"Bin ein schwaches, thörichtes Mädchen, könnte mir einbilden, daß mein Geliebter, weil ich ihn innig, innig liebe, dem armen Mädchen nicht weh thun möchte. -- Ach, Du bist so gut, so unaussprechlich gut; aber mißdeute mich nicht. Du sollst mir nichts opfern, mir nichts opfern wollen; o Gott! ich könnte mich hassen, wenn Du das thätest. Nein -- Du hast mich unend- lich glücklich gemacht, Du hast mich Dich lieben gelehrt. Zeuch hin! -- Weiß doch mein Schick- sal, Graf Peter gehört nicht mir, gehört der Welt an. Will stolz sein, wenn ich höre: das ist er gewesen, und das war er wieder, und das hat er vollbracht; da haben sie ihn angebetet, und da haben sie ihn vergöttert. Siehe, wenn ich das denke, zürne ich Dir, daß Du bei einem einfältigen Kinde Deiner hohen Schicksale vergessen kannst. -- Zeuch hin, sonst macht der Gedanke mich noch un- glücklich, die ich, ach! durch Dich so glücklich, so selig bin. -- Hab' ich nicht auch einen Oelzweig und eine Rosenknospe in Dein Leben geflochten, wie in den Kranz, den ich Dir überreichen durfte? Habe Dich im Herzen, mein Geliebter, fürchte nicht, von mir zu gehen -- werde sterben, ach! so selig, so unaussprechlich selig durch Dich." --
«Bin ein ſchwaches, thörichtes Mädchen, könnte mir einbilden, daß mein Geliebter, weil ich ihn innig, innig liebe, dem armen Mädchen nicht weh thun möchte. — Ach, Du biſt ſo gut, ſo unausſprechlich gut; aber mißdeute mich nicht. Du ſollſt mir nichts opfern, mir nichts opfern wollen; o Gott! ich könnte mich haſſen, wenn Du das thäteſt. Nein — Du haſt mich unend- lich glücklich gemacht, Du haſt mich Dich lieben gelehrt. Zeuch hin! — Weiß doch mein Schick- ſal, Graf Peter gehört nicht mir, gehört der Welt an. Will ſtolz ſein, wenn ich höre: das iſt er geweſen, und das war er wieder, und das hat er vollbracht; da haben ſie ihn angebetet, und da haben ſie ihn vergöttert. Siehe, wenn ich das denke, zürne ich Dir, daß Du bei einem einfältigen Kinde Deiner hohen Schickſale vergeſſen kannſt. — Zeuch hin, ſonſt macht der Gedanke mich noch un- glücklich, die ich, ach! durch Dich ſo glücklich, ſo ſelig bin. — Hab’ ich nicht auch einen Oelzweig und eine Roſenknospe in Dein Leben geflochten, wie in den Kranz, den ich Dir überreichen durfte? Habe Dich im Herzen, mein Geliebter, fürchte nicht, von mir zu gehen — werde ſterben, ach! ſo ſelig, ſo unausſprechlich ſelig durch Dich.» —
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«Bin ein ſchwaches, thörichtes Mädchen,
könnte mir einbilden, daß mein Geliebter, weil
ich ihn innig, innig liebe, dem armen Mädchen
nicht weh thun möchte. — Ach, Du biſt ſo gut,
ſo unausſprechlich gut; aber mißdeute mich nicht.
Du ſollſt mir nichts opfern, mir nichts opfern
wollen; o Gott! ich könnte mich haſſen, wenn
Du das thäteſt. Nein — Du haſt mich unend-
lich glücklich gemacht, Du haſt mich Dich lieben
gelehrt. Zeuch hin! — Weiß doch mein Schick-
ſal, Graf Peter gehört nicht mir, gehört der
Welt an. Will ſtolz ſein, wenn ich höre: das iſt
er geweſen, und das war er wieder, und das hat
er vollbracht; da haben ſie ihn angebetet, und da
haben ſie ihn vergöttert. Siehe, wenn ich das
denke, zürne ich Dir, daß Du bei einem einfältigen
Kinde Deiner hohen Schickſale vergeſſen kannſt. —
Zeuch hin, ſonſt macht der Gedanke mich noch un-
glücklich, die ich, ach! durch Dich ſo glücklich, ſo
ſelig bin. — Hab’ ich nicht auch einen Oelzweig
und eine Roſenknospe in Dein Leben geflochten,
wie in den Kranz, den ich Dir überreichen durfte?
Habe Dich im Herzen, mein Geliebter, fürchte
nicht, von mir zu gehen — werde ſterben, ach!
ſo ſelig, ſo unausſprechlich ſelig durch Dich.» —
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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/76>, abgerufen am 27.07.2024.
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