck erhaben hette. Das ist ein
recht schön wort vnd ein danckbares hertz/ welches einem
solchen vornemen Potentaten vnd allen Hohes standes Per-
sonen wol anstehet.

Der Herr Lutherus gedencket einer schönen geschicht/
da er das dritte gebot/ wie den auch/ da er das Magnisicat
erklehret/ welche sich auff dem Concilio zu Costnitz/ da
Johan Huß ist verbrandt worden/ begeben hat/ Nemblich:
Zween Cardinäle ritten im Felde/ vnd sahen einen Hirten
stehen vnd Weinen/ der eine Cardinal/ ein sanfftmütiger
Mann/ wolte nicht fürüber reiten/ sondern den Mann trö-
sten/ darumb reit er zu jhm vnd fragte jhn/ was jhm leides
wie derfahren wehre[?] der Hirte kan lange für Weinen kein
Wort von sich bringen/ zu letzt hebt er an/ vnnd wei[s]et eine
grewliche Kröte/ vnd spricht: darumb Weine ich: das mich
Gott nicht hat lassen eine solche erschreckliche Creatur wer-
den/ wie dieser Wurm ist/ vnd das ich das nie erkandt/ viel
weniger jhm dafür lob vnd danck gesagt habe. Der Cardi-
nal erschrickt für diesem Wort/ sinckt in ein Ohnmacht/ felt
vom Maulthier/ das man jhn in die stat muß tragen/ vnnd
schreyet: O Sancte Augustine, wie war hastu gesagt: Wir
gelehrten wallen in Fleisch vnd Blut/ vnter des kommen die
vngelehrten/ vnd nemen vns den Himmel für dem Maul
weg.

O wie viel sind der Menschen noch wol heut zu tage/
die mit diesem Hirten eine lange zeit/ Ja wol jhr lebenlang

hinge-
C ij

Leichpredigt.
Gott fuͤr drey dinge nicht gnug dancken: 1. Das er jhn zu
einem Vernuͤnfftigen Menſchen erſchaffen. 2. Das er jhn
zu wahrer Erkentnuß Chriſti vnd der Goͤttlichen warheit
kommen laſſen. 3. Das er jhn zu ſo hohen Koͤniglichen wuͤr-
den vber ein Chriſtlich Volck erhaben hette. Das iſt ein
recht ſchoͤn wort vnd ein danckbares hertz/ welches einem
ſolchen vornemen Potentaten vnd allen Hohes ſtandes Per-
ſonen wol anſtehet.

Der Herr Lutherus gedencket einer ſchoͤnen geſchicht/
da er das dritte gebot/ wie den auch/ da er das Magniſicat
erklehret/ welche ſich auff dem Concilio zu Coſtnitz/ da
Johan Huß iſt verbrandt worden/ begeben hat/ Nemblich:
Zween Cardinaͤle ritten im Felde/ vnd ſahen einen Hirten
ſtehen vnd Weinen/ der eine Cardinal/ ein ſanfftmuͤtiger
Mann/ wolte nicht fuͤruͤber reiten/ ſondern den Mann troͤ-
ſten/ darumb reit er zu jhm vnd fragte jhn/ was jhm leides
wie derfahren wehre[?] der Hirte kan lange fuͤr Weinen kein
Wort von ſich bringen/ zu letzt hebt er an/ vnnd wei[ſ]et eine
grewliche Kroͤte/ vnd ſpricht: darumb Weine ich: das mich
Gott nicht hat laſſen eine ſolche erſchreckliche Creatur wer-
den/ wie dieſer Wurm iſt/ vnd das ich das nie erkandt/ viel
weniger jhm dafuͤr lob vnd danck geſagt habe. Der Cardi-
nal erſchrickt fuͤr dieſem Wort/ ſinckt in ein Ohnmacht/ felt
vom Maulthier/ das man jhn in die ſtat muß tragen/ vnnd
ſchreyet: O Sancte Auguſtine, wie war haſtu geſagt: Wir
gelehrten wallen in Fleiſch vnd Blut/ vnter des kommen die
vngelehrten/ vnd nemen vns den Himmel fuͤr dem Maul
weg.

O wie viel ſind der Menſchen noch wol heut zu tage/
die mit dieſem Hirten eine lange zeit/ Ja wol jhr lebenlang

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[17/0019] Leichpredigt. Gott fuͤr drey dinge nicht gnug dancken: 1. Das er jhn zu einem Vernuͤnfftigen Menſchen erſchaffen. 2. Das er jhn zu wahrer Erkentnuß Chriſti vnd der Goͤttlichen warheit kommen laſſen. 3. Das er jhn zu ſo hohen Koͤniglichen wuͤr- den vber ein Chriſtlich Volck erhaben hette. Das iſt ein recht ſchoͤn wort vnd ein danckbares hertz/ welches einem ſolchen vornemen Potentaten vnd allen Hohes ſtandes Per- ſonen wol anſtehet. Der Herr Lutherus gedencket einer ſchoͤnen geſchicht/ da er das dritte gebot/ wie den auch/ da er das Magniſicat erklehret/ welche ſich auff dem Concilio zu Coſtnitz/ da Johan Huß iſt verbrandt worden/ begeben hat/ Nemblich: Zween Cardinaͤle ritten im Felde/ vnd ſahen einen Hirten ſtehen vnd Weinen/ der eine Cardinal/ ein ſanfftmuͤtiger Mann/ wolte nicht fuͤruͤber reiten/ ſondern den Mann troͤ- ſten/ darumb reit er zu jhm vnd fragte jhn/ was jhm leides wie derfahren wehre? der Hirte kan lange fuͤr Weinen kein Wort von ſich bringen/ zu letzt hebt er an/ vnnd weiſet eine grewliche Kroͤte/ vnd ſpricht: darumb Weine ich: das mich Gott nicht hat laſſen eine ſolche erſchreckliche Creatur wer- den/ wie dieſer Wurm iſt/ vnd das ich das nie erkandt/ viel weniger jhm dafuͤr lob vnd danck geſagt habe. Der Cardi- nal erſchrickt fuͤr dieſem Wort/ ſinckt in ein Ohnmacht/ felt vom Maulthier/ das man jhn in die ſtat muß tragen/ vnnd ſchreyet: O Sancte Auguſtine, wie war haſtu geſagt: Wir gelehrten wallen in Fleiſch vnd Blut/ vnter des kommen die vngelehrten/ vnd nemen vns den Himmel fuͤr dem Maul weg. O wie viel ſind der Menſchen noch wol heut zu tage/ die mit dieſem Hirten eine lange zeit/ Ja wol jhr lebenlang hinge- C ij

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Zitationshilfe: Mauritius, Joachim: Adelicher vnd anderer vornehmen Geschlechter erster Anfang vnd endlicher Untergang. Wittenberg, 1626, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508146/19>, abgerufen am 20.04.2024.