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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835.

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zen Tag auf meinen Zimmern mit herrenlosen
Knechten, Schustern, Schneidern und Kaufleuten
zu, ich richtete mich ein, und kaufte besonders
sehr viele Kostbarkeiten und Edelsteine, um nur
Etwas des vielen aufgespeicherten Goldes los zu
werden; es schien aber gar nicht, als könne der
Haufen sich vermindern.

Ich schwebte indeß über meinen Zustand in
den ängstigendsten Zweifeln. Ich wagte keinen
Schritt aus meiner Thür' und ließ Abends vier-
zig Wachskerzen in meinem Saal anzünden, be-
vor ich aus dem Dunkel heraus kam. Ich ge-
dachte mit Grauen des fürchterlichen Auftrittes
mit den Schulknaben. Ich beschloß, so viel Muth
ich auch dazu bedurfte, die öffentliche Meinung
noch einmal zu prüfen. -- Die Nächte waren zu
der Zeit mondhell. Abends spät warf ich einen
weiten Mantel um, drückte mir den Hut tief in
die Augen, und schlich, zitternd wie ein Verbre-
cher, aus dem Hause. Erst auf einem entlegenen
Platz trat ich aus dem Schatten der Häuser, in
deren Schutz ich so weit gekommen war, an das
Mondeslicht hervor; gefaßt, mein Schicksal aus
dem Munde der Vorübergehenden zu vernehmen.

zen Tag auf meinen Zimmern mit herrenloſen
Knechten, Schuſtern, Schneidern und Kaufleuten
zu, ich richtete mich ein, und kaufte beſonders
ſehr viele Koſtbarkeiten und Edelſteine, um nur
Etwas des vielen aufgeſpeicherten Goldes los zu
werden; es ſchien aber gar nicht, als könne der
Haufen ſich vermindern.

Ich ſchwebte indeß über meinen Zuſtand in
den ängſtigendſten Zweifeln. Ich wagte keinen
Schritt aus meiner Thür’ und ließ Abends vier-
zig Wachskerzen in meinem Saal anzünden, be-
vor ich aus dem Dunkel heraus kam. Ich ge-
dachte mit Grauen des fürchterlichen Auftrittes
mit den Schulknaben. Ich beſchloß, ſo viel Muth
ich auch dazu bedurfte, die öffentliche Meinung
noch einmal zu prüfen. — Die Nächte waren zu
der Zeit mondhell. Abends ſpät warf ich einen
weiten Mantel um, drückte mir den Hut tief in
die Augen, und ſchlich, zitternd wie ein Verbre-
cher, aus dem Hauſe. Erſt auf einem entlegenen
Platz trat ich aus dem Schatten der Häuſer, in
deren Schutz ich ſo weit gekommen war, an das
Mondeslicht hervor; gefaßt, mein Schickſal aus
dem Munde der Vorübergehenden zu vernehmen.

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[38/0046] zen Tag auf meinen Zimmern mit herrenloſen Knechten, Schuſtern, Schneidern und Kaufleuten zu, ich richtete mich ein, und kaufte beſonders ſehr viele Koſtbarkeiten und Edelſteine, um nur Etwas des vielen aufgeſpeicherten Goldes los zu werden; es ſchien aber gar nicht, als könne der Haufen ſich vermindern. Ich ſchwebte indeß über meinen Zuſtand in den ängſtigendſten Zweifeln. Ich wagte keinen Schritt aus meiner Thür’ und ließ Abends vier- zig Wachskerzen in meinem Saal anzünden, be- vor ich aus dem Dunkel heraus kam. Ich ge- dachte mit Grauen des fürchterlichen Auftrittes mit den Schulknaben. Ich beſchloß, ſo viel Muth ich auch dazu bedurfte, die öffentliche Meinung noch einmal zu prüfen. — Die Nächte waren zu der Zeit mondhell. Abends ſpät warf ich einen weiten Mantel um, drückte mir den Hut tief in die Augen, und ſchlich, zitternd wie ein Verbre- cher, aus dem Hauſe. Erſt auf einem entlegenen Platz trat ich aus dem Schatten der Häuſer, in deren Schutz ich ſo weit gekommen war, an das Mondeslicht hervor; gefaßt, mein Schickſal aus dem Munde der Vorübergehenden zu vernehmen.

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/46>, abgerufen am 29.03.2024.