wo Sie deutsch, und unsre besten Stücke spielen können, für die Entwickelung Ihrer Leistungen, Ihres Talents, gleich ist. --
Montag, den 17. September 1827.
Wenn wir einen all unsern besten Anforderungen entspre- chenden Gegenstand fänden, würde nur Liebe, nie Leidenschaft entstehn: die Anstrengung, die uns übrige Liebe anzubringen, ist Leidenschaft. Zergliedere man nur das Wort: so ergiebt sich's schon.
Montag, den 17. September 1827.
Neulich sah ich am Münzplatz den Kupferstich von Mlle. Mars aushängen. Für jemand, der die Person kennt, hat er etwas Merkwürdiges. Das, was in ihrem merkwürdig jung- gebliebenen Gesichte nur hie und da überreift erscheint, und ihr ihre ganze Ähnlichkeit mit ihrer Jugend läßt, wollte der Künstler nicht wiedergeben: konnte sich aber dessen Eindruck nicht erwehren; diesen hat er hingestellt, oder vielmehr das was ihn bewirkte: aber als ein Ganzes: nämlich summarisch, alles Alternde in der Mlle. Mars Gesicht zusammengenom- men: und dem nun, gab er ein gezwungenes Jugendlächlen, und machte sie ganz unähnlich: indem er nur das Alte, den Eindruck davon in Summa, abschrieb: sehr komisch! --
20 *
wo Sie deutſch, und unſre beſten Stücke ſpielen können, für die Entwickelung Ihrer Leiſtungen, Ihres Talents, gleich iſt. —
Montag, den 17. September 1827.
Wenn wir einen all unſern beſten Anforderungen entſpre- chenden Gegenſtand fänden, würde nur Liebe, nie Leidenſchaft entſtehn: die Anſtrengung, die uns übrige Liebe anzubringen, iſt Leidenſchaft. Zergliedere man nur das Wort: ſo ergiebt ſich’s ſchon.
Montag, den 17. September 1827.
Neulich ſah ich am Münzplatz den Kupferſtich von Mlle. Mars aushängen. Für jemand, der die Perſon kennt, hat er etwas Merkwürdiges. Das, was in ihrem merkwürdig jung- gebliebenen Geſichte nur hie und da überreift erſcheint, und ihr ihre ganze Ähnlichkeit mit ihrer Jugend läßt, wollte der Künſtler nicht wiedergeben: konnte ſich aber deſſen Eindruck nicht erwehren; dieſen hat er hingeſtellt, oder vielmehr das was ihn bewirkte: aber als ein Ganzes: nämlich ſummariſch, alles Alternde in der Mlle. Mars Geſicht zuſammengenom- men: und dem nun, gab er ein gezwungenes Jugendlächlen, und machte ſie ganz unähnlich: indem er nur das Alte, den Eindruck davon in Summa, abſchrieb: ſehr komiſch! —
20 *
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0315"n="307"/>
wo Sie deutſch, und unſre beſten Stücke ſpielen können, für<lb/>
die Entwickelung Ihrer Leiſtungen, Ihres Talents, gleich iſt. —</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Montag, den 17. September 1827.</hi></dateline><lb/><p>Wenn wir einen all unſern beſten Anforderungen entſpre-<lb/>
chenden Gegenſtand fänden, würde nur Liebe, nie Leidenſchaft<lb/>
entſtehn: die Anſtrengung, die uns übrige Liebe anzubringen,<lb/>
iſt Leidenſchaft. Zergliedere man nur das Wort: ſo ergiebt<lb/>ſich’s ſchon.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Montag, den 17. September 1827.</hi></dateline><lb/><p>Neulich ſah ich am Münzplatz den Kupferſtich von Mlle.<lb/>
Mars aushängen. Für jemand, der die Perſon kennt, hat er<lb/>
etwas Merkwürdiges. Das, was in ihrem merkwürdig jung-<lb/>
gebliebenen Geſichte nur hie und da überreift erſcheint, und<lb/>
ihr ihre ganze Ähnlichkeit mit ihrer Jugend läßt, wollte der<lb/>
Künſtler nicht wiedergeben: konnte ſich aber deſſen Eindruck<lb/>
nicht erwehren; dieſen hat er hingeſtellt, oder vielmehr das<lb/>
was ihn bewirkte: aber als ein Ganzes: nämlich ſummariſch,<lb/>
alles Alternde in der Mlle. Mars Geſicht zuſammengenom-<lb/>
men: und dem nun, gab er ein gezwungenes Jugendlächlen,<lb/>
und machte ſie ganz unähnlich: indem er nur das Alte, den<lb/>
Eindruck davon in Summa, abſchrieb: ſehr komiſch! —</p></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><fwplace="bottom"type="sig">20 *</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[307/0315]
wo Sie deutſch, und unſre beſten Stücke ſpielen können, für
die Entwickelung Ihrer Leiſtungen, Ihres Talents, gleich iſt. —
Montag, den 17. September 1827.
Wenn wir einen all unſern beſten Anforderungen entſpre-
chenden Gegenſtand fänden, würde nur Liebe, nie Leidenſchaft
entſtehn: die Anſtrengung, die uns übrige Liebe anzubringen,
iſt Leidenſchaft. Zergliedere man nur das Wort: ſo ergiebt
ſich’s ſchon.
Montag, den 17. September 1827.
Neulich ſah ich am Münzplatz den Kupferſtich von Mlle.
Mars aushängen. Für jemand, der die Perſon kennt, hat er
etwas Merkwürdiges. Das, was in ihrem merkwürdig jung-
gebliebenen Geſichte nur hie und da überreift erſcheint, und
ihr ihre ganze Ähnlichkeit mit ihrer Jugend läßt, wollte der
Künſtler nicht wiedergeben: konnte ſich aber deſſen Eindruck
nicht erwehren; dieſen hat er hingeſtellt, oder vielmehr das
was ihn bewirkte: aber als ein Ganzes: nämlich ſummariſch,
alles Alternde in der Mlle. Mars Geſicht zuſammengenom-
men: und dem nun, gab er ein gezwungenes Jugendlächlen,
und machte ſie ganz unähnlich: indem er nur das Alte, den
Eindruck davon in Summa, abſchrieb: ſehr komiſch! —
20 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/315>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.