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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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16.
Rosa an William Lovell.

Ihre Besorgnisse, lieber Freund, sind unge-
gründet; der Mann, von dem wir gesprochen
haben, gehört nicht zu jenen verständigen Leu-
ten, die mit dem Fragmente ihrer Vernunft so
ungeschickt umgehn, es so linkisch handhaben
und widerwärtig regieren, daß man von ih-
rer Aufklärung keinen Genuß empfängt, sondern
nur Verworrenheit der Begriffe, und Resultate,
die fremd und unpassend unter den eigenen Mo-
bilien unsers Gehirnes stehen. Diesem Manne
wird es leicht, sich alle Gedanken, selbst die
entferntesten, zu vergegenwärtigen, und sie zu
seinen eigenen zu machen, für ihn giebt es keine
fremde Seele, und darum behandelt er keine
mit der Verachtung, die wir so oft an andern
sogenannten verständigen Menschen, mit so tie-
fem innerlichen Widerstreben gewahr werden.
Wenn ich Ihnen sage, daß er Sie vielleicht
schon besser kennt, als Sie glauben, so ist da-
durch wahrscheinlich alle Ihre Furcht gehoben, und
damit Ihre Bekanntschaft nicht beym erstenmale

16.
Roſa an William Lovell.

Ihre Beſorgniſſe, lieber Freund, ſind unge-
gruͤndet; der Mann, von dem wir geſprochen
haben, gehoͤrt nicht zu jenen verſtaͤndigen Leu-
ten, die mit dem Fragmente ihrer Vernunft ſo
ungeſchickt umgehn, es ſo linkiſch handhaben
und widerwaͤrtig regieren, daß man von ih-
rer Aufklaͤrung keinen Genuß empfaͤngt, ſondern
nur Verworrenheit der Begriffe, und Reſultate,
die fremd und unpaſſend unter den eigenen Mo-
bilien unſers Gehirnes ſtehen. Dieſem Manne
wird es leicht, ſich alle Gedanken, ſelbſt die
entfernteſten, zu vergegenwaͤrtigen, und ſie zu
ſeinen eigenen zu machen, fuͤr ihn giebt es keine
fremde Seele, und darum behandelt er keine
mit der Verachtung, die wir ſo oft an andern
ſogenannten verſtaͤndigen Menſchen, mit ſo tie-
fem innerlichen Widerſtreben gewahr werden.
Wenn ich Ihnen ſage, daß er Sie vielleicht
ſchon beſſer kennt, als Sie glauben, ſo iſt da-
durch wahrſcheinlich alle Ihre Furcht gehoben, und
damit Ihre Bekanntſchaft nicht beym erſtenmale

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[286/0292] 16. Roſa an William Lovell. Ihre Beſorgniſſe, lieber Freund, ſind unge- gruͤndet; der Mann, von dem wir geſprochen haben, gehoͤrt nicht zu jenen verſtaͤndigen Leu- ten, die mit dem Fragmente ihrer Vernunft ſo ungeſchickt umgehn, es ſo linkiſch handhaben und widerwaͤrtig regieren, daß man von ih- rer Aufklaͤrung keinen Genuß empfaͤngt, ſondern nur Verworrenheit der Begriffe, und Reſultate, die fremd und unpaſſend unter den eigenen Mo- bilien unſers Gehirnes ſtehen. Dieſem Manne wird es leicht, ſich alle Gedanken, ſelbſt die entfernteſten, zu vergegenwaͤrtigen, und ſie zu ſeinen eigenen zu machen, fuͤr ihn giebt es keine fremde Seele, und darum behandelt er keine mit der Verachtung, die wir ſo oft an andern ſogenannten verſtaͤndigen Menſchen, mit ſo tie- fem innerlichen Widerſtreben gewahr werden. Wenn ich Ihnen ſage, daß er Sie vielleicht ſchon beſſer kennt, als Sie glauben, ſo iſt da- durch wahrſcheinlich alle Ihre Furcht gehoben, und damit Ihre Bekanntſchaft nicht beym erſtenmale

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/292>, abgerufen am 21.12.2024.