und schritt darüber hin, und ließ es klirren, und warf, mein armes Herz an dem Glanze, an dem Klange weidend, immer des Metalles mehr zu dem Metalle, bis ich ermüdet selbst auf das rei- che Lager sank und schwelgend darin wühlte, mich darüber wälzte. So verging der Tag, der Abend, ich schloß meine Thür' nicht auf, die Nacht fand mich liegend auf dem Golde, und darauf über- mannte mich der Schlaf.
Da träumt' es mir von Dir, es ward mir, als stünde ich hinter der Glasthüre Deines klei- nen Zimmers, und sähe Dich von da an Deinem Arbeitstische zwischen einem Skelet und einem Bunde getrockneter Pflanzen sitzen, vor Dir wa- ren Haller, Humbold und Linne aufgeschlagen, auf Deinem Sopha lagen ein Band Göthe und der Zauberring, ich betrachtete Dich lange und jedes Ding in Deiner Stube, und dann Dich wieder, Du rührtest Dich aber nicht, Du holtest auch nicht Athem, Du warst todt.
Ich erwachte. Es schien noch sehr früh zu sein. Meine Uhr stand. Ich war wie zerschla- gen, durstig und hungrig auch noch; ich hatte seit dem vorigen Morgen nichts gegessen. Ich
und ſchritt darüber hin, und ließ es klirren, und warf, mein armes Herz an dem Glanze, an dem Klange weidend, immer des Metalles mehr zu dem Metalle, bis ich ermüdet ſelbſt auf das rei- che Lager ſank und ſchwelgend darin wühlte, mich darüber wälzte. So verging der Tag, der Abend, ich ſchloß meine Thür’ nicht auf, die Nacht fand mich liegend auf dem Golde, und darauf über- mannte mich der Schlaf.
Da träumt’ es mir von Dir, es ward mir, als ſtünde ich hinter der Glasthüre Deines klei- nen Zimmers, und ſähe Dich von da an Deinem Arbeitstiſche zwiſchen einem Skelet und einem Bunde getrockneter Pflanzen ſitzen, vor Dir wa- ren Haller, Humbold und Linné aufgeſchlagen, auf Deinem Sopha lagen ein Band Göthe und der Zauberring, ich betrachtete Dich lange und jedes Ding in Deiner Stube, und dann Dich wieder, Du rührteſt Dich aber nicht, Du holteſt auch nicht Athem, Du warſt todt.
Ich erwachte. Es ſchien noch ſehr früh zu ſein. Meine Uhr ſtand. Ich war wie zerſchla- gen, durſtig und hungrig auch noch; ich hatte ſeit dem vorigen Morgen nichts gegeſſen. Ich
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und ſchritt darüber hin, und ließ es klirren, und
warf, mein armes Herz an dem Glanze, an dem
Klange weidend, immer des Metalles mehr zu
dem Metalle, bis ich ermüdet ſelbſt auf das rei-
che Lager ſank und ſchwelgend darin wühlte, mich
darüber wälzte. So verging der Tag, der Abend,
ich ſchloß meine Thür’ nicht auf, die Nacht fand
mich liegend auf dem Golde, und darauf über-
mannte mich der Schlaf.
Da träumt’ es mir von Dir, es ward mir,
als ſtünde ich hinter der Glasthüre Deines klei-
nen Zimmers, und ſähe Dich von da an Deinem
Arbeitstiſche zwiſchen einem Skelet und einem
Bunde getrockneter Pflanzen ſitzen, vor Dir wa-
ren Haller, Humbold und Linné aufgeſchlagen,
auf Deinem Sopha lagen ein Band Göthe und
der Zauberring, ich betrachtete Dich lange und
jedes Ding in Deiner Stube, und dann Dich
wieder, Du rührteſt Dich aber nicht, Du holteſt
auch nicht Athem, Du warſt todt.
Ich erwachte. Es ſchien noch ſehr früh zu
ſein. Meine Uhr ſtand. Ich war wie zerſchla-
gen, durſtig und hungrig auch noch; ich hatte
ſeit dem vorigen Morgen nichts gegeſſen. Ich
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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/44>, abgerufen am 21.03.2023.
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