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Mauschwitz, Karl Siegmund von: Schuldiger/ Aber/ ach leider! Breslau, [1672].

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helffen könte/ dennoch an seiner jrgends sich ereignenden
Wolfahrt verhindern wolte.

Wir schweben alle gleichsam auff dem ungestümen
Meere dieser Welt/ und haben bald hier bald dar einen
erbärmlichen Schiffbruch zugewarten/ wehr nun allhier
zum ersten an einen erwüntschten Port gelendet ist/ der
ruhet in gewissester sicherheit/ und verlachet was andere
mit Zittern und Zagen befürchten müssen.

Gesetzet auch/ daß wir den Tod (vor welchem alle le-
bendige Creaturen eine natürliche abscheu haben) uns als
etwas bitteres und grausames einbilden solten: Wir müs-
sen nur gedencken/ daß dieser nicht einen oder den andern
alle in/ sondern uns alle entlichen betreffen wird; Ideo re-
rum Natura quod gravissimum fecit, commune fecit, ut
fati crudelitatem consolaretur aequalitas,
saget Seneca.
Darumb ist der Tod allen gemein/ das sich keiner darüber
zubeschweren hat.

Es dörffte mir aber allhier eingeworffen werden/
daß es dennoch Schmertzlich falle/ wenn wir bedencken/
wie die Höchst-selig verschiedene/ gleichsam perverso
ordine Naturae,
die schönsten Blüten der anmuttigen
Jugend dem bleichen Tode habe auffopferen müssen. Jch
muß es zwar gestehen/ aber wir sollen uns alsbald Recol-
ligir
en/ und mit der Schrifft selbsten gedencken/ das Alter
ist Ehrlich/ nicht das lange lebet oder viel Jahre hat/ Klug-
heit unter den Menschen ist das rechte graue Haar/ und
ein unbefleckt Leben ist das rechte Alter. Es schadet uns

nicht/

helffen koͤnte/ dennoch an ſeiner jrgends ſich ereignenden
Wolfahrt verhindern wolte.

Wir ſchweben alle gleichſam auff dem ungeſtuͤmen
Meere dieſer Welt/ und haben bald hier bald dar einen
erbaͤrmlichen Schiffbruch zugewarten/ wehr nun allhier
zum erſten an einen erwuͤntſchten Port gelendet iſt/ der
ruhet in gewiſſeſter ſicherheit/ und verlachet was andere
mit Zittern und Zagen befuͤrchten muͤſſen.

Geſetzet auch/ daß wir den Tod (vor welchem alle le-
bendige Creaturen eine natuͤrliche abſcheu haben) uns als
etwas bitteres und grauſames einbilden ſolten: Wir muͤſ-
ſen nur gedencken/ daß dieſer nicht einen oder den andern
alle in/ ſondern uns alle entlichen betreffen wird; Ideo re-
rum Natura quod gravisſimum fecit, commune fecit, ut
fati crudelitatem conſolaretur æqualitas,
ſaget Seneca.
Darumb iſt der Tod allen gemein/ das ſich keiner daruͤber
zubeſchweren hat.

Es doͤrffte mir aber allhier eingeworffen werden/
daß es dennoch Schmertzlich falle/ wenn wir bedencken/
wie die Hoͤchſt-ſelig verſchiedene/ gleichſam perverſo
ordine Naturæ,
die ſchoͤnſten Bluͤten der anmuttigen
Jugend dem bleichen Tode habe auffopferen muͤſſen. Jch
muß es zwar geſtehen/ aber wir ſollen uns alsbald Recol-
ligir
en/ und mit der Schrifft ſelbſten gedencken/ das Alter
iſt Ehrlich/ nicht das lange lebet oder viel Jahre hat/ Klug-
heit unter den Menſchen iſt das rechte graue Haar/ und
ein unbefleckt Leben iſt das rechte Alter. Es ſchadet uns

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[[15]/0015] helffen koͤnte/ dennoch an ſeiner jrgends ſich ereignenden Wolfahrt verhindern wolte. Wir ſchweben alle gleichſam auff dem ungeſtuͤmen Meere dieſer Welt/ und haben bald hier bald dar einen erbaͤrmlichen Schiffbruch zugewarten/ wehr nun allhier zum erſten an einen erwuͤntſchten Port gelendet iſt/ der ruhet in gewiſſeſter ſicherheit/ und verlachet was andere mit Zittern und Zagen befuͤrchten muͤſſen. Geſetzet auch/ daß wir den Tod (vor welchem alle le- bendige Creaturen eine natuͤrliche abſcheu haben) uns als etwas bitteres und grauſames einbilden ſolten: Wir muͤſ- ſen nur gedencken/ daß dieſer nicht einen oder den andern alle in/ ſondern uns alle entlichen betreffen wird; Ideo re- rum Natura quod gravisſimum fecit, commune fecit, ut fati crudelitatem conſolaretur æqualitas, ſaget Seneca. Darumb iſt der Tod allen gemein/ das ſich keiner daruͤber zubeſchweren hat. Es doͤrffte mir aber allhier eingeworffen werden/ daß es dennoch Schmertzlich falle/ wenn wir bedencken/ wie die Hoͤchſt-ſelig verſchiedene/ gleichſam perverſo ordine Naturæ, die ſchoͤnſten Bluͤten der anmuttigen Jugend dem bleichen Tode habe auffopferen muͤſſen. Jch muß es zwar geſtehen/ aber wir ſollen uns alsbald Recol- ligiren/ und mit der Schrifft ſelbſten gedencken/ das Alter iſt Ehrlich/ nicht das lange lebet oder viel Jahre hat/ Klug- heit unter den Menſchen iſt das rechte graue Haar/ und ein unbefleckt Leben iſt das rechte Alter. Es ſchadet uns nicht/

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Zitationshilfe: Mauschwitz, Karl Siegmund von: Schuldiger/ Aber/ ach leider! Breslau, [1672], S. [15]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/354529/15>, abgerufen am 19.04.2024.