Arnold, Johannes: Die Bittere Klage über den Erschlagenen in meinem Volck. Pirna, 1713.Die bittere Klage nichts davon weiß/ freuen sich auch wohl gar darüber/ wenns ihren Freun-den und Anverwandten übel gehet/ und sprechen: Da/ da/ das sehen wir gerne/ (Psal. XXXV, 21.) graben eine Grube/ und suchen sie hinein zu stür- zen/ (Psal. VII, 15.) treten sie mit Füssen/ suchen sie mit einem Kuß zu ver- rathen/ und um Leib und Leben zu bringen/ (Psal. XLI, 10.) Wie es die Z[u]hörer Jeremiä mit diesen treuen Propheten/ Joab und Abnern/ Judas mit Christo/ und die Jüden mit seinen Aposteln zu machen pflegten/ oder Hertzog Heinrich zu Braunschweig/ welcher sich bey Verlust seiner beyden Söhne Caroli und Philippi, als welche An. 1553. in der Schlacht umkom- men waren/ in nachfolgende Worte heraus ließ: Ey! wie recht/ so muß man den Jungen das Gelbe vom Schnabel wischen. (Vid. Rupert. in Val. Max. p. 570.) Von etlichen seiner undanckbaren Studenten und Zu- hörern klagete zu seiner Zeit ein frommer Professor auff einer bekannten Universität: Qvos ego amavi, qvos educavi, qvos honoravi, qvos exaltavi, illi me jam conculcant; welche ich vormahls geliebet/ auffer- zogen/ zu Ehren und ans Bret gebracht habe/ die treten mich ietzund unter die Füsse. (vid. Axiom Richt. Eccles. Axiom. 126. p. 194.) Aber o Schande! daß von Christen dergleichen Unbarmhertzigkeit soll O so
Die bittere Klage nichts davon weiß/ freuen ſich auch wohl gar daruͤber/ wenns ihren Freun-den und Anverwandten uͤbel gehet/ und ſprechen: Da/ da/ das ſehen wir gerne/ (Pſal. XXXV, 21.) graben eine Grube/ und ſuchen ſie hinein zu ſtuͤr- zen/ (Pſal. VII, 15.) treten ſie mit Fuͤſſen/ ſuchen ſie mit einem Kuß zu ver- rathen/ und um Leib und Leben zu bringen/ (Pſal. XLI, 10.) Wie es die Z[u]hoͤrer Jeremiaͤ mit dieſen treuen Propheten/ Joab und Abnern/ Judas mit Chriſto/ und die Juͤden mit ſeinen Apoſteln zu machen pflegten/ oder Hertzog Heinrich zu Braunſchweig/ welcher ſich bey Verluſt ſeiner beyden Soͤhne Caroli und Philippi, als welche An. 1553. in der Schlacht umkom- men waren/ in nachfolgende Worte heraus ließ: Ey! wie recht/ ſo muß man den Jungen das Gelbe vom Schnabel wiſchen. (Vid. Rupert. in Val. Max. p. 570.) Von etlichen ſeiner undanckbaren Studenten und Zu- hoͤrern klagete zu ſeiner Zeit ein frommer Profeſſor auff einer bekannten Univerſitaͤt: Qvos ego amavi, qvos educavi, qvos honoravi, qvos exaltavi, illi me jam conculcant; welche ich vormahls geliebet/ auffer- zogen/ zu Ehren und ans Bret gebracht habe/ die treten mich ietzund unter die Fuͤſſe. (vid. Axiom Richt. Eccleſ. Axiom. 126. p. 194.) Aber o Schande! daß von Chriſten dergleichen Unbarmhertzigkeit ſoll O ſo
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Die bittere Klage
nichts davon weiß/ freuen ſich auch wohl gar daruͤber/ wenns ihren Freun-
den und Anverwandten uͤbel gehet/ und ſprechen: Da/ da/ das ſehen wir
gerne/ (Pſal. XXXV, 21.) graben eine Grube/ und ſuchen ſie hinein zu ſtuͤr-
zen/ (Pſal. VII, 15.) treten ſie mit Fuͤſſen/ ſuchen ſie mit einem Kuß zu ver-
rathen/ und um Leib und Leben zu bringen/ (Pſal. XLI, 10.) Wie es die
Zuhoͤrer Jeremiaͤ mit dieſen treuen Propheten/ Joab und Abnern/ Judas
mit Chriſto/ und die Juͤden mit ſeinen Apoſteln zu machen pflegten/ oder
Hertzog Heinrich zu Braunſchweig/ welcher ſich bey Verluſt ſeiner beyden
Soͤhne Caroli und Philippi, als welche An. 1553. in der Schlacht umkom-
men waren/ in nachfolgende Worte heraus ließ: Ey! wie recht/ ſo muß
man den Jungen das Gelbe vom Schnabel wiſchen. (Vid. Rupert. in
Val. Max. p. 570.) Von etlichen ſeiner undanckbaren Studenten und Zu-
hoͤrern klagete zu ſeiner Zeit ein frommer Profeſſor auff einer bekannten
Univerſitaͤt: Qvos ego amavi, qvos educavi, qvos honoravi, qvos
exaltavi, illi me jam conculcant; welche ich vormahls geliebet/ auffer-
zogen/ zu Ehren und ans Bret gebracht habe/ die treten mich ietzund unter
die Fuͤſſe. (vid. Axiom Richt. Eccleſ. Axiom. 126. p. 194.)
Aber o Schande! daß von Chriſten dergleichen Unbarmhertzigkeit ſoll
geſaget werden/ davon auch die erbaren Heyden nichts gewuſt. Siebet
Alexander M. ſeines Feindes/ des Koͤniges Darii, todten Leichnam vor
ſich liegen/ Julius Cæſar das abgeſchlagene Haupt Pompeji, Marcus
Marcellus die Stadt Syracuſa brennen/ und in der Flamme auffgehen/
koͤnnen ſich keiner von denenſelben des Weinens enthalten/ ob ſie gleich
ſonſten einander Spinne-feind geweſen. Alleine ſo mitleidig ſind obge-
dachte Chriſten nicht einmahl gegen ihre Freunde/ geſchweige/ gegen ihre
Feinde/ weshalben ſie auch an jenem Tage vor dem Richter-Stuhl Chri-
ſti von vielen derer Heyden werden beſchaͤmet/ und mit ihnen zugleich ver-
dammet werden/ doch alſo/ daß es denen mitleidigen Heyden ertraͤglicher
ergehen wird/ als ſolchen unchriſtlichen Chriſten und unbarmhertzigen
ἐπιχαιρεκακοῖς, oder Schaden-frohen. Denn es wird ein unbarmher-
ziges Gericht ergehen uͤber den/ der nicht Barmhertzigkeit gethan hat/
(Jac. II, 13. Prov. XXIV, 16. 17. 18.) und werden ſich ſchaͤmen und zu
Schanden werden/ die ſich uͤber ihres Naͤchſten Ubel freuen/ mit Schand
und Scham gekleidet werden/ die ſich wider ihn ruͤhmen/ (Pſal. XXXV, 26.)
Ja der HErr wird ſich an ſolchen unbarmhertzigen Leuten raͤchen/ ihre Len-
den zerſchmettern/ und ſie gaͤntzlich vertilgen/ (Syr. XXXV, 22. 23.)
O ſo
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