Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite
Das 3. H. wie die Gemüths Neig.

4. Wenn ich mich in was verliebe oder für
etwas fürchte/ so beweget 1. eine äußerliche
Sache
die zun Sinnligkeiten gehörige Theile
meines Leibes/ und durch dieselbigen 2. die
Geistergen
des Leibes so in denen Nerven oder
dem Geblüte sich auffhalten/ deren jene so dann
sich ausbreiten oder zusammen ziehen/ diese aber
das Geblüte geschwinder oder langsamer bewe-
gen. Auff diese Bewegung folget 3. eine unbe-
ständige und zwischen dem Wege der Vernunfft
und Thorheit gleichsam wanckende Bewegung
des Willens/
nach welcher endlich 4. eine ru-
higere
oder unruhigere Bewegung des Wil-
lens
erfolget.

5. Die erste Bewegung der Sinnligkei-
ten durch die äußerlichen Dinge gehet zwar allezeit
für denen Affecten vorher/ ist aber meines er-
achtens von niemand vor den Affect selbst ausge-
geben worden. Wir wollen selbige umb bessern
Unterschieds willen: Die äußerliche Bewegung
des Leibes
nennen.

6. Und weil die andre Bewegung der Gei-
stergen
in den Spann-Adern und Geblüte gleich-
falls eine Bewegung des Leibes ist/ die zum Unter-
scheid der ersten eine innerliche Leibes-Bewe-
gung
kan genennet werden/ gleichwohl aber
kein Philosophus die Affecten für Leibes-Bewe-
gungen gehalten/ sondern der Seele oder Ge-
müthe zugeschrieben/ so ist auch diese Bewegung
nicht der Affect selbst/ sondern nur etwas das

vor
Das 3. H. wie die Gemuͤths Neig.

4. Wenn ich mich in was verliebe oder fuͤr
etwas fuͤrchte/ ſo beweget 1. eine aͤußerliche
Sache
die zun Sinnligkeiten gehoͤrige Theile
meines Leibes/ und durch dieſelbigen 2. die
Geiſtergen
des Leibes ſo in denen Nerven oder
dem Gebluͤte ſich auffhalten/ deren jene ſo dann
ſich ausbreiten oder zuſammen ziehen/ dieſe aber
das Gebluͤte geſchwinder oder langſamer bewe-
gen. Auff dieſe Bewegung folget 3. eine unbe-
ſtaͤndige und zwiſchen dem Wege der Vernunfft
und Thorheit gleichſam wanckende Bewegung
des Willens/
nach welcher endlich 4. eine ru-
higere
oder unruhigere Bewegung des Wil-
lens
erfolget.

5. Die erſte Bewegung der Sinnligkei-
ten durch die aͤußerlichen Dinge gehet zwar allezeit
fuͤr denen Affecten vorher/ iſt aber meines er-
achtens von niemand vor den Affect ſelbſt ausge-
geben worden. Wir wollen ſelbige umb beſſern
Unterſchieds willen: Die aͤußerliche Bewegung
des Leibes
nennen.

6. Und weil die andre Bewegung der Gei-
ſtergen
in den Spann-Adern und Gebluͤte gleich-
falls eine Bewegung des Leibes iſt/ die zum Unter-
ſcheid der erſten eine innerliche Leibes-Bewe-
gung
kan genennet werden/ gleichwohl aber
kein Philoſophus die Affecten fuͤr Leibes-Bewe-
gungen gehalten/ ſondern der Seele oder Ge-
muͤthe zugeſchrieben/ ſo iſt auch dieſe Bewegung
nicht der Affect ſelbſt/ ſondern nur etwas das

vor
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0086" n="74"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das 3. H. wie die Gemu&#x0364;ths Neig.</hi> </fw><lb/>
        <p>4. Wenn ich mich in was verliebe oder fu&#x0364;r<lb/>
etwas fu&#x0364;rchte/ &#x017F;o beweget 1. eine <hi rendition="#fr">a&#x0364;ußerliche<lb/>
Sache</hi> die zun Sinnligkeiten geho&#x0364;rige Theile<lb/><hi rendition="#fr">meines Leibes/</hi> und durch die&#x017F;elbigen 2. <hi rendition="#fr">die<lb/>
Gei&#x017F;tergen</hi> des Leibes &#x017F;o in <hi rendition="#fr">denen Nerven</hi> oder<lb/><hi rendition="#fr">dem Geblu&#x0364;te</hi> &#x017F;ich auffhalten/ deren jene &#x017F;o dann<lb/>
&#x017F;ich ausbreiten oder zu&#x017F;ammen ziehen/ die&#x017F;e aber<lb/>
das Geblu&#x0364;te ge&#x017F;chwinder oder lang&#x017F;amer bewe-<lb/>
gen. Auff die&#x017F;e Bewegung folget 3. eine unbe-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndige und zwi&#x017F;chen dem Wege der Vernunfft<lb/>
und Thorheit gleich&#x017F;am <hi rendition="#fr">wanckende Bewegung<lb/>
des Willens/</hi> nach welcher endlich 4. eine <hi rendition="#fr">ru-<lb/>
higere</hi> oder <hi rendition="#fr">unruhigere</hi> B<hi rendition="#fr">ewegung des Wil-<lb/>
lens</hi> erfolget.</p><lb/>
        <p>5. Die <hi rendition="#fr">er&#x017F;te</hi> B<hi rendition="#fr">ewegung</hi> der Sinnligkei-<lb/>
ten durch die a&#x0364;ußerlichen Dinge gehet zwar allezeit<lb/><hi rendition="#fr">fu&#x0364;r denen</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Affect</hi></hi><hi rendition="#fr">en vorher/</hi> i&#x017F;t aber meines er-<lb/>
achtens von niemand vor den <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Affect</hi></hi> &#x017F;elb&#x017F;t ausge-<lb/>
geben worden. Wir wollen &#x017F;elbige umb be&#x017F;&#x017F;ern<lb/>
Unter&#x017F;chieds willen: <hi rendition="#fr">Die a&#x0364;ußerliche Bewegung<lb/>
des Leibes</hi> nennen.</p><lb/>
        <p>6. Und weil <hi rendition="#fr">die andre Bewegung der Gei-<lb/>
&#x017F;tergen</hi> in den Spann-Adern und Geblu&#x0364;te gleich-<lb/>
falls eine Bewegung des Leibes i&#x017F;t/ die zum Unter-<lb/>
&#x017F;cheid der er&#x017F;ten <hi rendition="#fr">eine innerliche Leibes-</hi>B<hi rendition="#fr">ewe-<lb/>
gung</hi> kan genennet werden/ gleichwohl aber<lb/>
kein <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Philo&#x017F;ophus</hi></hi> die <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Affect</hi></hi>en fu&#x0364;r Leibes-Bewe-<lb/>
gungen gehalten/ &#x017F;ondern der Seele oder Ge-<lb/>
mu&#x0364;the zuge&#x017F;chrieben/ &#x017F;o i&#x017F;t auch die&#x017F;e Bewegung<lb/><hi rendition="#fr">nicht der</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Affect</hi></hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;elb&#x017F;t/</hi> &#x017F;ondern nur etwas das<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vor</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0086] Das 3. H. wie die Gemuͤths Neig. 4. Wenn ich mich in was verliebe oder fuͤr etwas fuͤrchte/ ſo beweget 1. eine aͤußerliche Sache die zun Sinnligkeiten gehoͤrige Theile meines Leibes/ und durch dieſelbigen 2. die Geiſtergen des Leibes ſo in denen Nerven oder dem Gebluͤte ſich auffhalten/ deren jene ſo dann ſich ausbreiten oder zuſammen ziehen/ dieſe aber das Gebluͤte geſchwinder oder langſamer bewe- gen. Auff dieſe Bewegung folget 3. eine unbe- ſtaͤndige und zwiſchen dem Wege der Vernunfft und Thorheit gleichſam wanckende Bewegung des Willens/ nach welcher endlich 4. eine ru- higere oder unruhigere Bewegung des Wil- lens erfolget. 5. Die erſte Bewegung der Sinnligkei- ten durch die aͤußerlichen Dinge gehet zwar allezeit fuͤr denen Affecten vorher/ iſt aber meines er- achtens von niemand vor den Affect ſelbſt ausge- geben worden. Wir wollen ſelbige umb beſſern Unterſchieds willen: Die aͤußerliche Bewegung des Leibes nennen. 6. Und weil die andre Bewegung der Gei- ſtergen in den Spann-Adern und Gebluͤte gleich- falls eine Bewegung des Leibes iſt/ die zum Unter- ſcheid der erſten eine innerliche Leibes-Bewe- gung kan genennet werden/ gleichwohl aber kein Philoſophus die Affecten fuͤr Leibes-Bewe- gungen gehalten/ ſondern der Seele oder Ge- muͤthe zugeſchrieben/ ſo iſt auch dieſe Bewegung nicht der Affect ſelbſt/ ſondern nur etwas das vor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/86
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/86>, abgerufen am 26.04.2024.