Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Th. 7. H. Von dem Versprechen
bindlichkeit, die daraus erwachsen, entlediget
werden. Wenn demnach der Vertrag
aufgehoben wird, ehe noch vermöge
desselben etwas geleistet worden;
so ist
es eben so viel, als ob er niemals ge-
macht worden wäre.
Weil ein jeder sich
seines Rechtes begeben kann (§. 342.); folg-
lich den andern von seiner Verbindlichkeit be-
freyen (§ 337.); so können Verträge mit
beyderseitiger Einwilligung wieder
aufgehoben werden.
Und weil der vo-
rige Vertrag nicht bestehen kann, wenn ein
neuer, der demselben entgegen ist, gemacht
wird; so wird durch einen neuen Ver-
trag, der dem vorigen entgegen ist,
der vorhergehende aufgehoben:
nem-
lich die beyderseitige Einwilligung, durch wel-
che der vorhergehende Vertrag aufgehoben
wird, ist schon an sich in der beyderseitigen
Einwilligung in den neuen enthalten (§. 438.).

§. 445.
Von dem
geschrie-
benen
Vertra-
ge.

Weil die Verträge durch beyderseitige Ein-
willigung gemacht werden (§. 438.); so ist
der Vertrag gleich gültig, so bald bey-
de Theile ihre Einwilligung gegeben;

folglich gilt er natürlicher Weise, ehe er
aufgeschrieben wird.
Nemlich ein Ver-
trag wird nicht der Gültigkeit, sondern des
Beweises wegen aufgeschrieben, damit man
dasjenige beweisen kann, was in demselben
versprochen worden, oder worüber man mit
einander übereinkommen. Allein da es auf

den

II. Th. 7. H. Von dem Verſprechen
bindlichkeit, die daraus erwachſen, entlediget
werden. Wenn demnach der Vertrag
aufgehoben wird, ehe noch vermoͤge
deſſelben etwas geleiſtet worden;
ſo iſt
es eben ſo viel, als ob er niemals ge-
macht worden waͤre.
Weil ein jeder ſich
ſeines Rechtes begeben kann (§. 342.); folg-
lich den andern von ſeiner Verbindlichkeit be-
freyen (§ 337.); ſo koͤnnen Vertraͤge mit
beyderſeitiger Einwilligung wieder
aufgehoben werden.
Und weil der vo-
rige Vertrag nicht beſtehen kann, wenn ein
neuer, der demſelben entgegen iſt, gemacht
wird; ſo wird durch einen neuen Ver-
trag, der dem vorigen entgegen iſt,
der vorhergehende aufgehoben:
nem-
lich die beyderſeitige Einwilligung, durch wel-
che der vorhergehende Vertrag aufgehoben
wird, iſt ſchon an ſich in der beyderſeitigen
Einwilligung in den neuen enthalten (§. 438.).

§. 445.
Von dem
geſchrie-
benen
Vertra-
ge.

Weil die Vertraͤge durch beyderſeitige Ein-
willigung gemacht werden (§. 438.); ſo iſt
der Vertrag gleich guͤltig, ſo bald bey-
de Theile ihre Einwilligung gegeben;

folglich gilt er natuͤrlicher Weiſe, ehe er
aufgeſchrieben wird.
Nemlich ein Ver-
trag wird nicht der Guͤltigkeit, ſondern des
Beweiſes wegen aufgeſchrieben, damit man
dasjenige beweiſen kann, was in demſelben
verſprochen worden, oder woruͤber man mit
einander uͤbereinkommen. Allein da es auf

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0312" n="276"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#b">Th. 7. H. Von dem Ver&#x017F;prechen</hi></fw><lb/>
bindlichkeit, die daraus erwach&#x017F;en, entlediget<lb/>
werden. <hi rendition="#fr">Wenn</hi> demnach <hi rendition="#fr">der Vertrag<lb/>
aufgehoben wird, ehe noch vermo&#x0364;ge<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben etwas gelei&#x017F;tet worden;</hi> &#x017F;o <hi rendition="#fr">i&#x017F;t<lb/>
es eben &#x017F;o viel, als ob er niemals ge-<lb/>
macht worden wa&#x0364;re.</hi> Weil ein jeder &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;eines Rechtes begeben kann (§. 342.); folg-<lb/>
lich den andern von &#x017F;einer Verbindlichkeit be-<lb/>
freyen (§ 337.); &#x017F;o <hi rendition="#fr">ko&#x0364;nnen Vertra&#x0364;ge mit<lb/>
beyder&#x017F;eitiger Einwilligung wieder<lb/>
aufgehoben werden.</hi> Und weil der vo-<lb/>
rige Vertrag nicht be&#x017F;tehen kann, wenn ein<lb/>
neuer, der dem&#x017F;elben entgegen i&#x017F;t, gemacht<lb/>
wird; &#x017F;o <hi rendition="#fr">wird durch einen neuen Ver-<lb/>
trag, der dem vorigen entgegen i&#x017F;t,<lb/>
der vorhergehende aufgehoben:</hi> nem-<lb/>
lich die beyder&#x017F;eitige Einwilligung, durch wel-<lb/>
che der vorhergehende Vertrag aufgehoben<lb/>
wird, i&#x017F;t &#x017F;chon an &#x017F;ich in der beyder&#x017F;eitigen<lb/>
Einwilligung in den neuen enthalten (§. 438.).</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 445.</head><lb/>
              <note place="left">Von dem<lb/>
ge&#x017F;chrie-<lb/>
benen<lb/>
Vertra-<lb/>
ge.</note>
              <p>Weil die Vertra&#x0364;ge durch beyder&#x017F;eitige Ein-<lb/>
willigung gemacht werden (§. 438.); &#x017F;o <hi rendition="#fr">i&#x017F;t<lb/>
der Vertrag gleich gu&#x0364;ltig, &#x017F;o bald bey-<lb/>
de Theile ihre Einwilligung gegeben;</hi><lb/>
folglich <hi rendition="#fr">gilt er natu&#x0364;rlicher Wei&#x017F;e, ehe er<lb/>
aufge&#x017F;chrieben wird.</hi> Nemlich ein Ver-<lb/>
trag wird nicht der Gu&#x0364;ltigkeit, &#x017F;ondern des<lb/>
Bewei&#x017F;es wegen aufge&#x017F;chrieben, damit man<lb/>
dasjenige bewei&#x017F;en kann, was in dem&#x017F;elben<lb/>
ver&#x017F;prochen worden, oder woru&#x0364;ber man mit<lb/>
einander u&#x0364;bereinkommen. Allein da es auf<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0312] II. Th. 7. H. Von dem Verſprechen bindlichkeit, die daraus erwachſen, entlediget werden. Wenn demnach der Vertrag aufgehoben wird, ehe noch vermoͤge deſſelben etwas geleiſtet worden; ſo iſt es eben ſo viel, als ob er niemals ge- macht worden waͤre. Weil ein jeder ſich ſeines Rechtes begeben kann (§. 342.); folg- lich den andern von ſeiner Verbindlichkeit be- freyen (§ 337.); ſo koͤnnen Vertraͤge mit beyderſeitiger Einwilligung wieder aufgehoben werden. Und weil der vo- rige Vertrag nicht beſtehen kann, wenn ein neuer, der demſelben entgegen iſt, gemacht wird; ſo wird durch einen neuen Ver- trag, der dem vorigen entgegen iſt, der vorhergehende aufgehoben: nem- lich die beyderſeitige Einwilligung, durch wel- che der vorhergehende Vertrag aufgehoben wird, iſt ſchon an ſich in der beyderſeitigen Einwilligung in den neuen enthalten (§. 438.). §. 445. Weil die Vertraͤge durch beyderſeitige Ein- willigung gemacht werden (§. 438.); ſo iſt der Vertrag gleich guͤltig, ſo bald bey- de Theile ihre Einwilligung gegeben; folglich gilt er natuͤrlicher Weiſe, ehe er aufgeſchrieben wird. Nemlich ein Ver- trag wird nicht der Guͤltigkeit, ſondern des Beweiſes wegen aufgeſchrieben, damit man dasjenige beweiſen kann, was in demſelben verſprochen worden, oder woruͤber man mit einander uͤbereinkommen. Allein da es auf den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/312
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/312>, abgerufen am 21.11.2024.